In letzter Zeit gab es in Europa und anderswo viele Diskussionen um die sogenannten Nichtregierungsorganisationen – NROs (Non Governmental Organisations – NGOs). Russland, Georgien, die Slowakei, Serbien und Ungarn haben allesamt Gesetze verabschiedet, die auf eine zunehmende Kontrolle ausländischer NROs ausgerichtet sind, die innerhalb ihrer Grenzen agieren. Diese neuen Gesetze wurden von der EU und den USA nicht gut aufgenommen, da sie die Einsätze ihrer NROs in den besagten Ländern behindern. Wenig überraschend wurden diese Gesetze als undemokratisch bezeichnet und als neue Chance genutzt, um in diesen fünf Ländern Proteste auszulösen.
Von Peter Noordendorp
Was viele Leute nicht wissen ist, dass die NROs, wie wir sie heute verstehen, hauptsächlich in den 1970er Jahren erfunden wurden, insbesondere in den Vereinigten Staaten, um die Interessen der USA in den lateinamerikanischen Ländern zu sichern. Kurzum, ihre Aufgabe bestand darin, sich in das Sozialgefüge Lateinamerikas einzufügen, wo es damals starke politische und soziale Bewegungen an der Basis gab – oftmals sozialistischen oder kommunistischen Ursprungs. Diese NROs führten soziale Förderprogramme ein, „um der Bevölkerung zu einem besseren Leben zu verhelfen.“ Doch das eigentliche Ziel bestand darin, die bestehenden sozialen Strukturen aufzubrechen und den Menschen weiszumachen, dass sie sich nicht mehr länger selbst zu organisieren brauchten – da die NROs anscheinend alles zur Verfügung stellten, einschließlich Gesundheitsversorgung und Bildung.
Sicherlich ist der Begriff „ Nichtregierungsorganisation“ irreführend, da nahezu alle von staatlichen Institutionen finanziert werden. Die bekannteste US-amerikanische NRO ist USAID, die weltweit agiert.
In Europa wurden vergleichbare taktische Maßnahmen angewandt, insbesondere in Bezug auf Afrika und Südostasien. Die NROs wurden ausgesandt, um der armen afrikanischen und asiatischen Bevölkerung „ Wohlstand zu bringen“, aber das eigentliche Ziel blieb dasselbe: politische und soziale Organisationen an der Basis zu spalten und zu unterbinden. Dies trug dazu bei, den Status Quo des Neokolonialismus der Nachkriegszeit aufrechtzuerhalten, oft mit der Unterstützung korrupter afrikanischer Regierungen, die westlichen Interessen dienten. Währenddessen blieben die Armen arm und ihr sozialer Zusammenhalt wurde zerschlagen – in Afrika, Asien und Lateinamerika gleichermaßen.
Die NROs wurden nicht ins Leben gerufen, um den Armen Wohlstand und Reichtum zu bringen. Sie sind dafür vorgesehen, sich tiefgreifend in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten einzumischen.
Vom Jahr 2000 an wurden die NROs zunehmend zu Werkzeugen in den US-geführten Regimewechselprogrammen sowie zu Instrumenten, um politische Ansprüche der EU bei den Ländern durchzusetzen, die zukünftig der EU beitreten wollen. Auch die NATO spielte eine maßgebliche Rolle bei dieser jüngsten Entwicklung. NATO-Osterweiterung und Regimewechselpläne gingen oft Hand in Hand. Und natürlich war die CIA unmittelbar daran beteiligt – und ist es immer noch.
Kehren wir in die Gegenwart zurück und zu den Anfängen des Ukraine-Konflikts – bei dem USAID, andere NROs und der CIA eine bedeutende Rolle gespielt haben.
Die USA haben bereits vor der Orangenen Revolution im Jahr 2005 Milliarden in ihr Ukraine-Projekt investiert. Das Ziel war klar: die Ukraine muss NATO-Mitglied werden und unter westlichen Einfluss kommen, weg von Russland. So wurde eine Farbrevolution initiiert, um westlich ausgerichteter ukrainischer Oligarchen zu unterstützen.
Als trotz dieser Bemühungen 2010 ein pro-russischer Präsident und eine pro-russische Regierung gewählt wurden, begannen die NROs und der CIA mit den Vorbereitungen für einen zweiten Versuch. Dieser Versuch, nunmehr bekannt als Maidan-Aufstand von 2013/2014, zeigte eindeutig die unmittelbare Beeinflussung durch hochrangige US-Beamte – Victoria Nuland, die Sandwiches an die Demonstranten verteilte, ist nur ein Beispiel hierfür.
Die NROs waren also seit 2010 in der Ukraine sehr aktiv, insofern sie in Zusammenarbeit mit rechtsextremen und neonazistischen Gruppen, die besonders im westlichen Teil des Landes verbreitet sind, den Grundstein für einen Staatsstreich gelegt haben. Ich möchte hier nicht auf andere ebenfalls relevante Faktoren eingehen, denn der Schwerpunkt dieses Artikels ist die Rolle der NROs und die schmutzigen Geschäfte, die sie für westliche Regierungen ausführen.
Seit dem Niedergang der Sowjetunion haben westliche NROs Russland überflutet, mit dem Auftrag, das Land gemäß dem Vorbild einer neoliberalen westlichen Demokratie umzugestalten, und die Einwohner in großzügig mit westlichen Geldern finanzierten politischen und sozialen Gruppen zu organisieren. Als Wladimir Putin zum ersten Präsidenten der Russischen Föderation gewählt wurde, waren diese NROs bereits fest etabliert und agierten weithin im ganzen Land.
Im gleichen Zeitraum nach der Jahrtausendwende gab es auch in Georgien eine prowestliche Farbrevolution, wiederum organisiert von westlichen Vertretern und NROs.
Es ist mehr als deutlich, dass der Westen – insbesondere die USA, das Vereinigte Königreich und die EU – glaubt, das Recht zu haben, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischen zu können. Dies verweist auf einen tief verwurzelten Überlegenheitskomplex und eine weiterhin bestehende koloniale Denkweise. Die NROs sind Teil der Kontroll- und Einmischungsstruktur. Und nun beginnen die Länder – nicht nur in Osteuropa, sondern auch anderswo – sich gegen deren destabilisierendes Auftreten zu wehren.
Wir können mit den Gesetzen oder politischen Systemen verschiedener Länder einverstanden sein oder auch nicht. Aber schließlich ist es die Sache der Menschen in den einzelnen Ländern, zu entscheiden, wer sie regiert, und nicht die der EU, der USA oder irgendeiner NRO. Jeder Staat hat das Recht, sich gegen fremde Einmischung zu verteidigen, vor allem gegen eine solche, die Destabilisierung zum Ziel hat. Die Geschichte der NROs ist eine sehr hässliche und sie sollten vollständig entlarvt und aufgelöst werden.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Doris Fischer vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!