Vom 17. bis 24. August plant die „Gewaltfreie Aktion GÜZ [Gefechtsübungszentrum] abschaffen“ die Platzbesetzung eines Geländes in der Colbitz-Letzlinger-Heide, auf welchem die Bundeswehr den Aufbau eines umfangreichen Kriegsschauplatzes zu Übungszwecken plant. Dazu gehört eine Kampfstadt namens „Schnöggersburg“ mit Hochhäusern, U-Bahn und Villen, einem Kanal und einem Hafen. Das ganze soll mit moderner Lasertechnik und elektronischer Überwachung ausgestattet werden.

„Die Einsatzrealität der Bundeswehr zeigt, dass derzeitige und zukünftige Konflikte und Krisenherde dort entstehen, wo soziale und kulturelle Ballungsräume zu finden sind. […] Diese reichen von humanitären Einsätzen bis hin zu bewaffneten Konflikten im Rahmen Frieden erzwingender Maßnahmen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, hat das Bundesministerium der Verteidigung entschieden, einen „Urbanen Ballungsraum“ im Gefechtsübungszentrum Heer auf dem Truppenübungsplatz Altmark zu schaffen.“ So erklärt sich die Bundeswehr.

Die Aktivist/innen kritisieren das GÜZ als Instrument der Kriegsvorbereitung zum einen für Auslandseinsätze, zum anderen befürchten sie, dass die Soldat/innen dort in Zukunft auch für Einsätze in Deutschland trainiert werden könnten. „Wir lehnen jede Form von militärischer Gewalt ab, weil sie das zerstört, was sie vorgibt zu schützen: Sie tötet anstatt Leben zu bewahren, sie setzt die ethischen Grundlagen menschlichen Zusammenlebens außer Kraft. Die militärische Logik und die Verrohung der Gewaltausübung führen bei allen kriegsführenden Parteien zu Verletzung der Menschenrechte und Gewalt provoziert Gegengewalt. Krieg, Rüstung und Kampfeinsätze der Bundeswehr führen nur zu Tod, Leid und Elend, niemals aber zu einer Lösung von Konflikten.“

Das Geld, das in dieses Projekt gesteckt wird, geschätzt werden 100 Millionen Euro, könne gut auch in anderen Projekten gebraucht werde. Darüber hinaus werde dem Militär hier ein Stück wertvoller Umwelt geopfert und die Trinkwassergewinnung sei durch nicht geräumte Munitionsreste gefährdet, so Jan Stehn und Berthold Keunecke von der Pressegruppe der Aktivist/innen.

Gewaltfreie Aktion statt Kriegsspiel

„Wir setzen unsere Hoffnung in die Methoden der gewaltfreien Konfliktbearbeitung und -austragung. Während das Militär oft erfolglos versucht, eine Grenzlinie zu schützen, können gewaltfreie Methoden die demokratischen Strukturen und die geistigen Werte effektiver schützen.“ Erklären sie ihren Standpunkt und nennen als Beispiel die gewaltfreien Aufstände in der DDR 1989, die sich als effektiver erwiesen hätten als gewaltsame Revolten. So hoffen sie, dass Deutschland in dem Prozess der Abschaffung des Militärs demokratischer und widerstandsfähiger gegen Unrecht werde.

Die Platzbesetzung sehen die Aktivist/innen als Teil dieses Prozesses. Um sich vorzubereiten, dramatisieren und visualisieren sie den Konflikt um das GÜZ und „stellen unsere Lebensfreude der Technik des Todes entgegen, unsere basisdemokratische Entscheidungsfindung der Hierarchie des Militärs.“ Sie wollen andere motivieren, Verantwortung nicht zu delegieren, sondern eigenverantwortlich und selbstbestimmt für ein Leben in Frieden einzutreten.

Die umfangreiche Vorbereitung schliesst mehrere Tage ein, an welchen sie die Methoden der gewaltfreien direkten Aktion trainieren – basisdemokratische Entscheidungsfindung mit einem System aus Bezugsgruppen und koordinierendem Sprecher/innenrat und die Begegnung mit Wachleuten, Militärs und Polizei. Dazu gehört auch die Entwicklung von Vertrauen und dass Ängste und Reaktionsweisen gegenseitig besser eingeschätzt werden können. Auf die Frage, wie sie mit ihrer Angst umgehen, sagen sie: „Wir stärken uns gegenseitig. In der Gruppe können wir uns geschützt fühlen, auch wenn wir individuell Verantwortung für unser Handeln übernehmen. Dabei halten wir uns auch die Möglichkeit offen, aus der Konfrontation hinausgehen zu können, wenn die eigenen persönlichen Grenzen erreicht sind.“

Aufrichtigkeit, Respekt und Gesprächsbereitschaft

Da die Aktion angekündigt ist, werden Wachleute, Soldat/innen und Polizist/innen anwesend sein. Die Gruppe möchte ihnen deeskalierend begegnen, und würde sich letztlich der Gewalt beugen, wenn sie ihnen direkt entgegentritt. Der Aktionskonsens lautet: „Wir werden keine Menschen bedrohen oder verletzen. Wir zeigen Gesicht und begegnen allen Menschen mit Aufrichtigkeit, Respekt und Gesprächsbereitschaft.“

„Wir planen, wenn wir gewaltsam von dem Truppenübungsplatz weggebracht worden sind, ihn erneut zu betreten. Mit unserer Aktion und auch mit eventuell folgenden Gerichtsverfahren wollen wir den Skandal der Kriegsvorbereitung und Geldverschwendung auf dem GÜZ in die Öffentlichkeit tragen. Der zivile Ungehorsam der Platzbesetzung ist für alle Beteiligten auch eine praktische Erfahrung mit den Methoden der direkten gewaltfreien Aktion, die auch übertragbar auf andere Lebens- und Politikbereiche ist.“

 

Pressenza sprach mit Berthold Keunecke und Jan Stehn von der Pressegruppe der „GA GÜZ abschaffen“.