Am geschichtsträchtigen 9. November lud die Sammlungsbewegung „Aufstehen“ zur Kundgebung in Berlin unter dem Motto: „Aufstehen für eine soziale Demokratie“. Neben Sahra Wagenknecht stand auch der nicht unumstrittene Ludger Volmer auf der Bühne.

Der 9. November ist in Deutschland mit vielen historischen Ereignissen verbunden. Sei es die Revolution von 1918, die in die Weimarer Republik mündete, die Verbrechen der „Reichspogromnacht“ oder der Fall der Mauer; das schicksalhafte Datum markierte stets einen Wendepunkt in der jüngeren deutschen Zeitgeschichte.

An diesem symbolträchtigen Tag versammelten sich Sympathisanten der Sammlungsbewegung „Aufstehen“ zu einer Kundgebung, um ein Zeichen gegen durch die Auswüchse des Neoliberalismus bedingte soziale Verwerfungen, Krieg, Ausbeutung sowie das generelle Primat der Wirtschaft über Politik und Gesellschaft zu setzen.

Etwa 1.000 Menschen fanden sich am Pariser Platz im Herzen Berlins ein. Zu den Rednern an diesem grauen Herbsttag zählten der Sozialdemokrat Marco Bülow, der bei den Mitgliedern und Sympathisanten der Bewegung nicht unumstrittene und ehemalige Grünen-Politiker Ludger Volmer, der Liedermacher und politische Linken-Aktivist Diether Dehm, der Linken-Politiker, Umwelt- und Friedensaktivist Uwe Hiksch und die Galionsfigur sowohl der Sammlungsbewegung als auch der Partei Die Linke Sahra Wagenknecht.

Bülow geißelte unter anderem den Umstand, dass „zehn Prozent“ der Bundesbürger „60 Prozent des Vermögens“ besitzen und dieses Phänomen die soziale Spaltung veranschauliche.

Politiker müssten dafür sorgen, dass kein Mensch in diesem Land mehr auf die Tafel angewiesen ist“, zeigte sich der SPD-Bundestagsabgeordnete überzeugt.

Das Mitglied im Bundesvorstand der NaturFreunde Deutschlands, Uwe Hiksch, appellierte an die Anwesenden es nicht zuzulassen, „dass die Neoliberalen unser Land Stück für Stück zerstören“. Die deutsche „Gesellschaft braucht eine Erneuerung“, zeigte sich unter anderem Hiksch überzeugt.

Die Reichen und die Herrschenden müssen wissen, wir lassen sie nicht mehr machen, das was sie die letzten fünfzig Jahre mit diesem Land gemacht haben“, rief der kämpferische Hiksch quer über den Platz.

Der stimmgewaltige Linken-Politiker Diether Dehm wusste zu berichten, dass es schon „immer, in jeder Partei“ schwer gewesen sei, „einen Arsch in der Hose zu haben“ und lobte dabei Sahra Wagenknecht als „brillante Imperialismuskritikerin“. Der anschließende Versuch, gemeinsam mit dem Publikum eines seiner zahlreichen Friedenslieder anzustimmen, gelang jedoch nur ansatzweise.

Die Kundgebungsteilnehmer setzten sich überwiegend aus Menschen älteren Semesters zusammen. Jüngere Menschen waren nur vereinzelt zu beobachten, was jedoch mit dem Auftakt der Veranstaltung um 13:00 Uhr in Zusammenhang stehen kann. Diesen begründete die Moderatorin der Kundgebung mit der Absicht der Initiatoren und Redner, im Anschluss noch an anderen Veranstaltungen rund um den 9. November teilnehmen zu wollen.

Wir verteidigen diese Republik gegen Rechtspopulisten, gegen die alten und neuen Nazis!“, knüpfte Ludger Volmer mit Verweis auf das geschichtsträchtige Datum an die Vorredner an.

Volmer ist bei den Sympathisanten der Sammelbewegung „Aufstehen“ alles andere als unumstritten. Der Vorwurf lautet, dass durch ihn deren Glaubwürdigkeit bereits in diesem Anfangsstadium Schaden nehmen würde. Begründet wird der Vorwurf mit der Tatsache, dass Volmer, ein selbsterklärter „politischer Pazifist“, als ehemaliger Staatsminister im Auswärtigen Amt unter Joschka Fischer den völkerrechtswidrigen NATO-Krieg gegen Jugoslawien ebenso befürwortete wie den in Afghanistan. Bei der Pressekonferenz am 4. September zur Gründung der Sammlungsbewegung attestierte er Bündnis 90/Den Grünen, keine pazifistische Partei mehr zu sein.

In seinem Buch über die Geschichte der Grünen aus dem Jahr 2009 bilanzierte Volmer, dass sich das Gewissen „ebenso auf strategische Fragen, wie das Überleben der Koalition als Voraussetzung etwa für die geplanten Sozialreformen“ erstreckte. Diese Beugung des eigenen Gewissens für ein höheres innenpolitisches Ziel mündete in seinem Fall dann wiederum in der sogenannten Agenda 2010.

Im Anschluss an die Kundgebung bat RT Deutsch Volmer darum, auf die Kritik an seiner Person einzugehen, was dieser jedoch ablehnte.

Am Schluss des offiziellen Gedenkens anlässlich des 9. November sei, erinnerte sich Sahra Wagenknecht, im Bundestag wieder „Einigkeit und Recht und Freiheit“ gesungen worden, doch „wer ein einiges Land“ wolle, „der muss die soziale Spaltung überwinden!“, sagte die Mitgründerin der Sammlungsbewegung.

Wer nicht will, dass rechte Rattenfänger immer stärker werden, der muss alles dafür tun, dass sich Menschen auch von der Politik vertreten fühlen, von dem was Regierungspolitik in diesem Land ist“, fuhr Wagenknecht kämpferisch fort.

„Bankster“ würden unter anderem mit Cum-Ex-Geschäften den Steuerzahler „um 32 Milliarden prellen, und die Bundesregierung weiß es, und sie guckt zu“.

Schlimmer noch, sie macht ein neues Bankengesetz, dass sie sich von den Banken schreiben lässt“, empörte sich Wagenknecht.

Zum Ende der Kundgebung wurde eine neben der Bühne aufgebaute Styropormauer symbolisch eingerissen, um damit gleichzeitig den Auftakt in eine sozialere Zukunft Deutschlands einzuleiten.

Video von Berlin Fernsehen: