Originalartikel bei Deutsche Welle

Weil sie den weiteren Ausbau von Siedlungen im Westjordanland stören, will die israelische Besatzungsverwaltung 12.500 Beduinen umsiedeln. Denn die Zahl der israelischen Siedler steigt stetig.

Etwa 12.500 Beduinen, die auf den Berghängen zwischen Jerusalem und dem Toten Meer im Westjordanland leben, sollen zwangsumgesiedelt werden. Sie würden den weiteren Ausbau von Siedlungen stören und sollen auf engem Raum in einer neuen Stadt namens Talet Nueima im Jordantal angesiedelt werden, berichtet die israelische Tageszeitung „Haaretz“.

In der Neustadt sollen Angehörige der drei Stämme Dschahalin, Kaabneh und Raschaida zusammenwohnen. Dschamil Hamadin, ein Vertreter des Dschahalin-Stammes kritisierte, dass in der geplanten Stadt Angehörige verschiedener Clans von unterschiedlichen Stämmen eng zusammenleben sollten. „Wir haben zwar wollene Zelte gegen Wellblech-Hütten oder Mobilheime getauscht, aber das heißt nicht, dass wir unsere Sitten und Regeln geändert hätten. Diese bedingen, dass wir viel Platz zwischen uns lassen und es gewohnt sind, in der offenen Landschaft zu leben.“

Beduinen in ihren Wanderungen eingeschränkt

Die Beduinen, die vor allem von Viehzucht und zumeist halbnomadisch leben, bilden eine Minderheit innerhalb der arabischen Bevölkerung in Israel und den Palästinensergebieten. Seit rund vierzig Jahren betreiben die israelischen Regierungen und das Militär im Westjordanland die Umsiedlung in Städte, um ihre Flächennutzung zu beschränken. Dabei werden die Weiderechte und Wanderbewegungen eingeschränkt sowie die Errichtung fester Bauten unterbunden. Seit 1993 in den Oslo-Abkommen die sogenannte C-Zone im Westjordanland definiert wurde, in der die israelische Armee die zivile und militärische Kontrolle ausübt, wurden dort Tausende Abrissverfügungen erlassen.

Zugleich wurde bekannt, dass die Zahl der israelischen Siedler im Westjordanland im vergangenen halben Jahr deutlich gestiegen ist. Mittlerweile leben in den mehr als 100 Siedlungen rund 382.000 Menschen – das sind knapp 8000 mehr als noch Ende 2013. Immer mehr Israelis zieht es aus ideologischen oder ökonomischen Gründen in die Siedlungen. Viele sind orthodoxe Juden, die größere Familien haben. Da Wohnungen in Siedlungen zudem deutlich billiger sind als in israelischen Städten, zieht es auch zunehmend junge Familien in das Westjordanland, wie Dani Dayan, Sprecher der Siedler-Vereinigung Yesha Council, erklärte.

Siedlungsbau zur Stabilisierung der Region?

International wird der Siedlungsbau kritisiert. Israels fehlende Bereitschaft, keine weiteren Siedlungen zu bauen, hatte im April zu einem Abbruch der Friedensgespräche mit den Palästinensern geführt. US-Außenminister John Kerry hatte daraufhin Israels Friedenswillen bezweifelt. Siedler-Vertreter Dayan hält die Kritik, der Siedlungsbau sei ein Friedenshindernis, für falsch. Gerade dadurch werde die Errichtung eines palästinensischen Staates verhindert und dies trage zur Stabilisierung einer zunehmend instabilen Region bei, in der es immer mehr extremistische Gruppen gebe.

ab/gmf (afp, ap)