Am 29. November 2025 wurde die neue AfD-Parteijugend Generation Deutschland (GD) gegründet. Der Gründungskongress fand in der hessischen Stadt Gießen statt.
Anlass für die Neugründung war die Ende März 2025 erfolgte freiwillige Auflösung der Vorgängerorganisation Junge Alternative für Deutschland (JA). Diese war 2023 vom Verfassungsschutz als rechtsextreme Bestrebung eingestuft worden – eine Einschätzung, die die AfD vermeiden wollte, um ihr Image aufzubessern.
Mit der Umstrukturierung will die AfD ihre Jugendorganisation strategisch neu aufstellen. Im Gegensatz zur Jungen Alternative, die früher losere Strukturen und mehr Eigenständigkeit hatte und als unabhängiger Verein eingetragen war, sieht das neue Statut von Generation Deutschland eine enge organisatorische und inhaltliche Anbindung an die AfD vor.
Ziel ist es, eine streng kontrollierte Jugendorganisation zu schaffen – teils, um mögliche Verbote zu umgehen und Disziplin sowie Loyalität zur Mutterpartei sicherzustellen. Die Generation Deutschland soll zudem als „Kaderschmiede“ dienen – junge Mitglieder werden in die Partei eingebunden, mit dem Ziel, sie mittel- bis langfristig zu aktiven Parteimitgliedern und politischen Funktionsträgern zu machen.

Quelle: statista 2024
https://de.statista.com/infografik/31574/anteil-der-befragten-die-diesen-rechtsextremen-positionen-zustimmen/
Vernetzung mit rechtsextremen Akteuren
Bereits bei der Gründungsveranstaltung war deutlich, dass das rechtsextreme „Vorfeld“ aktiv eingeladen war: Verleger, rechte Influencer, rechte Werbeagenturen, Publikationen sowie „Remigration“-Aktivisten – allesamt Kräfte, die außerhalb der Partei operieren, aber dem rechten Spektrum zuzurechnen sind.
Dazu zählen neurechte Thinktanks wie das „Institut für Staatspolitik“, Akteure aus dem Umfeld des Verlags Antaios, Gruppen wie „Ein Prozent“ sowie Netzwerke der Identitären Bewegung (IB) aber auch freie Kameradschaften oder rechte Fußball-Hooligans. Zu nennende Einzelpersonen sind der Verleger Götz Kubischek, der langjährige IB-Chef Martin Sellner, der Publizist Jürgen Elsässer oder der rechtsextreme Rapper Chris Ares.
In der Rede des designierten Vorsitzenden der GD, Jean-Pascal Hohm, wurde nicht von einer Abgrenzung von diesem Vorfeld gesprochen – im Gegenteil: er warb ausdrücklich für Engagement in diesen „Vorfeldorganisationen“. Dass Vertreter des Vorfelds bei der Gründung präsent waren und unterstützt werden sollen, ist kein Detail – es signalisiert eine bewusste Nähe der neuen Jugendorganisation zu offen rechtsextremen Milieus.
Der Präsident des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz erklärte, er sehe „weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung“ im Vergleich zur früheren JA, die als gesichert rechtsextremistisch galt. Symbolisch dafür auch die Anwesenheit von rechtsaußen Akteuren der Partei beim Gründungstreffen, wie Matthias Helferich oder Björn Höcke.
Warum gilt diese Verbindung zum rechten Vorfeld als gefährlich? – Es sind mehrere Aspekte: Erstens öffnet die GD durch ihre Parteiorganisation den Weg, dass ideologisch extreme und rechtsextreme Ideen institutionell mit der AfD verzahnt werden – nicht mehr nur als lose Gruppen oder Vereine am Rand, sondern als Teil der Parteistruktur. Zweitens bietet die GD-Jugendlichen mit Parteimitgliedschaft die Möglichkeit, mit Vorfeldgruppen zu netzwerken: Personen und Organisationen, die etwa völkische, rassistische oder neurechte Ideologien vertreten, bekommen so Zugang zu einer formal legalen Partei-Struktur – und Einfluss auf deren Nachwuchs. Drittens droht dadurch, dass Radikalisierung und extremistische Mobilisierung systematisch und gezielt betrieben werden – was die demokratische Ordnung gefährden kann und Radikalisierung institutionell normalisiert.

