Dass Bergbauaktivitäten gravierende Schäden an Umwelt und Gesundheit zur Folge haben, ist längst bekannt. Trotzdem bestreiten Unternehmen wie der Schweizer Konzern Glencore seit Jahren ihre Verantwortung. Nun wurde dessen Tochterfirma Antapaccay in Peru mit einer hohen Busse belegt – endlich! meldet die Informationsstelle Peru e.V.

Man muss um die Mittagszeit herkommen, um die Sprengungen im Bergwerk zu sehen. Natürlich darf das Gelände nicht betreten werden – es ist mit einem hohen Stacheldrahtzaun abgesperrt. Doch von den umliegenden Hügeln aus sieht man den enormen Krater deutlich. Wie ein Schlund, der sich in der Erde auftut und droht, die herumwieselnden Arbeiter und Fahrzeuge zu verschlingen, die von hier oben ameisenklein aussehen. Doch in Wirklichkeit verschlingt die Erde gar nichts – im Gegenteil. Die Mine verschlingt die Erde. Stufe um Stufe wurde hier weggesprengt, um an die Mineralien zu kommen, die sich unter dem Boden befinden: Gold, Silber, Kupfer.

Der Fels ist rot verfärbt, die umliegenden Flüsse sind ausgetrocknet oder führen schlammiges, schäumendes Wasser: Abwasser aus dem Bergwerk. Tiere und Menschen, die ihr Trinkwasser aus Bächen oder Lagunen dieser Zone beziehen, werden schwer krank, bringen Kinder mit Missbildungen zur Welt. Die Feinstaubbelastung führt zu Lungenbeschwerden, die Kontamination der Böden zur Vergiftung der Nahrungsmittel.

Trotzdem wird im Bergwerk weitergearbeitet, unaufhörlich, seit vierzig Jahren. Jeden Tag eine Sprengung. Kurz vor zwölf beginnt eine Sirene zu heulen, das an- und abschwellende Geräusch geht durch Mark und Bein. Es ist die Warnung für die Arbeiter, dass es gleich losgeht. Die schweren Fahrzeuge bleiben stehen, und es breitet sich eine gespenstische Stille aus. Dann – es trifft einen ohne Vorwarnung, obwohl man weiss, dass es kommt: ein Grollen, das langsam lauter wird und sich in Wellen ausbreitet, nicht nur in der Luft, sondern auch unter dem Boden. Als ob sich die Erde, als ob sich der ganze Hügel aufbäumen würde. Kein Zittern und Schütteln wie bei einem Erdbeben, sondern ein einmaliges, aber heftiges Erheben. Und man fühlt bis in den Bauch hinein, dass hier einem lebendigen Organismus Schaden zugefügt wird. Fühlt wie die Erde sich windet, als das Dynamit in ihrem Leib explodiert. Es ist ein Schauer, den man bis ans Lebensende nicht vergisst. Aus dem Bergwerk steigt langsam, wie in Zeitlupe, hellgrauer Rauch auf.

Millionen-Strafe für Glencore-Tochterfirma in Peru

Bergwerk Glencore-Antapaccay (Bild © Google Earth)

Der Mythos von der «natürlichen Mineralisierung»

Das Unternehmen, das hier im südperuanischen Espinar Mineralien abbaut, heisst Antapaccay und ist eine Tochterfirma des Schweizer Konzerns Glencore, eines der grössten Rohstoffhändler der Welt. Doch das umliegende Land gehört indigenen Bäuerinnen und Bauern, deren Leben sich komplett verändert hat, seit hier Bergbau betrieben wird. Wer es geschafft hat, seine Parzellen und Viehweiden zu behalten, muss schauen, wie er mit den neuen Verhältnissen klarkommt. Denn der Schaden, der hier angerichtet wird, geht weit über das Gebiet hinaus, das fein säuberlich abgesperrt wurde.

Das Bergbauunternehmen vertritt den Diskurs, dass der Bergbau Fortschritt bringe – doch die lokale Bevölkerung sieht davon nicht viel. Eine Studie von Amnesty International aus dem Jahr 2021 zeigt, dass die Bevölkerung der 13 Gemeinden im Einflussbereich des Glencore-Bergwerks in Armut lebt. Über ein Drittel der Haushalte haben keinen Strom und kein Abwassersystem, mehr als die Hälfte der Menschen ist nicht krankenversichert, und fast zwei Drittel haben keinen Zugang zu Gesundheitsdiensten. In der gesamten Provinz ist fast die Hälfte der Kinder unter fünf Jahren von chronischer Unterernährung betroffen. Bereits 2013 wies Espinar die landesweit höchste Sterblichkeitsrate bei Neugeborenen und die dritthöchste Kindersterblichkeitsrate auf. Die häufigsten Todesursachen bei Kindern zwischen einem und vier Jahren waren Hirngefässkrankheiten, Leberzirrhose, chronische Lebererkrankungen und Niereninsuffizienz. 78 Prozent der Menschen in den Gemeinden rund ums Bergwerk weisen hohe Werte an Metallen und toxischen Substanzen auf, was zu Krebs und sogar zu DNA-Veränderungen führen kann.

Millionen Strafe für Glencore 3

Damaza Ccoragua Yllpa beklagt, dass ihre Schafe in der Nähe des Bergwerks sterben. © Vidal Merma

Glencore derweil betonte anlässlich von Protesten während der Aktionärsversammlung 2025 zum wiederholten Mal, dass es sich bei Espinar um eine «natürlich mineralisierte» Zone handelt und dass es keinen Zusammenhang zwischen der Kontamination und der Bergbauaktivität gibt. Dies obwohl eine breit aufgestellte Studie des peruanischen Organismus für Evaluierung und Durchsetzung von Umweltrecht (OEFA) dieses Narrativ schon im Jahr 2022 klar widerlegt hat. Eine Evaluation, die an 38 verschiedenen Punkten sieben verschiedene Komponenten wie Luft- und Wasserverschmutzung, Lärmbelastung sowie Schäden an Flora und Fauna untersuchte, kam zum Ergebnis, dass die Deponien, Abraumhalden und Bergbaubetriebe von Glencore/Antapaccay tatsächlich die Quelle der Verschmutzung in Espinar darstellen.

