Am 7. August wurde eine Ratenzahlung des zahlungsunfähigen internationalen Immobilienkonzerns Evergrande fällig. Das Handelsblatt meldet am selben Tag, dass ein Konkursantrag beim Hongkonger Gericht gestellt worden sei. Der Börsenhandel mit Aktien der Evergrande Group sei ausgesetzt.

2021 geriet das Unternehmen mit Verbindlichkeiten von 284 Milliarden Euro in Schieflage. Die US-Ratingagentur Fitsch hat den Immobilienkonzern auf das CC-Niveau abgestuft. Die Kursverluste wurden bedenklich.

Der internationale Konzern hat einen Dienstsitz in der Sonderwirtschaftszone Shenzhen. Als Holding-Gesellschaft ist die Group aber im Steuerparadies der Cayman Islands, einer ex-britischen Kolonie in der Karibik registriert.

Evergrande entwickelt, baut und vermarktet privates Wohnungseigentum. Der internationale Konzern besitzt in 22 chinesischen Städten Baugrundstücke und Immobilien (Wikipedia). In der Volksrepublik China entwickelte sich der Markt von Eigentumswohnungen für gehobene Einkommensgruppen auf Grund der Wirtschaftsergebnisse gut. Evergrande hat die Geschäftsmöglichkeiten im Wohnungsbau und den Verkauf spekulativ bis zu einer Blase getrieben. Wichtig zu wissen: Die Wohnungsbauvorhaben des Konzerns waren zu keinem Zeitpunkt Bestandteil eines staatlichen Planes.

Leidtragende eines möglichen Konkurses von Evergrande werden die chinesischen und ausländischen Wohnungskäufer und die Kleinaktionäre sein. Soziale Unruhen könnten anhand der Größe der Blase erwartet werden. Ein Umstand, den sich die Regierung bei der gegenwärtigen geopolitischen Situation nicht wünscht. Vielleicht aber politische Provokateure, die zurzeit Spannungen zwischen den USA und Chinas anheizen, wie z.B. der Sender NBC mit seinen „War Games“ im Mai 2022 (Berliner Zeitung 6.8.2022) oder diplomatische Besuchsreisen hochrangiger Politiker der USA und der EU nach Taiwan. Der geistige Boden für gefährliche Auseinandersetzungen der beiden Großmächte ist nach den Reden von Präsident Biden in Madrid zur NATO-Tagung und in Elmau zum Gipfeltreffen der G7 vorbereitet.

Chinas Staatspräsident Xi hat sich zur Blase und zu den möglichen Folgen geäußert: „Chinas Regierung wird die ausländische Evergrande nicht mit Hilfsgeldern unterstützen, wohl aber die chinesischen Betroffenen. Einen Rettungsfonds mit 11,8 Milliarden Yuan beabsichtige die Regierung aufzulegen. Die chinesische Zentralbank ist zurückhaltend. Das Problem ist außerhalb des staatlichen Landesplanes entstanden.

Evergrande hat das (sozialistische) Grundprinzip der Bilanzierung der Planungselemente fahrlässig missachtet. Ein Fehler, der auch im marktwirtschaftlichen Deutschland bei vielen Investitionsobjekten passiert (Flugplatz Berlin, Bahnhof Stuttgart, Oper Hamburg u.v.m.). Fehler, die im finanziellen Kreislauf nach Quesney, Marx stecken.

Es besteht noch ein weiterer Grund zur internationalen Sorge. Die letzte großen Krise des kapitalistischen Systems brach 2008 ebenfalls mit einer Immobilienkrise aus. Lehmen Brother, ein relativ kleines Unternehmen, wurde durch Spekulationsstrategien zahlungsunfähig. Mit milliardenschweren Rettungsschirmen aus Steuergeldern mussten u.a. auch deutsche Banken vor dem Ruin bewahrt werden.

Der Chefvolkswirt Asien, Gerwin Bell, des Immobilienfinanzierers PGIM rechnet mit Immobilien-Wertverlusten von bis zu 30 Prozent. Internationale Immobilienanleihen könnten bis zu 90 Prozent ihres Wertes verlieren (Berliner Zeitung 6./7.8.2022).