Quelle: Flickr | Kai Schwerdt – CC BY-NC 2.0
Führung und Besetzung wichtiger Posten
Zum Vorsitzenden der neuen AfD-Jugendorganisation wurde der 28-jährige Jean-Pascal Hohm gewählt – mit 90,4 % der Stimmen und ohne Gegenkandidaten. Hohm ist Landtagsabgeordneter in Brandenburg und gilt laut Medien als Vertreter des rechten Parteiflügels. Er ist seit 2014 AfD Mitglied, leitete zeitweise die frühere Junge Alternative im Land Brandenburg und gab bei seiner Landtagskandidatur Mediengestalter und Webdesigner als Beruf an.
Der Brandenburger AfD-Landesverband wird vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft, Hohm wird im Vermerk mehrfach genannt. Er vertritt offen migrationsfeindliche und völkisch-nationale Positionen, etwa das Narrativ eines „Bevölkerungsaustauschs“. Auf Social Media schrieb er, „ohne Deutsche kein Deutschland“, und kündigte an, für eine „echte Migrationswende“ zu kämpfen.
Hohm ist zudem mit Akteuren des rechtsextremen Vorfelds vernetzt. Er soll ein Praktikum bei „Ein Prozent“ absolviert haben, äußerte Anerkennung für die Identitäre Bewegung, nahm an deren Aktionen teil und traf mehrfach IB-Aktivisten. 2017 verlor er eine Anstellung im AfD-Umfeld, nachdem er bei einem Energie-Cottbus-Spiel, wo es zu rechtsextremen Ausschreitungen kam, mit vermummten Hooligans und IB-Mitgliedern gesehen wurde. Während der Corona-Pandemie führte er einen Protestzug an, in dem ein Schwarzer Block rechtsextremer Aktivisten integriert war; später ermittelte die Polizei wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz.
Mit Hohms Wahl übernimmt erstmals ein als rechtsextrem eingestufter AfD-Politiker eine Schlüsselrolle in der neuen Jugendorganisation. Er kündigt an, die AfD-Strömungen zu vereinen und eine „disziplinierte“ Jugend zu formen, Kritiker sehen jedoch den Versuch, völkisch-nationale Positionen unter jungen Mitgliedern zu verankern.
Als stellvertretende Vorsitzende wurden Jan Richard Behr, Adrian Maxhuni und Patrick Heinz gewählt. Behr war Vorsitzender der Vorgängerorganisation in Dresden und pflegt Kontakte zur IB sowie zum neurechten Umfeld um Götz Kubitschek. Maxhuni führte die Jugendorganisation in Niedersachsen; sein Verband wurde 2022 wegen Radikalisierung aberkannt. Berichte nennen offen rassistische interne Chats und Verbindungen zu ehemaligen NPD-Ideologen. Heinz fiel beim Gründungskongress durch aggressiv-ethnische Rhetorik auf, die Ängste vor Migration schüren sollte.
Als Beisitzer wurde Kevin Dorow gewählt. In seiner Rede sprach er sich ausdrücklich gegen Distanz zum rechten Vorfeld aus und bezeichnete die neue Organisation als „Speerspitze der jungen Rechten“. Mit dem Hitlerjugend-Motto „Jugend muss durch Jugend geführt werden“ erhielt er Applaus. Gegen ihn wird aktuell aufgrund der Aussage ermittelt; er ist Mitglied der rechtsextremen Burschenschaft Germania.
