Pflegekräfte leisten täglich schwere Arbeit unter harten Arbeitsbedingungen. Gewerkschaften, Pflegepersonal und Betroffene fordern schon länger, Pflege als Schwerarbeit einzustufen. Das wird jetzt von der Regierung umgesetzt: Pflegekräfte werden in die Schwerarbeitsverordnung aufgenommen und dürfen früher in Pension gehen – mit weniger Abschlägen. Die neue Regelung soll ab 1. Jänner 2026 in Kraft treten.
Die hohe Leistung von Pflegekräften wird häufig als selbstverständlich angesehen, während die tatsächliche Belastung ihrer Arbeit in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wird. Obwohl sie unter starken körperlichen und psychischen Belastungen arbeiten, war es für Pflegepersonal in der Praxis allerdings nicht leicht möglich, eine Schwerarbeitspension zu bekommen. Ziel der Schwerarbeitspension ist es, Menschen mit körperlich anstrengender Arbeit einen leichteren Weg in die Frühpension zu ermöglichen. Es war zwar grundsätzlich möglich, aber als Pflegekraft erfüllte man kaum die Kriterien, weshalb die wenigsten tatsächlich eine solche Pension bekamen. Das wird sich nun allerdings ändern. Die entsprechende Verordnung wurde vom Ministerrat via Umlaufbeschluss abgesegnet, hieß es in einem Hintergrundgespräch seitens Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) und der Sozialsprecher von ÖVP und NEOS, August Wöginger und Johannes Gasser. Damit sollen jährlich etwa 1.000 Pflegekräfte von der Schwerarbeiterpension profitieren.
Pflege ist Schwerarbeit: Rückenschmerzen, psychische Belastung, lange Schichten
Ein Blick auf den momentanen Alltag von Pflegekräften zeigt die enorme Belastung und Verantwortung – und das Tag für Tag. Der Pflegeberuf zeichnet sich sowohl durch körperliche als auch durch starke psychische Belastungen aus:
- 48 % der Pflegekräfte haben Rückenbeschwerden
- 60 % empfinden ihre Tätigkeit als psychisch stark belastend
- 30 % leiden – oft aufgrund von Schichtdiensten – unter Schlafstörungen
- Die Konfrontation mit Tod, Krankheiten und Leiden ist eine starke psychische Belastung
- Die Arbeitsbedingungen sind schwierig, etwa durch unregelmäßige Dienstzeiten, Personalmangel und Nachtschichten
„Pflege ist definitiv körperlich anstrengend und ich würde es auch als Schwerarbeit bezeichnen. Auch wenn es viele Geräte gibt, die helfen, Menschen zu heben, gibt es genug Situationen, wo diese nicht mehr benutzt werden können. (…) Es ist nicht nur das Heben, das anstrengend ist – Pflegekräfte bewegen sich viel im Laufe des Tages und müssen geistig stets aufmerksam sein, um richtig auf verschiedene Situationen reagieren zu können. Das führt dazu, dass man am Ende des Tages an die Grenzen seiner Energie gelangt“, sagt Pfleger Thomas P. im Kontrast-Interview.
Pflegekräfte dürfen jetzt früher in Pension gehen und haben weniger Abschläge
Der Beschluss, dass Pflege als Schwerarbeit anerkannt wird, bedeutet konkret: Pflegekräfte dürfen früher in Pension gehen – ab dem 60. Lebensjahr. Sie müssen dazu 45 Versicherungsjahre aufweisen und mindestens 10 Jahre Schwerarbeit in den vergangenen 20 Jahren geleistet haben. Von der neuen Regelung profitieren diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen, Kräfte der Pflegefachassistenz sowie der Pflegeassistenz. Auch Teilzeitkräfte sollen das Modell in Anspruch nehmen können, und zwar ab einem Beschäftigungsausmaß von 50 Prozent.
Bislang galten diese allgemeinen Kriterien für Schwerarbeit nur bei körperlicher Arbeit. Beispielsweise für Schichtdienste mit 6 Nachtschichten pro Monat, bei bestimmten Kaloriengrenzen für körperliche Arbeit oder bei Schadstoffbelastung. Jetzt gelten auch psychische und Mehrfach-Belastungen als Kriterien für das Verrichten von Schwerarbeit. Ein weiterer Vorteil der Schwerarbeitspension: Man hat nur 1,8 % Abschläge anstatt 5,1 % für jedes Jahr, das man vor dem Regel-Antrittsalter in Pension geht. Bei Männern liegt dieses beim 65. Lebensjahr. Bei Frauen liegt es aktuell beim 61. Lebensjahr, dieses wird jedoch schrittweise auf 65 angehoben.
„Als Zeichen des Respekts und der Wertschätzung wird die Arbeit von Pflegekräften besser für die Schwerarbeitspension berücksichtigt, denn Pflege ist Schwerarbeit. Ich habe noch kurz vor der Pressekonferenz mehr als 190.000 Unterschriften für die Einstufung der Pflegekräfte als Schwerarbeiterinnen und Schwerarbeiter übernommen. Jetzt darf ich verkünden: Es ist uns gelungen“, sagt SPÖ-Gesundheits- und Sozialministerin Korinna Schumann in einer Pressekonferenz.
Aussichten für die Zukunft: Bessere Arbeitszeiten und mehr Personal
Ab 1. Jänner 2026 soll die neue Regelung in Kraft treten. Um eine strukturelle Pflegereform in Aussicht zu stellen, muss allerdings noch an weiteren Rädchen gedreht werden. Der Plan der Regierung: Eine bessere Anerkennung von geleisteten Diensten und Stunden, Verbesserungen bei Arbeitszeiten und Dienstplänen, Entlastung durch mehr Personal sowie eine Attraktivierung des Pflegeberufs für zukünftige Generationen.
Im aktuellen Film „Heldin“ (2025) wird der Alltag und die harte Realität einer Pflegefachkraft gezeigt, der geprägt ist von hektischen Schichten und folgenschweren Entscheidungen.









