Die Deutsche Bank steht in den USA vor Rechtsstreitigkeiten wegen mutmaßlichen Greenwashings. Das Geldhaus musste seit 2018 bereits 17 Milliarden US-Dollar an Strafzahlungen leisten.

Die Deutsche Bank steht erneut vor langwierigen juristischen Auseinandersetzungen in den USA – diesmal wegen mutmaßlichen Greenwashings. Konkret wird ein Tochterunternehmen des Geldhauses, der Fondsanbieter DWS, beschuldigt, Etikettenschwindel bei „grünen“ Investmentprodukten betrieben zu haben. Ausgelöst wurde der Skandal durch Berichte einer Whistleblowerin, die in einem Zeitungsinterview über die Praxis ihres früheren Arbeitgebers DWS berichtet hatte, seine „grünen“ Aktivitäten übertrieben dargestellt zu haben – wohl, um auf dem stark boomenden Markt für ökologisch nachhaltige Finanzprodukte Erfolge zu erzielen. Für die Deutsche Bank ist der neue Rechtsstreit ein schwerer Rückschlag bei ihrem Versuch, einen Imagewechsel in den USA einzuleiten. Die Liste ihrer dortigen Gesetzesverstöße und Strafzahlungen ist lang; Berichten zufolge hat sie allein seit 2008 Strafen in Höhe von 17 Milliarden US-Dollar begleichen müssen. Die einstige Hausbank von Donald Trump hatte unter anderem Geschäftsbeziehungen zu dem kriminellen Milliardär und vielfachen Vergewaltiger Jeffrey Epstein.

Ermittlungen gegen die Deutsche Bank
Die Deutsche Bank steht abermals vor langwierigen juristischen Auseinandersetzungen in den Vereinigten Staaten. Laut Medienberichten soll das größte deutsche Finanzinstitut gegen Auflagen aus einem früheren Vergleich mit der US-Justiz verstoßen haben, der das skandalumwitterte Geldhaus verpflichtete, jeglichen internen Verdacht auf Gesetzesverstöße unverzüglich den Strafverfolgungsbehörden zu melden.[1] Konkret geht es in dem Fall um ein Tochterunternehmen der Deutschen Bank, den Fondsanbieter DWS, der beschuldigt wird, Etikettenschwindel bei „grünen“ Investmentprodukten betrieben zu haben. Der Vermögensverwalter habe in seinen Geschäftsberichten „gelogen“ und sich bei konkreten, als „grün“ und „nachhaltig“ auswiesenen Investments „weniger nach ökologischen oder ethischen Kriterien gerichtet als offiziell angegeben“, heißt es. Inzwischen habe die US-Börsenaufsicht SEC und die Bundesstaatsanwaltschaft in Brooklyn Untersuchungen zu dem „nachlässigen“ Umgang mit Kriterien für nachhaltige Investitionen eingeleitet, die sich aber noch in einem „frühen Stadium“ befänden. Auch die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) habe Ermittlungen eingeleitet. Der erneute Skandal treffe die Deutsche Bank und ihrer Fondstochter „hart“, hieß es bereits im August, da die Bank ihre Finanzprodukte „besonders intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit“ beworben habe.[2] Allein der Börsenwert der DWS sei seit dem Sommer um rund eine Milliarde Euro eingebrochen.

