Interview mit Oliver Feldhaus zu seiner Ausstellung Menschen – Landschaften

Als 2012 die Flüchtlingsproteste nach Berlin kamen (Marsch von Würzburg nach Berlin, dann Besetzung des Oranienplatzes) nahm Oliver Feldhaus die Kamera in die Hand, um die Flüchtlinge durch fotografische Dokumentation zu unterstützen. Mit anderen engagierten Fotograf_innen zusammen gründete er Photographers in Solidarity, einen Zusammenschluss, der seitdem lückenlos die Chronologie dieser Bewegung aufzeichnet.

In seiner aktuellen Ausstellung, die noch bis 26. April zu sehen ist, sieht man sehr berührende Bilder, die den sozialen Kontrast in Berlin zeigen, wobei er die Perspektive der Menschen – des Fußballfans, des Flüchtlings, des Obdachlosen – einnimmt. Trotz der qualitativ und künstlerisch hochwertigen Bilder ist Oliver kein ausgebildeter Fotograf. „Ich lerne buchstäblich jeden Tag auf der Strasse und von meinen wunderbaren FotografenfreundInnen und KollegInnen.“ sagt er.

Auf der Strasse hat Pressenza ihn auch kennengelernt und durfte viele seiner Bilder für Artikel übernehmen. Wir haben ihn nach seiner Motivation und seinen Erlebnissen befragt.

Deine Bilder zeigen Menschen in ihren intimen oder sehr speziellen Momenten. Und dann wieder erwischst Du Proteste in ihrer totalen Aktualität, wie zum Beispiel die Farbattacke auf den Frontexchef gestern. Wie kommst Du an Deine Motive? Rennst Du den ganzen Tag durch die Stadt oder bist Du mit allen befreundet?

Das werde ich oft gefragt, weil der Eindruck entsteht, ich würde den ganzen Tag durch die Gegend rennen. Aber das ist falsch. Ich bin einfach gut organisiert, sehr gut vernetzt und halte die Augen offen. Die meiste Zeit sitze ich eigentlich am Schreibtisch oder genieße meine Freizeit. Aber ich habe immer, immer meine Kamera griffbereit. Die Nachbarn lachen schon, weil ich selbst Sonntags beim Schrippen holen, die Kamera um die Schulter habe. Aber in Berlin passiert es einem, dass einem beim Schrippen holen Lady Gaga über den Weg läuft oder einen Taube einem Hipster in die Latte kackt. Und in diesem Moment würde ich mich ärgern, wenn ich die Kamera nicht dabei hätte.

Brauchst Du auch Mut oder Frechheit für manche Aufnahmen?

Nein. Ich brauche Aufmerksamkeit, Respekt, manchmal kräftige Ellenbogen, eine leere Speicherkarte und ein volles Akku – sonst eigentlich nix.

Warum fotografierst Du und warum speziell Menschen?

Ich möchte das Gute und Schöne im Menschen zeigen und auch die schlechten Bedingungen, Verhältnisse und Situationen, die das Gute behindern oder zerstören. Das fällt nicht immer leicht, wenn man z.B. hasserfüllte Gesichter bei Naziaufmärschen oder brutale Polizeiaktionen fotografiert. Aber auch hier möchte ich nie jemanden denunzieren, sondern hoffe wirklich, hier einen Spiegel vorhalten zu können, der vielleicht etwas zum Guten bewegt. „Daß die Wahrheit sich der Schönheit füge“ – dieses Wort des großen walisischen Dichters R.S. Thomas leitet auch meine Fotografie. Das mag naiv sein, aber das ist mein Blick, mit dem ich auf die Realität der Welt und der Menschen blicke.

Gab es in den letzten Jahren ein fotografisches Ereignis, das Dich besonders berührt hat?

Diese Momente sind ohne Zahl und jeden Tag neu. Aber es ist der selbstbestimmte Kampf der Geflüchteten in Deutschland um ihre Rechte und Menschenwürde, der mich immer wieder neu tief beeindruckt. Diese Menschen, die selbst Schrecklichstes erlebt haben und hier in einer völlig fremden und oft auch feindlichen Umgebung mit Mut und Entschlossenheit, Klugheit und Schönheit für die gute Sache eintreten, geben auch mir Kraft.