Auch weitere Vorstandsmitglieder werden mit völkischen, fremdenfeindlichen oder extrem rechten Positionen in Verbindung gebracht; Forderungen nach „Remigration“ und ethnisch definierten Staatsvorstellungen finden sich zahlreiche.

Quelle: statista 2025
https://de.statista.com/infografik/34396/meinungen-zu-afd-verbot/
Proteste, öffentliche Reaktionen und Bedeutung
Die Gründung von Generation Deutschland verlief nicht ohne massive Gegenwehr: Bereits im Vorfeld der Veranstaltung mobilisierte ein breites Bündnis gegen die Gründung. Das zivilgesellschaftliche Aktionsnetzwerk „Widersetzen“ rief zu Demonstrationen und Blockaden auf, plante, Zufahrtswege zu den Hessenhallen in Gießen zu blockieren und so den Start der Veranstaltung zu verhindern – mit Bussen aus zahlreichen Städten und Gewerkschaftsunterstützung.
Am Tag der Gründung kam es dann zu massiven Protesten: Tausende Menschen gingen gegen Generation Deutschland auf die Straße, schätzungsweise 25.000 bis 50.000 Demonstrierende – versammelten sich in verschiedenen Kundgebungen rund um die Halle. Aktivisten blockierten Straßen, errichteten Barrikaden und versuchten, den Zugang zum Veranstaltungsort zu verhindern. Die Polizei war mit mehreren tausend Beamten aus ganz Deutschland im Einsatz, setzte Wasserwerfer und Schlagstöcke ein und löste Blockaden auf Bundesstraßen auf.
Diese Einsätze der Polizei wurden nachträglich stark kritisiert: Zivilgesellschaftliche Bündnisse warfen den Einsatzkräften unzumutbare und überzogene Gewalt vor, während Videos von Schlagstock-Einsätzen und Wasserwerfereinsätzen landesweit für Aufmerksamkeit sorgten. Juristische Beobachter und Presseverbände bemängelten zudem Behinderungen von Journalisten bei der Berichterstattung durch Polizei-Maßnahmen vor Ort.
Parallel zu den physischen Protesten formierte sich auch digitaler Widerstand: Aktivisten riefen dazu auf, Social-Media-Accounts mit dem Namen Generation Deutschland zu registrieren und mit kritischen Inhalten zu besetzen, um der AfD-Jugendorganisation den digitalen Raum streitig zu machen. Binnen kurzer Zeit entstanden mehrere hundert solcher Profile, die über rechtsextreme Aktivitäten aufklären und über die Proteste informieren sollten.
In der deutschen Politiklandschaft stieß die Gründung auf klare Ablehnung durch nahezu alle etablierten Parteien: Vertreter von SPD, Grünen und Linken warnten vor einer weiteren Radikalisierung junger Menschen und forderten unter anderem eine intensive Beobachtung der neuen Organisation durch den Verfassungsschutz, da sie weiterreichende rechtsextreme Tendenzen sehe – auch Thüringens Verfassungsschutzpräsident stellte entsprechende Hinweise fest.
Auch aus der Union kam scharfe Kritik: Der bayerische CSU-Vorsitzende Markus Söder distanzierte sich deutlich von der AfD und ihrer Jugendorganisation, lehnte jegliche Zusammenarbeit strikt ab und betonte die Notwendigkeit einer klaren politischen Auseinandersetzung mit rechtsradikalen Strömungen. Innerhalb der CDU/CSU gibt es allerdings nach wie vor vereinzelt Stimmen, die über eine pragmatischere Haltung zu AfD-Positionen diskutieren, was parteiintern Debatten ausgelöst hat.

