Wenn sich Wahlen nicht mit den üblichen Mitteln gewinnen lassen, greift man eben zu anderen Mitteln. Das ist keine wirklich neue Vorgehensweise, aber sie scheint genau auf die Realität des heutigen Argentiniens zu passen, denn jenseits der Entscheidung, wer Präsidentschaftskandidat bei den nächsten Wahlen sein wird, scheint es bereits offensichtlich, dass die Regierung in den Händen des kirchnerischen Peronismus bleiben wird, der das Land aus der Krise geführt hat und der eine Reihe von populären Reformen eingeleitet hat, unabhängig vom internationalen Diktat. Ein Wind, der mit unterschiedlicher Intensität über die Weiten Lateinamerikas bläst.

Die Interessensgruppen, die bei diesem Spiel außen vor bleiben, sind augenscheinlich zahlreich: alte Hegemonie-Gelüste der Vereinigten Staaten, nationale Monopolisten und Großgrundbesitzer, multinationale Rohstoffunternehmen, die daran gewöhnt sind, ein Monopol auf alles zu haben, Finanzspekulanten sowie auch die extreme Rechte, Putschisten von Natur aus.

Handliches Instrument dieses Interessenkonglomerats ist der Komplex der Mainstream-Medien, die in diesem Teil der Welt traditionell Instrumente der großen Kapitalisten sind und fast ausschließlich in den Händen von Persönlichkeiten liegen, die mit den verschiedenen aufeinanderfolgenden diktatorischen und autoritären Regimen verstrickt sind.

So beginnt die Diskreditierungskampagne mit einem Richter, Nisman, der eine 20 Jahre alte zwielichtige Geschichte (von 1994) wieder aufwärmt, bei der es um Iraner und um ein Attentat auf ein jüdischen Zentrum geht; während man auf den Ausgang dieser Geschichte wartet, stirbt der Richter Nisman unter mysteriösen Umständen: es scheint Selbstmord zu sein, ist aber Mord. Wem nützt das? Cristina Kirchner? Mit Sicherheit nein, angesichts der Tatsache, dass die Anschuldigungen eher vage und inkonsistent waren und zudem am Limit einer möglichen Verjährungsfrist. Aber offensichtlich greifen die Medien den Verdacht auf und das lenkt von den wahren Prioritäten des Landes ab.

Vielleicht sollte man sich an den Verdacht der Vergiftung des Ehemanns von Cristina Kirchner, Nestor Kirchner, Initiator der progressiven Reformen in Argentinien, erinnern. Und auch von Cristina Kirchner selber heißt es immer wieder, sie sei erkrankt und das nicht nur auf eine rein natürliche Weise. Schließlich ist die Methode der physischen Eliminierung ziemlich in Mode unter den rechten Putschisten in diesem Teil der Welt. Und es ist Luis Amman von der humanistischen Partei, Ex-Kandidat für das Präsidentenamt, der neben anderen mit einem Kommuniqué (Text nur auf Spanisch) die Möglichkeit eines schleichenden Staatsstreiches signalisiert, was übrigens auch Maduro in Venezuela immer verfolgt.

Die neueste Meldung ist, dass Pollicita, der Nachfolger von Nisman, den Antrag der Anschuldigung der Präsidentin erneut vorstellt. Was die Medien jedoch nicht berichten, ist, dass er von einer ordnungsgemäßen Anfrage profitiert, da der Richter, der den Antrag genehmigen muss, dies für mindestens ein Woche nicht tun kann, weil er am Tag zuvor in den Urlaub ging (für die Unwissenden unter den Leser: momentan sind in Argentinien große Sommerferien, wie bei uns im August): eine Woche, um die Meldung ruhen zu lassen, deren Wahrscheinlichkeit, zurückgewiesen und abgelehnt zu werden, dementsprechend hoch ist.

Bei uns hingegen freuen sich alle, zeigen zu können, dass es nichts wirklich neues von den progressiven lateinamerikanischen Winden gibt, und dass man ja sowie nichts ändern kann, dass die Politiker alle gleich sind, dass die Korruption unvermeidbar ist sowie auch die ganze Reihe von öffentlichen Räumen, die es den Wenigen erlauben, die Herrschaft über Viele zu bewahren.

Ein Kapitel, das nicht neu ist…

Übersetzung aus dem Italienischen von Evelyn Rottengatter