Letzte Woche kam es am Flughafen Newark zu erheblichen Problemen – ernsthaften Problemen. Am 28. April verloren die Fluglotsen vollständig den Kontakt zu ein- und ausfliegenden Maschinen. Kein Radar. Kein Funk. Keine Kommunikation. Ein kompletter Blackout.
Im Mittelpunkt steht dabei die Federal Aviation Administration (FAA). Die Personalsituation bei den Fluglotsen ist seit Jahren angespannt, da sie mit 56 Jahren in den Ruhestand gehen müssen und zu wenige neue Mitarbeiter eingestellt werden. Geräteausfälle wie dieser zeigen, wie anfällig das System geworden ist. Die FAA hat versucht, den Druck zu mindern, indem sie den Betrieb von Long Island nach Philadelphia verlagert hat, aber auch diese Einrichtung ist unterbesetzt. Der Gouverneur von New Jersey fordert dringende Investitionen auf Bundesebene und warnt, dass uns ernsthafte Störungen drohen, wenn sich bis zur Fußballweltmeisterschaft 2026 nichts ändert. (Die Metropolregion New York steht derzeit weltweit an erster Stelle, was die Zahl der Flugausfälle angeht)
Am selben Tag – dem 28. April – ereignete sich auch in Spanien, Portugal und Teilen Südfrankreichs ein massiver Stromausfall. Nichts funktionierte mehr: weder Züge noch Mobilfunk. Es handelte sich um einen vollständigen Ausfall der Infrastruktur.
In diesem Zusammenhang ist auch ein kurzes Interview von CNBC mit dem Investor Paul Tudor Jones erwähnenswert. Er spricht über den rasanten Wettbewerb im Bereich Künstliche Intelligenz und darüber, dass es keinerlei koordinierte Bemühungen gibt, die dazugehörige Infrastruktur abzusichern. Es sei, als würden Autos mit 300 km/h über Autobahnen fahren – ohne Leitplanken.
Eine der größten Stärken der Menschheit ist unsere Fähigkeit, zusammenzuarbeiten, in Verbindung zu bleiben und die komplexe Infrastruktur zu unterhalten, die Milliarden von Menschen betrifft. Aber wie viel Zeit verbringe ich in meinem täglichen Leben wirklich damit, über Infrastruktur nachzudenken? Ist sie überhaupt ein Thema?
Die Menschen, die unsere Systeme am Laufen halten, scheinen oft in einer Parallelwelt zu existieren – unsichtbar und unbeachtet. Wenn Sie zu Hause die Internetverbindung verlieren, rufen Sie Ihren Anbieter an. Jemand taucht auf, zaubert etwas und schon ist alles erledigt. Wenn Ihr morgendlicher Arbeitsweg durch eine Baustelle unterbrochen wird, nehmen Sie einen Umweg und fahren weiter. Die Infrastruktur bleibt unsichtbar – bis sie ausfällt.
Die Ironie ist, dass wir mehr von der Infrastruktur abhängen als vom Geld. Selbst wenn wir reich sind, können wir kein sauberes Wasser bekommen, ohne dass ein kompliziertes System von Tunneln, Rohren, Druckkontrolle und Hygieneüberwachung bis zu unserem Wasserhahn reicht. Unsere Entwicklung als Spezies hängt von unserer Fähigkeit ab, diese Systeme zu verwalten und zu erhalten. Aber die Wahrheit ist, dass wir das nicht sehr gut machen.
Dieser Kampf um die Aufrechterhaltung unserer kritischen Systeme spiegelt eine grundlegende Spannung in der modernen Gesellschaft wider. Da unsere sozialen Strukturen zunehmend individuelle Leistungen und persönliche Bedürfnisse in den Vordergrund stellen, ist unsere kollektive Fähigkeit, gemeinsame Ressourcen zu schätzen und in sie zu investieren, geschwächt. Infrastrukturen dienen per definitionem dem Gemeinwohl – sie erfüllen universelle Bedürfnisse über wirtschaftliche Grenzen hinweg -, doch unsere politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen versagen oft dabei, diesen gemeinschaftlichen Investitionen Priorität einzuräumen.
Im Westen stehen wir vor einer doppelten Herausforderung: Zum einen ist es politisch schwer geworden, bestehende Infrastrukturen zu erhalten – öffentliche Ausgaben stoßen auf Widerstand von Steuervermeidern und kurzfristig denkenden Entscheidungsträger:innen. Zum anderen – und das wiegt vielleicht schwerer – fehlt uns zunehmend die Fähigkeit zur langfristigen Planung. Anders als frühere Generationen, die jahrhundertelange Projekte wie den Kölner Dom in Angriff nahmen – wohl wissend, dass sie dessen Fertigstellung nicht mehr erleben würden -, scheinen wir unfähig zu sein, uns etwas vorzustellen, das über unsere eigene Lebenszeit hinausgeht. Wir haben die generationenübergreifende Vision verloren, die einst der Motor für ehrgeizige öffentliche Bauvorhaben war.
Diese Herausforderung manifestiert sich je nach politischer Landschaft auf unterschiedliche Weise, betrifft aber im Wesentlichen unsere Einstellung zur Zukunft. Ein Beispiel: In Ecuador wurde unter Präsident Rafael Correa (2007–2017) massiv in Infrastruktur – von Verkehr über Energie bis hin zu sozialen Diensten – investiert, was die Armutsraten deutlich senkte und die Lebensqualität verbesserte. Nachfolgende Regierungen haben diese Prioritäten jedoch aufgegeben, was zeigt, dass Infrastruktur ein nachhaltiges Engagement über die Amtszeit einer einzelnen Regierung hinaus erfordert.
In ähnlicher Weise stellten Bewegungen wie der Brexit nicht nur eine politische Neuausrichtung dar, sondern auch einen Rückzug aus der jahrzehntelangen Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Infrastrukturen über europäische Grenzen hinweg. In den Vereinigten Staaten verkörpert das Phänomen Trump eine ähnliche infrastrukturfeindliche Stimmung – sein Fokus ist nach innen gerichtet, kurzfristig und spaltend.
Eine Menschheit mit Zukunft räumt der Infrastruktur aus drei ganz einfachen Gründen Priorität ein: eine klare Vision dessen, was morgen gebraucht wird, ein starkes Gefühl für ein gemeinsames Ziel und ein tiefes, transzendentes Engagement nicht nur für uns selbst, sondern für kommende Generationen. Die Gemeinschaften, die in den kommenden Jahrzehnten gedeihen werden, sind diejenigen, die ihre unmittelbaren Entscheidungen mit diesen längeren Horizonten in Einklang bringen.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Sabine Schmitz vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!