Whistleblowerin entlassen
Losgetreten hatte den jüngsten Skandal der Deutschen Bank eine Whistleblowerin. Desiree Fixler, „Nachhaltigkeitschefin“ der DWS, gab im Frühjahr dieses Jahres dem „Wall Street Journal“ (WSJ) ein Interview, in dem sie über das Greenwashing ihres Arbeitgebers berichtete. Die ehemalige Fondsmanagerin, die nach internen Auseinandersetzungen im März entlassen worden war, sei der Meinung, die DWS habe „den Umfang ihres Engagements in nachhaltigen Investments übertrieben dargestellt“, wurde berichtet. Die daraufhin eingeleitete Untersuchung der US-Justiz habe in der Branche für großes Aufsehen gesorgt und werde als „ernsthafter Weckruf“ bezüglich der Risiken des Greenwashings von Investitionen eingestuft, heißt es.[3] Fixler hatte gegenüber dem WSJ erklärt, sie habe intern Einspruch gegen den DWS-Jahresbericht erhoben. Der Fondsanbieter der Deutschen Bank behauptete darin, ökologische und soziale Nachhaltigkeitskriterien (ESG, Environmental Social Governance) befänden sich „im Herzen all dessen …, was wir tun“. Mehr als die Hälfte der DWS-Investments erfüllten demnach die ESG-Kriterien. In einer Präsentation gegenüber dem DWS-Vorstand habe Fixler hingegen darauf hingewiesen, der deutsche Fondsanbieter habe „keine klare Ambition oder Strategie „im Bereich ESG und entwickle kaum eine „Politik bezüglich Kohle und anderer Themen“. Das ESG-Team sei auch nicht „integraler Teil der Entscheidungsfindung“ bei DWS-Investitionen. Der Fondsanbieter erklärte hingegen, er stehe zu den Aussagen in seinem Jahresbericht und weise die „Anschuldigungen unserer früheren Angestellten“ zurück.

Die deutsche Skandalbank
Für die Deutsche Bank stellen die jüngsten Enthüllungen ein Desaster dar. Das Geldinstitut hatte sich noch vor kurzem um einen Imagewechsel in den Vereinigten Staaten bemüht. Die Liste seiner Gesetzesverstöße und entsprechender Strafzahlungen in den USA ist lang: Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg soll die größte deutsche Bank dort seit 2008 Strafen in Höhe von 17 Milliarden US-Dollar beglichen haben.[4] Erst im Januar 2021 hatte die Deutsche Bank in einem Korruptions- und Schmiergeldskandal einen millionenschweren Vergleich gezahlt und versprochen, künftig etwaige Unregelmäßigkeiten sofort den Behörden zu melden. Das führende deutsche Geldhaus musste unter anderem wegen zwielichtiger Subprime-Hypothekengeschäfte, wegen Geldwäsche in Russland, aufgrund der Manipulation der Referenzzinssätze Libor und Euribor, wegen umfassender Verstöße gegen das Iran-Embargo und aufgrund seiner Geschäftsbeziehungen zu dem kriminellen Milliardär und vielfachen Vergewaltiger Jeffrey Epstein Strafzahlungen leisten. Hinzu kommen Vorwürfe der Steuerhinterziehung, die das Image des deutschen Finanzhauses in den USA schwer beschädigten.[5] Überdies galt die Deutsche Bank als Hausbank von Ex-US-Präsident Donald Trump, die dessen Familienunternehmen, der Trump Organization, noch Kredite gewährte, als „andere Banken sich längst zurückgezogen hatten“, wie es in Medienberichten hieß.[6] Erst Mitte Januar 2021, nachdem der Sturm auf das Kapitol gescheitert war, brach die Deutsche Bank die Geschäftsbeziehungen mit Trump ab, der dem Geldhaus angeblich rund 340 Millionen US-Dollar schuldet. Insgesamt sollen Deutsche Bank-Kredite in Höhe von 2,5 Milliarden US-Dollar an Trumps weitverzweigtes Firmenkonglomerat geflossen sein.

Gescheiterter Imagewechsel
Noch im Oktober bemühte sich die Führung der Deutschen Bank, ein neues Kapitel in ihren US-Aktivitäten aufzuschlagen und einen grundlegenden Imagewechsel einzuleiten.[7] Anlässlich des Umzugs in ein neues Hauptquartier im New Yorker Time Warner Center sprach Vorstandschef Christian Sewing von einem „starken Signal“; man wolle in den USA eine „gewichtige Rolle“ spielen. Der US-Markt sei „der zweitgrößte Markt für die Deutsche Bank nach unserem Heimatmarkt Deutschland“, konstatierte Sewing, der eine „Neuausrichtung“ und eine „Gesamtveränderung“ im Geschäftsgebaren der Skandalbank versprach. Noch im Sommer 2019 hatte die Deutsche Bank in den USA tausende Mitarbeiter gekündigt; es gab Spekulationen, das Geldhaus könne sich komplett aus den Vereinigten Staaten zurückziehen. Nun hieß es, das Institut stehe vor einem Neustart in den USA.

