Es gibt nur wenige Gelegenheiten, bei denen man aufzeigen kann, dass es Menschen gibt, die anders denken als in den üblichen Kategorien, – wie Israel gegen Palästina und links gegen rechts – welche unsere Welt in unnötige Spannungen, Unsicherheit und Gewalt stürzen. Standing Together (ST) ist eine solche Organisation, deren Mitglieder eine andere Sensibilität und Vision für die Zukunft haben.

Anat Meiri veranschaulicht durch ihre Aktivitäten mit den Friends of Standing Together (FoST) in New York City eines der zwölf Prinzipien für gültiges Handeln, die der argentinische Schriftsteller und Denker Silo in seinem Buch The Inner Look folgendermaßen beschreibt: „Es spielt keine Rolle, in welche Ecke dich die Ereignisse gestellt haben. Wichtig ist nur, dass du begreifst, dass du keine Wahl hattest.“

Dieses Prinzip unterstreicht, dass unsere Sicht der Dinge oft aus Faktoren resultiert, die sich unserer Kontrolle entziehen: kulturelle Einflüsse, historischer Kontext, familiärer Hintergrund, geografische Lage und vieles mehr. Diese Faktoren sind Umstände, die uns in die Wiege gelegt wurden, und spielen eine entscheidende Rolle bei der Formung unserer Meinungen und der „Seite“ oder Gruppe, mit der wir uns identifizieren. Wenn wir begreifen, dass wir uns unsere „Seite“ nicht ausgewählt haben, gewinnen wir eine entscheidende Perspektive, die eine kritische Reflexion und eine größere Offenheit für die Sichtweise anderer ermöglicht. Dieser Grundsatz ist vielleicht dringender denn je, wenn man bedenkt, wie sehr sich die Spaltungen in der Welt derzeit verschärfen.

Anat beschreibt diese Perspektive in ihrer Erklärung sehr gut:

„Es gibt viele Friedensorganisationen von jüdischen und palästinensischen Menschen in Israel/Palästina. Ich habe mich entschieden, ST durch meine Arbeit bei FoST zu unterstützen, weil ST als eine Gruppe, die sich aus jüdischen und palästinensischen BürgerInnen Israels zusammensetzt, Maßnahmen ergreift, um die politische Landschaft innerhalb der israelischen Gesellschaft zu verändern. Sie tun dies auf demokratische Weise, mit Geschick und Initiativen, die die Bedürfnisse aller Menschen auf der Grundlage gemeinsamer Interessen vertreten und eine Stimme erheben, die jede Person auf beiden Seiten menschlich macht. Wir sind nicht ausschließlich pro-israelisch oder pro-palästinensisch – wir sind für ALLE Menschen, vom Fluss bis zum Meer.

Seit anderthalb Jahren versammeln wir uns jeden Sonntag auf dem Union Square zu unseren wöchentlichen Protesten, gemeinsam mit den Organisatoren von Israelis for Peace. Wir haben oft RednerInnen – Juden und Palästinenser gleichermaßen -, die an unsere Mission glauben, den Krieg zu beenden, die Geiseln freizulassen und die Besatzung zu beenden. Wir werden von Passanten sowohl bejubelt als auch angegriffen. Ich kann nicht behaupten, dass ich aus dieser Erfahrung etwas Neues gelernt habe, aber sie hat mir in mehrfacher Hinsicht geholfen:

    1. Wenn mein Kind eines Tages von den Gräueltaten der israelischen Armee und Regierung im Gazastreifen und im Westjordanland erfährt, werde ich meiner Tochter sagen können, dass ich getan habe, was ich konnte, um Widerstand zu leisten.
    2. Wir hören von vielen PalästinenserInnen, wie viel es ihnen bedeutet, dass wir da draußen sind, sie unterstützen und ein Ende ihres Leidens fordern.
    3. Es war für mich lebensrettend, mit Menschen zusammen zu sein, die meine Sichtweise teilen – vor allem jetzt, wo meine Beziehungen zu Familie und Freunden wegen meiner Meinung gelitten haben.“

Die größtmögliche Leistung liegt darin, dass wir zu unserer grundlegenden Verbundenheit erwachen und uns nicht in den emotionalen Sog der Stammeskonflikte hineinziehen lassen.

Wir schulden denen Dankbarkeit, die mutig genug sind, sich zu verbinden – den wahren HeldInnen, die Welten, Zivilisationen, Gesellschaften, Nachbarschaften und Gemeinschaften errichten. Unser kollektiver Zusammenhalt bildet unser einziges wahres Fundament; alles, jenseits dieser Verbundenheit, ist lediglich eine Illusion.

 

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Angela Becker vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!