„Das Ziel einer „Kultur des Friedens“ bildet die Grundlage aller ehrenamtlichen Tätigkeiten im Rahmen der UNESCO-Arbeit. Dies mag im ersten Moment fantastisch und idealistisch erscheinen, steht es doch offensichtlich in einem harten Kontrast zu den Realitäten dieser Welt. Aber gerade die Vision einer friedlichen Zukunft braucht das Engagement der Zivilgesellschaft. Sie soll dieser Vision eine Chance geben, das alltägliche Handeln im privaten wie im öffentlichen Raum zu begleiten“ (https://www.unesco.de/sites/default/files/2018-09/kultur_des_friedens.pdf).

Wie steht es mit dem Begriff einer „Kultur des Friedens“? Es klingt wie ein Fremdwort, wenn der Münchner Kulturreferent Biebl den Organisator*innen der Friedenskonferenz die Streichung der zugesagten Zuschüsse mit folgenden Worten mitteilt:… „Wie Ihnen bekannt ist, ist die Förderung einer solchen rein politischen Veranstaltung mit weltpolitischen Fragestellungen [wie der Internationalen Münchner Friedenskonferenz] aus Kulturfördermitteln der Landeshauptstadt München schon seit längerer Zeit in Diskussion. Der vorliegende Antrag der Fraktionen SPD/Volt und Die Grünen/RL vom 01.02.2024 setzt dem Kulturreferat nun einen Rahmen, der in der Auslegung der Förderkriterien berücksichtigt werden muss.“

Diese Aussage basiert übrigens lediglich auf einem Antrag der o.g. Stadtratsfraktionen, mit dem sich der Stadtrat bisher noch nicht befassen konnte. Herr Biebl und Herr OB Reiter betreiben hier eine neue Auslegung der Förderkriterien – nicht nur für die Friedenskonferenz, sondern für sämtliche vom Kulturreferat geförderten Projekte, die mit den Betroffenen nicht diskutiert wurden.

Die Friedensbeiträge der Zivilgesellschaft, begleitet von engagierten Künstler*innen, wie sie für die Konferenz wie in jedem Jahr geplant sind, bereichern unzweifelhaft ein gesundes Gemeinwesen und eine weltoffene Stadtgesellschaft. Gerade damit der Friedensbegriff nicht erstarrt in (zwar wichtigen) formelhaften „nie wieder Krieg“, müssen immer wieder neu Alternativen gedacht, bewertet und vertreten werden. Das gilt nicht nur in Friedens-und Wohlstandszeiten, sondern genau dann, wenn Gewalt und Krieg uns, unsere Nachbarn, die Welt überhaupt bedrohen und dadurch täglich Menschenrechte verletzt werden.

Während zur gleichen Zeit in München auf der Sicherheitskonferenz/MSC Geostrateg*innen, Wehrkundler, Rüstungsvertreter und Politiker*innen aus der Welt tagen, um „realpolitisch“ Sicherheit durch Waffen und Stärke zu besprechen und die Welt auf Krieg einzustellen, ist und war es immer ein notwendiges gutes Gegengewicht, dem Friedenswillen der Bevölkerung und Friedensperspektiven aus der Wissenschaft und dem Aktivismus eine Stimme zu geben. Aus der MSC, einer quasi privaten Veranstaltung mit öffentlichen Geldern – auch der Stadt – ist die Bevölkerung quasi ausgeschlossen.

Die Friedenskonferenz wird von einem Trägerkreis geplant und getragen, dem u.a. IPPNW, DFG-VK, Pax Christi und die Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit/IFFF-WILPF angehören. Alle engagieren sich im Rahmen ihrer Gruppen ehrenamtlich dafür, alljährlich konkrete Alternativen zum Militarismus und explizit für eine komplexe „menschliche Sicherheit“ [1] (Umwelt, Gesundheit, soziale Sicherheit, Bildung) zu entwickeln, zu diskutieren und vorzustellen. Sie sind alle von der Sorge getrieben, Gewalt einzudämmen, Verhandlungen denkbar zu machen und Unsicherheiten gemeinsam zu tragen.

