Überdenkt die Visapolitik und stellt die Reisefreiheit aller Weltbürger:innen sicher.

Die Bürger:innen des globalen Südens sind in scheinbar endlose Konflikte verwickelt und leiden unter Armut, den Auswirkungen des Klimawandels, Autoritarismus und internen Kriegen, die zu einer ständig steigenden Zahl von Binnenvertriebenen und Flüchtlingen führen.

All diese Menschen sind die Hauptleidtragenden der Einschränkung des Grundrechts auf Mobilität.

Ein Recht, das in den Verfassungen der westlichen Länder, in der EU-Charta der Grundrechte und in der Erklärung der Menschenrechte verankert ist. Dennoch ist es ein Recht, das nur den Bürger:innen reicher Länder – meist in der westlichen Hemisphäre – erlaubt, zu reisen, ein Flugzeug zu nehmen und ein Ziel zu wählen. Jedes Ziel, das ihr Reisepass zulässt.

Pass-Indizes – Instrumente, die eine Rangfolge der Pässe aufstellen und die mächtigsten und die am wenigsten mächtigen Pässe identifizieren – stellen regelmäßig die Kluft zwischen dem Recht auf Freizügigkeit in den reichen Ländern und in den Entwicklungsländern ins Rampenlicht. Diese Kluft ist durch die Pandemie der letzten zwei Jahre immer größer geworden.

Im Grunde ist es für Millionen von Menschen schwierig und teuer, einen Pass zu bekommen, und wenn sie einen haben, ist es schwierig, ein Visum für Reisen ins Ausland zu erhalten.

Hier geht es nicht um Bürger:innen erster und zweiter Klasse. Es geht um freie Bürger/Individuen und „gefangene“ Bürger:innen/Individuen. Für letztere besteht die einzige Möglichkeit, das Joch abzuschütteln, oft darin, ihr Glück zu versuchen und zu würfeln, während sie die Wüste, das Mittelmeer, die von Waffen, Mauern und Stacheldraht bewachten Grenzen durchqueren.

Die Staaten – vertreten durch ihre Botschaften – haben sich angesichts der erheblichen Verschlechterung des Rechts auf Mobilität gelinde gesagt als „unaufmerksam“ erwiesen, da sie jedes Jahr strengere Vorschriften für die Erteilung von Visa erlassen haben. Offenbar gilt der Grundsatz der Gegenseitigkeit zwischen den Staaten nicht für die Pass- und Visapolitik.

So gibt es auf der einen Seite „gute“ Pässe wie die der Emirate, Japans, Deutschlands und Italiens, mit denen man in fast alle Länder der Welt ohne Visum reisen kann, während es auf der anderen Seite Pässe gibt, die nichts wert sind, da sie von Ländern ausgestellt werden, in denen seit langem Krieg herrscht: Syrien, Jemen, Afghanistan, Sudan und andere Länder in den so genannten Entwicklungsgebieten, allen voran der afrikanische Kontinent, aus dem jeden Tag eine unbestimmte Zahl von Migrant:nnen auf der Suche nach Zuflucht oder mehr Glück aufbricht. Diese Migrant:inneen wurden als illegal eingestuft, aber sie haben sicherlich keine andere Möglichkeit zu reisen.

Wir leben in einer Zeit, in der Reichtum und Macht gefördert, Barrieren aller Art errichtet und die Menschen gespalten werden, während alle Auswirkungen dieser Politik ignoriert werden: Ungleichheit, Armut, psychische Krankheiten, soziale Schwierigkeiten, Konflikte. All dies führt dazu, dass die erzwungene und gefährliche Migration zunimmt. Es ist ungerecht, dass Millionen von Menschen in ihren eigenen Ländern gefangen sind und nicht von ihrem Recht Gebrauch machen können, zu reisen, ihr Leben zu ändern und nach anderen Möglichkeiten zu suchen. Genau wie alle anderen Menschen, die dieses Recht genießen.

Wenn wir der Ungleichheit in der Mobilität kein Ende setzen, werden auch alle anderen Ungleichheiten nicht abnehmen. Und die Abschottung der Grenzen wird die Migration nicht aufhalten. Die so genannte illegale Migration wird in erster Linie durch soziale Ungerechtigkeit verursacht. Und sie wird „illegal“ durch die Unmöglichkeit, ein universelles Recht auszuüben.

Wir appellieren an die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, den Präsidenten des Europäischen Parlaments, David Maria Sassoli, den italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi und an die führenden Politiker der europäischen Regierungen, die Visapolitik so zu überarbeiten, dass afrikanische und alle anderen Bürger:innen der Welt, die heute nicht auf legalem Wege reisen können, das gleiche Recht und die gleiche Freizügigkeit genießen wie die Menschen in Europa.

Heute ist es dringender denn je, eine ernsthafte Mobilisierung – und ebenso ernsthafte gesetzgeberische Maßnahmen – zu fördern, um diese Ungleichheit an der Wurzel zu packen, die zum Verlust von Menschenleben und zu ständigen sozialen Spannungen führt.

Der Initiative, die von Antonella Sinopoli und Voci Globali zusammen mit Articolo 21 gefördert wird, haben sich zahlreiche Organisationen angeschlossen, darunter: ARCI, ASGI, Carta di Roma, Gariwo Foundation, Melting Pot Europa, Migreurop, Nigrizia, Pressenza (Internationale Presseagentur), Refugees Welcome España, ResQSaving People und Persönlichkeiten, darunter: Laura Silvia Battaglia, Angela Caponnetto, Gherardo Colombo, Lucia Ghebreghiorges, Francesco Malavolta, Filippo Miraglia, Giusi Nicolini, Nancy Porsia, Nello Scavo, Andrea Segre, Cecilia Strada, Jean Leonard Touadi, Mussie Zerai.

Die vollständige Liste der italienischen Unterstützer finden Sie auf der Petitionsseite in italienischer Sprache.

Zum Unterzeichnen: https://vociglobali.it/passports-stop-to-privileges/

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Anita Köbler vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!