Konkret:

  • Durch die bei der Kupferförderung zum Einsatz kommenden Methoden in den beiden Glencore-Bergwerken Tintaya und Antapaccay werden Wasserquellen sowie Grundwasser verseucht. Dabei gelangen toxische Schwermetalle wie Arsen, Mangan, Blei und Quecksilber in die Flüsse.
  • Das kontaminierte Wasser vergiftet Weideflächen und Tiere.
  • Es liegt ein direkter Zusammenhang zwischen den Bergbauaktivitäten und der Verseuchung von Böden sowie Luftbelastung vor, unter anderem durch schwermetallhaltigen Feinstaub.
  • Wasserquellen sind versiegt, und die Trinkwasserversorgung der umliegenden indigenen Gemeinden ist stark beeinträchtigt.
  • An verschiedenen Stellen ist der Grundwasserspiegel abgesunken.

Auf die Studie angesprochen, sagte Glencore, dass das Unternehmen einen internationalen Umweltberater und zwei peruanische Universitäten mit Fachkenntnissen in chemischer Analyse beauftragt habe, die den Bericht des OEFA geprüft hätten und zum Schluss gekommen seien, dass die Verschmutzung nichts mit den Aktivitäten von Glencore/Antapaccay zu tun habe. Wie die peruanische Umwelt-NGO CooperAcción betont, liegen jedoch keine öffentlichen Informationen zu so einem Bericht vor, der lediglich «aus den Aussagen des CEO bekannt» sei.

Millionenstrafe für Glencore 4

Die Bevölkerung rund um das Glencore-Bergwerk lebt in einfachsten Verhältnissen. © Nicole Maron

«Eine umfassende und gründliche Umweltbewertung»

Mit dem OEFA-Bericht befasst hat sich auch Bernhard Wehrli, emeritierter Chemie-Professor der ETH Zürich. In einem unabhängigen Expertenurteil kam er zum Schluss, dass das Vorgehen des OEFA bezüglich Dokumentation der Untersuchungsstandorte, Probenahmeverfahren, Analysemethoden und Datenanalysen «einen hohen professionellen und wissenschaftlichen Standard aufweist, der eine Rückverfolgung jeder numerischen Angabe dieser Studie ermöglicht» und dass «die Bewertung und Interpretation der Daten hinsichtlich der Wasserqualität auf anerkannten nationalen und internationalen Standards für Wasser- und Sedimentqualität sowie aquatische Biodiversität basiert». Zusammen mit der Überwachung von Grundwasserbrunnen und hydrologischen Informationen liessen die Daten klare Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zwischen den Bergbauaktivitäten in dem Gebiet und der bergbaubedingten Wasserverschmutzung ableiten.

Unter anderem erwähnt Wehrli die Kontaminierung der Wasserquellen mit einer sehr hohen Salzkonzentration, die es sowohl für die Trinkwasserversorgung als auch für die Bewässerung ungeeignet mache, und das Grundwasser weise eine hohe Mangankonzentrationen auf. «Zusätzlich zu diesen Beispielen gibt es Hinweise darauf, dass Bergbauunternehmen aktiv unnötige Kontaminationswege geschaffen haben», so Wehrli. Zum Beispiel durch die Verwendung von Bergbauabfällen für den Strassenbau, was zu einer weiteren Kontamination des Grundwassers und der Flüsse führte. Die OEFA-Studie hält der Schweizer Wissenschaftler für «eine der umfassendsten und gründlichsten Umweltbewertungen, die dieser Gutachter je gesehen hat» – doch sie könne nur ein erster Schritt sein. «Um den Bergbau in dieser sensiblen Umgebung auf internationales Niveau zu bringen, müssen die Betreiber bewährte Verfahren für die Abraumentsorgung, die Eindämmung und die Umweltsanierung der Deponien sowie eine verbesserte Aufbereitung und Wiederverwertung des Grubenwassers umsetzen und von den Behörden kritisch überwacht werden.» Auch wird zu einem inklusiven Dialog mit der lokalen Bevölkerung geraten, wie er mittlerweile in vielen Ländern Standard sei.

Millionenstrafe für Glencore 5

Wandbilder in Espinar zeugen vom Widerstand der Bevölkerung gegen den Bergbau. © Nicole Maron

Verurteilung wegen Luftverschmutzung

Tatsächlich verhängte der OEFA mehr als drei Jahre nach Veröffentlichung seiner Studie, im Oktober 2025, eine Strafe über fast eineinhalb Millionen Euro für Glencore/Antapaccay. Die Begründung in der am 14. Oktober 2025 ausgestellten Resolution Nr. 01432-2025-OEFA/DFAI lautet:

«Das Unternehmen hat seine Verpflichtung zur Umsetzung von Präventions- und Kontrollmassnahmen zur Vermeidung und/oder Minderung der Auswirkungen von PM10-Feinstaub, der durch die Bergbauaktivitäten entsteht, auf die Flora und Fauna der betroffenen Gebiete nicht erfüllt.»

Bleibt nur zu hoffen, dass dieses Urteil nicht – wie in solchen Fällen leider üblich – in zweiter Instanz abgeschmettert wird.

Der Originalartikel kann hier besucht werden