Quelle: Flickr | Tim Lüddemann – CC BY-NC-ND 2.0
Rechtsextremismus als zentrales gesellschaftliches Problem
Die Gründung der Generation Deutschland fällt in eine Phase, in der Rechtsextremismus in Deutschland statistisch wie gesellschaftlich deutlich zunimmt und damit längst nicht nur ein politisches, sondern ein zentrales demokratiepolitisches Problem darstellt. Offizielle Zahlen belegen, dass rechtsextrem motivierte Straftaten stark angestiegen sind: 2024 wurden fast 43.000 solcher Delikte registriert – ein Rekordwert seit Beginn der Erhebungen, geprägt von einer Vielzahl an Propagandadelikten, Volksverhetzung und Gewaltverbrechen. Gleichzeitig ist das rechtsextreme Personenpotenzial auf über 50.000 Menschen angewachsen, und ein signifikanter Anteil wird dem Umfeld der AfD zugerechnet.
Im Mai 2025 stufte der Verfassungsschutz (BfV) die AfD als “ gesichert rechtsextremistische“ Bestrebung ein. Dabei könnten bis zu einem Drittel ihrer Mitglieder als rechtsextrem gelten. Die AfD legte dagegen Klage ein, woraufhin das BfV eine Stillhaltezusage machte. Bis zur gerichtlichen Entscheidung wird die AfD nicht offiziell als extremistisch geführt, sondern lediglich als Verdachtsfall behandelt.
Diese Entwicklung birgt erhebliche demokratiepolitische Risiken: Das Erstarken rechter Netzwerke, Straftaten und agitatorischer Mobilisierung untergräbt Vertrauen in staatliche Institutionen, verschiebt die Grenzen des gesellschaftlich Sagbaren und schafft ein Klima, in dem Hetze und Gewalt zunehmend toleriert erscheinen. Gleichzeitig signalisiert die systematische Einbindung junger Menschen durch Organisationen wie Generation Deutschland, dass radikale politische Sozialisation bewusst reproduziert und organisatorisch verankert werden soll.
Politisch wie strategisch wird die Neugründung vor dem Hintergrund kommender Bundes- und Landtagswahlen bewertet: Umfragen sehen die AfD aktuell bei der nächsten Bundestagswahl mit bis zu 27 % als möglichen Wahlsieger. In Sachsen-Anhalt liegt die Partei bei 40 % und in Mecklenburg-Vorpommern bei 38 %. Dies erhöht den Druck für die AfD, qualifizierter Nachwuchs und Führungspersonal frühzeitig zu formieren. Bereits jetzt geht diese Entwicklung mit einer deutlichen Polarisierung der Gesellschaft und einer Verschiebung des Diskurses nach rechts einher – insbesondere in Debatten über Migration, Identität und innere Sicherheit.
Die Gründung der neuen AfD-Jugendorganisation erfolgt somit keineswegs im luftleeren Raum, sondern in einer politischen Kultur, die laut Sicherheitsbehörden zunehmend durch Radikalisierungstendenzen und systemfeindliche Einstellungen geprägt ist. Generation Deutschland dient dabei als strategischer Anknüpfpunkt, um rechtsextreme Narrative zu normalisieren, ideologisch zu festigen und junge Menschen enger an die Partei zu binden – mit langfristigen Risiken für die Stabilität des demokratischen Gefüges.
Gerade in einer Zeit, in der autoritäre Lösungsversprechen an Anklang gewinnen und das politische Klima weiter verroht, braucht es mehr denn je eine wehrhafte, gut informierte und aktive Zivilgesellschaft, die extremistischen Tendenzen entschieden entgegentritt, demokratische Bildung stärkt und klare Grenzen zieht, wenn Freiheit, Gleichheit und Menschenwürde infrage gestellt werden.
Maximilian Stark
Maximilian Stark, MSc ist ein wichtiger Autor für die gemeinnützige Plattform Bessere Welt Info, die sich mit Themen wie Frieden, Menschenrechte, Umwelt und soziale Gerechtigkeit befasst. Seine Artikel wurden auch in Wissenschaft & Frieden und Pressenza veröffentlicht. Verfolgen Sie seine Arbeit unter besserewelt.info.









