Steven Donziger, ein Anwalt der 2011 in Ecuador eine Klage in Höhe von 9,5 Milliarden Dollar gegen den US-Energiekonzern Chevron gewonnen hat, wurde jetzt von einem US-Gericht zu sechs Monaten Haft verurteilt.

2019 wurde Donziger wegen Verachtung des Gerichts angeklagt und unter Hausarrest gestellt. Er ist seit mehr als zwei Jahren in seiner Wohnung in New York City eingesperrt, weil er ein Fluchtrisiko darstellt.

Die jetzige erneute Verurteilung erfolgte einen Tag, nachdem Donzigers Anwälte dem Gericht ein Gutachten einer Arbeitsgruppe unabhängiger Experten der Vereinten Nationen vorgelegt hatten, das seinen Hausarrest als Verstoß gegen internationale Menschenrechtsnormen feststellte.

Die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierung (WGAD) ist ein Gremium von fünf internationalen Juristen und Menschenrechtsexperten, die vom UN-Menschenrechtsrat ernannt wurden. Die WGAD-Analyse kam zu dem Schluss, dass „die verlängerte Untersuchungshaft von Herrn Donziger durch dieses Gericht nach internationalen Menschenrechtsstandards ‚willkürlich‘ und daher rechtswidrig ist“.

Die Gruppe stellte „sehr schwere“ Verstöße gegen zahlreiche Artikel des Internationalen Pakts über bürgerliche politische Rechte fest sowie „entsetzliche“ Verstöße gegen die UN-Grundprinzipien über die Rolle von Rechtsanwälten. In der Erklärung der WGAD heißt es, dass das vom Völkerrecht vorgeschriebene Rechtsmittel darin besteht, 2Herrn Steven Donziger unverzüglich freizulassen und ihm ein durchsetzbares Recht auf Entschädigung und andere Wiedergutmachungen zu gewähren“.

Schließlich forderte die Arbeitsgruppe die US-Regierung auf, „eine vollständige und unabhängige Untersuchung der Umstände sicherzustellen“ und Folgeverfahren einzuleiten.

Die jetzige erneute Verurteilung des Rechtsanwalts Steven Donziger ist die jüngste Episode politischer Rache gegen ihn durch das US-Justizsystem im Namen von Chevron, der Ölindustrie und der US-imperialistischen Interessen in Südamerika.

Im August 2020 wurde Donziger von der New Yorker Berufungsrichterin Judith Gische wegen „ungeheuerlichen beruflichen Fehlverhaltens“ von der Ausübung seines Berufs ausgeschlossen.

Donziger wurde angegriffen, weil er einen jahrzehntelangen Kampf gegen Texaco, das 2001 von der Chevron Corporation übernommen wurde, wegen der Verschmutzung des Amazonas-Regenwaldes und der Kontamination einem Ölfeld in Ecuador geführt hatte.

Donziger und weitere Anwälte hatten im Namen von über 30.000 Bauern und Indigenen eine Sammelklage gegen Texaco angestrengt und das Unternehmens als verantwortlich für die massive Kontamination beschuldigt. Nach einem Besuch des Gebiets erklärte Steven Donziger die Region zum „Tschernobyl von Amazonia“.

Die Sammelklage wurde ursprünglich in New York City eingereicht, wo sich der Hauptsitz von Texaco befand. Da die Kläger eigentumslos waren, wurde die Klage von der Amazon Defense Coalition und anderen finanziert. Nach der Fusion argumentierte Chevron, dass Texaco bereits seinen Betrieb in Lago Agrio bereinigt habe und sein lokaler Partner für die Kontamination verantwortlich sei.

Chevron überzeugte daraufhin das US-Gericht, dass der Fall in Ecuador verhandelt werden müsse. Im Gegenzug verlangte das US-Gericht von Chevron die Zusage, die Entscheidung der ecuadorianischen Gerichte zu akzeptieren. In einem Dokumentarfilm mit dem Titel Crude (2009) werden alle Schäden dokumentiert.

Im Jahr 2011 sprach ein ecuadorianisches Provinzgericht Chevron für schuldig, und schliesslich wurde ein Schadensersatz in Höhe von 9,5 Milliarden US-Dollar zugesprochen. Um eine Zahlung zu vermeiden, verlegte Chevron sein gesamtes Vermögen aus Ecuador und zwang die Kläger, ihre Entschädigung vor Gerichten in Kanada, Brasilien und Argentinien durchzusetzen. In allen drei Fällen lehnten die Gerichte Donzigers Antrag auf Beschlagnahme von Chevrons Vermögen ab.

Dann wurde von Chevron und der US-Justiz eine Gegenprozesskampagne eingeleitet. Im Jahr 2011 reichte Chevron eine zivilrechtliche RICO-Klage (Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act) gegen Donziger ein und beschuldigte ihn, einen ecuadorianischen Richter bestochen, das Schadensersatzurteil als Ghostwriter geschrieben und Umweltstudien „korrigiert“ zu haben. Das Bundesgesetz RICO wurde ursprünglich angewandt, um organisiertes Verbrechen zu verfolgen.

Im Jahr 2014 entschied Richter Kaplan, dass das Urteil der ecuadorianischen Sammelklage ungültig sei, weil Donziger es durch „kriminelle“ Aktivitäten erreicht habe, darunter Erpressung, Betrug, Geldwäsche, Justizbehinderung, Bestechung, Nötigung, Zeugenmanipulation und Erpressung. Kaplan entschied auch, dass Donziger Chevron 800.000 Dollar im Rahmen der RICO-Vereinbarung zahlen musste.

Der Fall von Richter Kaplan basierte weitgehend auf der Aussage von Alberto Guerra, einem ehemaligen ecuadorianischen Richter, den Chevron 2013 aus „Sicherheitsgründen“ in die USA verlegt hatte. Guerra behauptete, Donziger habe dem ecuadorianischen Richter, der zugunsten der Kläger entschieden hatte, 500.000 US-Dollar bezahlt. 2015 widerrief Guerra seine Aussage vor einem internationalen Tribunal und erklärte, er habe über die Bestechung gelogen.

Während des Berufungsverfahrens wurde Donziger aufgefordert, seinen Computer, seine Mobiltelefone und andere elektronische Geräte an Chevron zu übergeben. Donziger weigerte sich, worauf die Anklage wegen Missachtung des Gerichts klagte.

Roger Waters, politischer Aktivist und Mitgründer der Rockband Pink Floyd hat sich konsequent gegen die Verfolgung Donzigers ausgesprochen und die Rechte der Ureinwohner Ecuadors eingefordert. Waters verurteilte auf einer Kundgebung vor dem Bundesgericht in New York City den Schuldspruch und forderte die sofortige Freilassung von Donziger.

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