Zum 1.1.2026 will die Bundesregierung die Aktivrente einführen. Wer die Regelaltersgrenze (66 Jahre und vier Monate) überschreitet, soll künftig 2.000 Euro pro Monat steuerfrei dazuverdienen können. Statt das Renteneintrittsalter zu erhöhen, soll durch die massive Steuerersparnis von bis zu 919 Euro pro Monat ein positiver Anreiz gesetzt werden, länger zu arbeiten. Das ist grundsätzlich begrüßenswert.
Allerdings soll diese ungewöhnlich hohe Steuervergünstigung nur für Angestellte gelten, nicht für Selbstständige. Denn sie würden ja ohnehin weiterarbeiten, heißt es im aktuellen Gesetzesentwurf zur Aktivrente vom 9.10.2025: Es bedürfe „aktuell keiner weiteren Anreize …, diesen Personenkreis zur Weiterarbeit zu bewegen.“
Eklatante Ungleichbehandlung von Selbstständigen und Angestellten
Aus unserer Sicht handelt es sich um eine eklatante Verletzung von Artikel 3 Grundgesetz („Gleichbehandlungsgrundsatz“). Sie reiht sich ein in eine Vielzahl von Diskriminierungen von Selbstständigen. Die Schlechterbehandlung ist hier aber besonders offensichtlich und hat das Potenzial, den ohnehin bestehenden Unmut massiv zu erhöhen, quasi das „Fass zum Überlaufen zu bringen“. Hart arbeitende Selbstständige erleben die Begründung als zynisch und als Schlag ins Gesicht. Sie ist zugleich aber auch inhaltlich fehlgeleitet und gefährdet die Erreichung der wirtschaftspolitischen Ziele der Bundesregierung.
Unsere Forderung: Aktivrente auch für Selbstständige
Wir fordern die Einführung einer fairen Aktivrente für Angestellte UND Selbstständige. Nur so wird von der Aktivrente ein kraftvoller Impuls für die deutsche Wirtschaft ausgehen
Selbstständige sind keine Erwerbstätigen zweiter Klasse
Viele Menschen arbeiten im Rentenalter selbstständig weiter, und das aus ganz unterschiedlichen Motiven: Viele Angestellte und Beamte wollen im Alter endlich entsprechend ihrer eigenen Qualitätsvorstellungen arbeiten und selbst bestimmen, wann und wieviel. Viele Selbstständige arbeiten für begrenzte Zeit weiter: mangels Nachfolgern, weil ihre (Dienst-)Leistungen dringend benötigt werden – und schlicht deshalb, weil sie Freude an ihrer Arbeit und den sozialen Kontakten haben. Eine Minderheit der Selbstständigen (und Angestellten) muss im Alter aus finanziellen Gründen weiterarbeiten.
Das Gesetzesvorhaben strotzt vor Widersprüchen
An letztgenannter Teilgruppe wird die innere Widersprüchlichkeit des Gesetzesvorhabens besonders deutlich: Seit Jahren unterstellt die Bundesregierung Selbstständigen ein besonders hohes Risiko von Altersarmut, um sie nun im Rahmen der Aktivrente von den steuerlichen Vergünstigungen auszuschließen.
Ebenso widersprüchlich ist die Begründung, die Aktivrente solle nur Rentner/innen zugute kommen, die pflichtweise in die gesetzlichen Sozialsysteme einzahlen. Viele Selbstständigen sind nach § 2 SGB VI ebenfalls rentenversicherungspflichtig (z.B. selbstständige Lehrer und Erzieher, Pflegepersonen, Hebammen, Physiotherapeuten, Künstler und Publizisten, arbeitnehmerähnlich Selbstständige).
Warum werden sie von der Aktivrente ausgeschlossen, obwohl sie doch seit Jahrzehnten Rentenversicherungs- und andere Sozialversicherungs-Beiträge bezahlen – und zwar deutlich höhere als vergleichbare Angestellte und deren Arbeitgeber zusammen?
Auch Selbstständige leisten aktive Arbeit!
Eine weitere Begründung für den Ausschluss Selbstständiger lautet, mit der Aktivrente solle nur „aktive Arbeit“ gefördert werden. Aktive Arbeit meint Tätigkeiten, bei denen Einkommen durch persönliche Arbeitsleistung erzielt wird. Den Selbstständigen wird damit unterstellt, sie lebten von passivem Einkommen etwa durch Kapital- und Mieterlöse. Doch diese sind von der Aktivrente ohnehin nicht begünstigt. Die ganz überwiegende Mehrheit der Selbstständigen beschäftigt im Alter zudem keine Arbeitnehmer, die „ihre Arbeit für sie erledigen“ würden. Gerade noch als prekär geframte Selbstständige werden im nächsten Moment als Nutznießer passiven Einkommens dargestellt!
Ein „Sonderopfer“ jagt das nächste
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages schreibt, dass die geplante Aktivrente verfassungsgemäß sein könne, wenn der Gesetzgeber „ihre Eignung und Erforderlichkeit für überragende Gemeinwohlziele“ darlegen kann, die ein Sonderopfer benachteiligter Gruppen rechtfertige. Mit derselbelben Argumentation wurden Selbstständigen in der Corona-Zeit (durch Betätigungsverbote ohne wirksamen Ausgleich) bereits umfangreiche Sonderopfer aufgebürdet. Für nicht wenige führte dies in die Insolvenz oder zum Verlust von erheblichen Teilen ihrer Altersvorsorge.
Der Ausschluss von Selbstständigen von der Aktivrente ist nicht nur zutiefst ungerecht, widersprüchlich und angesichts des schwerwiegenden Grundrechtseingriffs verfassungsrechtlich äußerst fragwürdig. Er ist auch wirtschaftspolitisch kontraproduktiv.
Der Text ist Teil der Petition „Aktivrente auch für Selbstständige: Wir sind keine Erwerbstätigen zweiter Klasse!“, erstellt auf OpenPetition vom Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e.V. (VGSD), der
Link zur Petition mit weiteren Infos und Zeichnungsmöglichkeit









