Der Nationalrat hat sich mit einer Mehrheit von links bis bürgerlich für die «Nur Ja heisst Ja»-Lösung im Vergewaltigungstatbestand ausgesprochen. Er folgt damit einem zentralen Anliegen von Menschenrechtsaktivist*innen und von Betroffenen sexualisierter Gewalt. Amnesty Schweiz begrüsst diesen wegweisenden Entscheid und ruft das gesamte Parlament dazu auf, der zeitgemässen Reform des Sexualstrafrechts nun zum Durchbruch zu verhelfen.

«Das ist ein grosser Erfolg nach jahrelangem Einsatz von Frauenrechtsaktivist*innen, von Betroffenen sexualisierter Gewalt und Organisationen der Zivilgesellschaft», sagt Cyrielle Huguenot, Frauenrechtsverantwortliche bei Amnesty Schweiz: «Der Entscheid der Nationalrats zeigt, dass parteiübergreifend Parlamentarier*innen endlich im Schweizer Strafrecht festschreiben wollen, was längst in der Gesellschaft angekommen ist und in immer mehr europäischen Ländern gilt: Sex ohne Zustimmung ist eine Vergewaltigung und wird entsprechend bestraft».

«AUCH DER STÄNDERAT SOLLTE SICH JETZT ENTSCHIEDEN HINTER DIE ZUSTIMMUNGSLÖSUNG STELLEN UND DAMIT ENDLICH KLAR SIGNALISIEREN, DASS DIE SEXUELLE SELBSTBESTIMMUNG VOLLUMFÄNGLICH ZU SCHÜTZEN IST.»Cyrielle Huguenot, Frauenrechtsverantwortliche bei Amnesty Schweiz.

Nachdem sich der Bundesrat und Ständerat im Frühling noch für eine «Nein heisst Nein»-Lösung ausgesprochen hatten, hat der Nationalrat heute mit einer klaren Mehrheit für ein modernes Sexualstrafrecht votiert. «Auch der Ständerat sollte sich jetzt entschieden hinter die Zustimmungslösung stellen und damit endlich klar signalisieren, dass die sexuelle Selbstbestimmung vollumfänglich zu schützen ist und das schockierende Ausmass an sexuellen Übergriffen in der Schweiz nicht länger toleriert wird», sagt Cyrielle Huguenot.

In diesen 14 europäischen Staaten ist das Zustimmungsprinzip bereits Gesetz: Belgien, UK, Luxemburg, Island, Malta, Schweden, Griechenland, Zypern, Dänemark, Slowenien, Irland, Kroatien, Finnland und Spanien. Die beiden letzten haben die «Nur Ja heisst Ja»-Lösung dieses Jahr eingeführt. Auch in den Niederlanden sind entsprechende Reformen auf dem Weg.

Amnesty International hatte im Mai 2019 erstmals zu einem konsensbasierten Sexualstrafrecht und weiteren Massnahmen gegen sexualisierte Gewalt in der Schweiz aufgerufen und diese Forderungen zusammen mit Partnerorganisationen in einer breit sichtbaren Kampagne in die Öffentlichkeit getragen. Zentrale Kritikpunkte wurden unterdessen von Bundes- und Kantonsregierungen sowie Politiker*innen diverser Parteien anerkannt. So hat Bundesrätin Karin Keller-Sutter angekündigt, dass sie einen Dialog mit den Kantonen initiiert hat, um die Datengrundlage und die Ausbildung und Sensibilisierung der Strafverfolgungsbehörden im Umgang mit von sexualisierter Gewalt Betroffenen zu verbessern. Nun müssen darauf rasch auch konkrete Massnahmen folgen.

 

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