Das Programm verleiht diesem Willen Ausdruck:

Michael von der Schulenburg ist Wirtschaftswissenschaftler, erfahrener ehemaliger Diplomat in verschiedensten Missionen in der Welt, u.a. bei der OSZE. Er hat viel über internationale Friedensbildung publiziert und widmet seine politische Energie dem Ende von Kriegen.

Olga Karatch aus Belarus, die z.Z. im Exil in Litauen lebt, ist eine mit vielen Preisen ausgezeichnete Menschenrechtsaktivistin, die auch Mitglied von WILPF ist. Sie setzt sich unter Lebensgefahr für Verfolgte des Diktators Lukaschenko ein. Sie verbindet soziale Arbeit zur Versorgung von Kriegsflüchtlingen mit der Kampagne „Nein heißt Nein“ ihrer Organisation „Unser Haus“, um das Recht auf Kriegsdienstverweigerung gerade auf einem patriarchalen Hintergrund zu stärken.

Clare Daly, irische Europaabgeordnete formuliert ihre Forderungen nach Waffenstillstand auf der Grundlage und den Erfahrungen der irischen Friedensbewegung und greift die Kriegspolitik eines Mainstreams frontal an.

Am 2. Tag steht die europäische Flucht-und Migrationspolitik im Fokus in Verbindung mit einer weltpolitischen, auch wirtschaftlichen Einordnung. Mehr auf der Webseite friedenskonferenz.info.

Die Friedenskonferenz bietet Futter für lebhafte und auch kontroverse Diskussionen, die die Demokratie und Beteiligung der Menschen beflügeln können wie Lichterketten! Denn eine andere Welt ist möglich und wir müssen uns alle darum kümmern.

Die angedrohte Absage der städtischen Förderung der Friedenskonferenz im letzten Moment bringt diese in größte Schwierigkeiten, denn Räume und Reisekosten sind nicht mehr zu stornieren. Spenden sind dringend gefragt.

All dies passiert in einer Zeit, in der Pazifismus wieder einmal als Grundlage einer demokratischen Verfassung und eines gedeihlichen Zusammenlebens diskreditiert wird. Alle brüsten sich mit Zusammenarbeit mit Zivilgesellschaft, aber wenn es ernst wird schottet man sich bürokratisch ab und setzt auf Kriegskredite statt einer Friedensdividende. Unsere Stadt, unser Land sind der Verhinderung von Krieg und Gewalt verpflichtet. Sie sollten die Chance nützen, einer pazifistischen Minderheit zumindest Gehör zu verschaffen.

Die Internationale Frauenliga (www.wilpf.de, www.wilpf.org) hat sich vor 109 Jahren mitten im 1. Weltkrieg gegründet, um aufgrund ihrer Ursachenanalyse im fatalen Dreieck von Patriarchat- Militarismus – und Kapitalismus Krieg und Gewalt Einhalt zu gewähren. Viele der Protagonistinnen wurden an der Teilnahme der Gründungskonferenz 1915 in Den Haag gehindert, da sie „Vaterlandsverräterinnen seien“: Sie hatten sich für Abrüstung, Diplomatie und Friedenserziehung eingesetzt. Dafür streiten wir heute weiter – auch im Rahmen der Münchner Friedenskonferenz.

„…“Wir werden unsere Leben ernster nehmen müssen, darin in welchen Zusammenhängen und mit welchen Folgen wir in der Welt sind. Das Recht auf Frieden gilt weltweit. Das Recht auf Frieden weltweit durchzusetzen, bedeutet gleichzeitig die Erhaltung der Welt demokratischerweise mitzudenken. Frieden für all hieße alle Ressourcen für alle. Frieden ist ein anderes Wort für Gerechtigkeit“… (Marlene Streeruwitz)


[1] Menschliche Sicherheit | bpb.de


Heidi Meinzolt schreibt diesen Beitrag als Friedensaktivistin, Mitglied der IFFF/WILPF und Teilnehmerin der Friedenskonferenz und nicht im Namen des Trägerkreises der Münchner Friedenskonferenz (Anm.d.Red.).