Boom „grüner“ Investitionen
Es scheint indes kein Zufall zu sein, dass der jüngste Skandal um die Deutsche Bank ausgerechnet durch Vorwürfe ausgelöst wurde, sie betreibe Greenwashing von Finanzprodukten. Die Branche der angeblichen Öko-Investments boomt derzeit.[8] So sind allein in den USA im Jahr 2020 rund 51 Milliarden US-Dollar in Anlageprodukte geflossen, die den Anspruch erheben, ökologisch nachhaltig zu sein. Das verstärkte Interesse an „grünen“ Investitionen verstärkt Tendenzen zum ökologischen Etikettenschwindel, die nicht nur bei der Deutschen Bank zu beobachten sind. Laut dem US-Wirtschaftsmagazin Forbes wird auch Europas größte Bank, die britische HSBC, von Investoren verdächtigt, Greenwashing betrieben zu haben.[9] Das Finanzinstitut habe öffentlich erklärt, „CO2-neutral“ agieren zu wollen, spiele zugleich aber eine führende Rolle bei der Finanzierung der Kohleindustrie und habe noch kurz vor seiner Ankündigung, auf Klimaneutralität zu orientieren, zusätzliche 1,8 Milliarden US-Dollar in Unternehmungen der fossilen Energieindustrie gepumpt. Nichtregierungsorganisationen prangern indes eine generelle Tendenz innerhalb der Finanzindustrie an, sich mit ökologischen Investitionen zu schmücken, was sich bei genauem Hinsehen allerdings als bloß vorgetäuscht erweise.[10] Demnach hätten die 60 größten Privatbanken der Welt in den fünf Jahren seit dem Abschluss des Pariser Klimaabkommens rund vier Billionen US-Dollar in Projekte der fossilen Energieindustrie investiert – ein „Rekordwert“, der in einem „dramatischen“ Widerspruch zu den öffentlichen Äußerungen vieler dieser Banken stehe. Das Finanzhaus BNP Paribas etwa bezeichne sich in Selbstdarstellungen als „die Bank, die die Welt verändert“. Zugleich habe sie aber zwischen 2016 und 2020 ihre Finanzierung von Projekten der fossilen Energieindustrie um 142 Prozent ausgeweitet. Die Bank sei nun einer der wichtigsten „Finanzierer von Offshore-Öl- und Gasprojekten“.

[1] Neuer Ärger für die Deutsche Bank. tagesschau.de 09.12.2021.

[2] Ermittlungen gegen Deutsche-Bank-Fondstochter. tagesschau.de 26.08.2021.

[3] DWS greenwashing probes shift fund industry into high alert. fnlondon.com 31.08.2021.

[4] „Die Deutsche Bank möchte hier sein“. tagesschau.de 21.10.2021.

[5] Deutsche Bank: Eine lange Geschichte von Skandalen. dw.com 20.09.2021.

[6] Deutsche Bank: Keine Geschäfte mehr mit Trump? dw.com 12.02.2021.

[7] „Die Deutsche Bank möchte hier sein“. tagesschau.de 21.10.2021.

[8] Ermittlungen gegen Deutsche-Bank-Fondstochter. tagesschau.de 26.08.2021.

[9] Europe’s Largest Bank Suspected Of Greenwashing. forbes.com 10.01.2021.

[10] Many Banks Committing to Climate Goals Are Engaging in Greenwashing. sierraclub.org 24.03.2021.

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