Frieden und Freiheit sind zwei Seiten einer Medaille. Sie gehören zusammen. Es sind keine entgegengesetzten Pole. Beide sind Facetten des ‚Einen Lichts‘. Beide gehen weit über ein Gefühl hinaus, auch wenn beide fühlbar in uns wahrgenommen werden können. Freiheit und Friede, Friede und Freiheit, beides sind Zustände in unserem Bewusstsein.

Auch wenn beide zusammengehören wie siamesische Zwillinge, so haben beide unterschiedliche Färbungen, unterschiedliche Facetten, differenzierte Nuancen. Andere Schattierungen.

Es ist vergleichbar mit unterschiedlichen Aromen bei köstlichen Speisen. Freiheit hat einen anderen Duft, eine andere Note wie Frieden. Beide sind himmlisch. Beide sind wunderglaublich. Beide machen glückselig. Und doch…

Frieden

Um es klar zu sagen: Der Frieden, von dem ich hier spreche, ist nicht das Gegenteil von Krieg. Und es ist auch kein Friedhofsfriede! Es ist nicht der Friede von Toten. Sondern? Es ist der Friede von in sich erwachten Menschen. Es ist ein vitaler Friede der Reife. Es ist ein Friede der Liebe. Ein Friede der Fülle. Es ist der Friede, der aus einem erlebten So-Sein kommt. Aus diesem Frieden erblüht Freiheit. Und Freiheit gründet in Frieden.

Ich spreche hier von einem existentiellen Frieden. Dieser Friede fühlt sich unendlich satt und angekommen an. Wie ein stiller See. Ein Ruhen-IN-Sich. Dieser Friede gründet sich darauf, dass der Krieg in uns aufgehört hat. Sobald dieser innere Krieg ausgefochten und damit durchfühlt und erkannt und erlöst ist, kehrt die Süße einer Stille ein, die sich schwer beschreiben lässt. Möglicherweise kann der Hinweis auf einen stillen Bergsee ein Vergleich sein, der nicht zu sehr hinkt.

Eroberer des Friedens

Wir wechseln den Kontinent und blicken nach Indien. Dort begegnen uns die Jainas, deren oberstes Ziel, deren höchste Ausrichtung dieser eben besprochene existentielle Friede ist. Das Wort „jain“ bedeutet: Der Eroberer. Wer soll denn erobert werden? Nun, kein äußerer Feind! Der gesamte Blick richtet sich nach innen. Hinein in das innere Königreich. „Wie innen – so außen.“

Den Jainas geht es darum, sich selbst zu erobern. Den Krieg in sich selbst zu besiegen. Die Stille in sich selbst zu kultivieren, beispielsweise mit Meditation. Mit Übungen der Achtsamkeit. Mit Körperübungen. Mit Pranayama, bewussten Atmen. Mit Klängen. Mit Musik.

Für uns Westler ist das aus meiner Sicht kein passender Weg. Die meisten von uns sind zu verspannt, leiden unter Stress und Leistungsdruck. Für uns ist es gut, wenn wir diesen inneren Druck ausagieren. Beispielsweise durch Sport. Durch intensive Bewegung. Möglicherweise tut es gut, in einem geschützten Raum mal auf Kissen zu schlagen oder allein irgendwo aus vollem Hals zu brüllen. Sich auszuagieren. Und danach?

Danach die innere Stille kultivieren. Den inneren Frieden sich ausbreiten lassen. Dies ist ein Geschehen – weniger ein Tun. Es ist ein Zulassen – kein aktives Wollen. Dann füllt dieser innere Friede den inneren Raum. Dieser Friede sich setzt. Ruht in uns. Und wir handeln aus diesem Reservoir. Fried-voll. Meditativ. Wirkmächtig.

Das hat wohl Buddha gemeint, als er sagte: „Sitzen. Ruhen. Arbeiten.“ So erblüht ein Friede, der kein Gegenteil kennt.

Freiheit

Die andere Seite der Medaille ist Freiheit. Während dieser existentielle Friede zu einem Sinken in sich einlädt, ist Freiheit, wie sie hier gemeint ist, eine Bewegung der Weite. Das offene Herz, die ausgebreiteten Arme, der klare Blick, das Lachen des Augenblicks und die Freude des Moments gehen mit dieser Freiheit einher.

Diese Freiheit ist an keine wie immer geartete Bedingung geknüpft. Sie ist bedingungsfrei. Diese Freiheit – ich wiederhole das – ist ein Zustand in unserem Bewusstsein. Ein erstrebenswerter Zustand, der in einer hohen Frequenz schwingt.

Und da wir Menschen frequenzgebundene Wesen sind – gleich und gleich gesellt sich gern – ist es natürlich auch wundervoll, wenn wir einander auf dieser feinen Ebene begegnen und ein ‚Neues WIR‘ zusammen formen. Das kann eine VISION sein, die sich im JETZT erfüllt. In Frieden, in Freiheit. In Liebe.

 

Über den Autor:

Karl Gamper ist Bewusstseinsforscher, Dozent und Autor mehrerer Bücher. Zusammen mit seiner Frau Jwala Gamper hat er das Akademie- und Forschungszentrum NeuLand gegründet. Sein Ziel ist es, Menschen auf dem Weg der Bewusstseinsentwicklung zu unterstützen und somit die Evolution der Menschheit hin zu einer friedvollen Gesellschaft zu fördern. Weitere Infos: www.gamper.com