Martin Winiecki ging mit 16 Jahren nach Portugal. Auf der Suche nach einer besseren Welt wurde er in der Region Alentejo fündig. Heute lebt er in der 1995 gegründeten Arbeits- und Lebensgemeinschaft Tamera und arbeitet im Institut für globale Friedensarbeit.

Bilbo Calvez hat Martin Winiecki in Berlin getroffen. Sie sprachen über das System der globalen Ausbeutung, die Bedeutung von Gemeinschaft, Verantwortung, Vertrauen, Liebe und die Sehnsucht nach Erfüllung im Leben.

In Tamera (Portugal) leben und arbeiten etwa 170 Menschen. Ihr Zusammenleben basiert auf drei Grundregeln:

  • Wahrheit in der Kommunikation
  • Gegenseitige Unterstützung
  • Verantwortliche Teilnahme an der Gemeinschaft

„Wenn du die Gemeinschaft liebst, in der du lebst, gibt es die Bereitschaft ihr zu dienen“, sagt Martin Winiecki. Dafür ist die Entwicklung eines Bewusstseins nötig, dass den Menschen nicht als verwertbares Objekt betrachtet, sondern als wertvolles Subjekt.

Deshalb spielt in Tamera Geld keine Rolle. Innerhalb der Arbeits- und Lebensgemeinschaft existiert eine Schenkökonomie in der jeder gibt, was er kann und von der Gemeinschaft bekommt, was er zum Leben braucht.

Es gibt ein Kinderzentrum, eine Schule für Kinder und Jugendliche (Escola da Esperança), eine Hochschule für konkrete Utopie und eine Schule für weibliches Friedenswissen.

Außerdem ein eigenes Ökologie-Zentrum, eine Technologie-Abteilung, eine Abteilung für regionale Autarkie, ein Testfeld für die Entwicklung eines autarken Solar Village, eine Liebesschule, ein Institut für globale Friedensarbeit und sogar einen experimentellen Hektar für die Kooperation mit sichtbaren und unsichtbaren Wesen. Gründe genug, sich umfassend darüber zu informieren.

Zum Hintergrund: Tamera wurde 1995 als Arbeits- und Lebensgemeinschaft im Alentejo (Portugal) gegründet. Initiator ist der aus Berlin stammende Psychologe Dieter Duhm. Er gehörte der 68er-Bewegung an und wurde in Deutschland als Organisator kommuneartiger Projekte bekannt.

Duhm veröffentlichte zahlreiche Bücher und Beiträge, die im Kern eine ökologische und menschliche Alternative zum kapitalistischen Ausbeutungssystem skizzieren. Duhm geht davon aus, dass einzelne Aktionen nicht mehr ausreichen, um das Leid von Mensch, Tier und Natur und die Kriege auf der Welt zu beenden, sondern das es einer globalen Konzeption zur Überwindung der realen Verhältnisse bedarf.

Schon 1979 startete er mit dem Gemeinschaftsprojekt „Bauhütte“ ein soziales Experiment, an dem sich bis 50 Menschen beteiligten. Es sollte erforscht werden, wie sich gruppeninterne Konflikte im Bereich von Macht, Geld, Sexualität, Liebe auflösen lassen.


Das Interview mit Martin Winiecki  wurde 2016 in Berlin aufgezeichnet und ist Teil des Projekts „Die Bärensuppe„, in dem die Auseinandersetzung mit der Vision einer geldlosen Gesellschaft im Mittelpunkt steht. Es werden alternative Wirtschafts– und Gesellschaftsmodelle vorgestellt, die bis zu einer dezentralen, nicht monetären Open-Source-Anarchie reichen. Die Bärensuppe wurde zum ersten Mal im September 2016 in Berlin in der Galerie Lite-Haus präsentiert. Seit August ist Bilbo Calvez mit der Bärensuppe auf Tour, um die Menschen für die Idee einer geldfreien Gesellschaft zu begeistern.

Der Originalartikel kann hier besucht werden