Die bereits ergriffenen und weitere angekündigte Maßnahmen in Italien zeigen uns deutlich, dass Renzis Projekt lediglich den Unternehmen dient, indem es die freien Märkte stärkt und zugleich den öffentlichen Sektor schwächt, sowie zu Lasten der Arbeitnehmer geht.

Ein grausames neoliberales Projekt, das mit dem Akronym “mercpil” beschrieben werden kann, wobei “merc” Markt (mercato) und “pil” BIP (Prodotto Interno Lordo) bedeuten. Das beweist auch der bereits verabschiedete “Jobs Act” und noch zwei weitere Gesetzesvorlagen: die Senkung der IRES (Körperschaftssteuer, Anm. d. Übers.) und die Regulierung der Gewerkschaften.

Die Erhöhung der Erwerbsquote ist die Ausrede, die von Renzi benutzt wird, um seine Politik zu rechtfertigen. Aber, wie jeder weiß, der einfachere Weg zur Arbeitsplatzbeschaffung wäre die direkte staatliche Einstellung zur Stärkung der öffentlichen Dienstleistungen und Gemeingüter. Finanziert werden soll das alles durch Milliarden von Euros von der EZB, zum Vorteil der Banken und Börsen anstatt der Regierungen. Wenn sich Renzi tatsächlich um die Situation der Arbeitslosen und der italienischen Bevölkerung kümmern würde, hätte er Europa bezüglich grundlegender Fragen zum Euro herausgefordert, zum Beispiel durch Drucken zusätzlichen Geldes, was die Einstellung einer Million Menschen fördern könnte. Aber die tatsächlichen Ziele bleiben hinten dem “Wachstums-Mantra” verborgen. Erstens: garantierte Renditen für die Banken durch Zinsen auf die Staatsverschuldung ohne zu viel Auswirkungen auf die Bevölkerung, die sonst rebellieren würde. Denn das Wachstum gewährleistet ein höheres Steueraufkommen ohne Steuererhöhungen. Zweitens: freie Hand für die Unternehmen bezüglich Arbeitsbedingungen im Namen höherer Gewinne und somit auch höherer Investitionen.

Basierend auf dem Grundsatz, oder besser dem Dogma, dass die Produktion eine reine Angelegenheit der Unternehmen ist und ausschließlich sie Arbeit schaffen können, soll der Staat ein attraktives Klima für Investoren garantieren, um den Unternehmen die Entscheidung für den Standort Italien zu erleichtern, anstatt nach Spanien, Polen oder Rumänien abzuwandern. Für die Unternehmen zählen bekanntlich nur finanzielle Aspekte, deswegen gibt es bei ihrer Entscheidung für einen Standort lediglich ein Kriterium: geringere Ausgaben. Das heißt niedrige Löhne, hohe Arbeitsflexibilität, niedrige Sozialbeiträge und Unternehmensabgaben. Nicht umsonst war eine der ersten Maßnahmen Renzis der “Jobs Act”, der den Paragraphen 18 des Arbeitsgesetzes abgeschafft hat, damit die Unternehmen sich leichter von gewerkschaftlichen Verpflichtungen befreien können und besseren Zugang zu Zeitarbeit haben, was den Unternehmen Steuererleichterungen für die jeweils ersten drei Jahre jeder neuen Einstellung garantiert. Eine Maßnahme, um die ihn Margaret Thatcher beneiden würde. Aber das reicht den Unternehmen immer noch nicht, und Renzis Regierung eilt Confindustria (größte Arbeitgeberorganisation Italiens) zur Hilfe, indem sie die Rolle des nationalen tariflichen Rahmenvertrag ändern will, sodass die einzelnen betrieblichen Vereinbarungen höhere Priorität erlangen. Minister Poletti hat es deutlich gesagt: „Wir brauchen eine Vereinbarung, die näher an den Bedürfnissen der Unternehmen ist und größeren Schwerpunkt auf Produktivität legt“. Es geht also letztendlich um die Zerschlagung von Tarifverträgen, um so die Gewerkschaften zu schwächen, sodass am Ende Arbeitnehmer in einigen großen Konzernen zwar noch geringe Absicherungen haben, der Rest aber völlig außen vor bleibt.

Und dann ist da noch das Versprechen, die IRES zu senken, die derzeit bei 27,5% liegt. Es wird argumentiert, dass die Körperschaftssteuersätze in anderen europäischen Ländern geringer sind, in Irland sogar nur 12,5%, und so möchte Renzis Regierung nun dort etwas herausholen, indem sie die IRES um 2 bis 3 Prozentpunkte senken will. Das ist Musik in den Ohren der Unternehmen, die äußerst dankbar sind für dieses Europa mit gemeinsamen Markt, aber unterschiedlicher Politik. So können sie einfach den Unternehmenssitz dort wählen, wo der Steuersatz am niedrigsten ist. Kein Wunder also, dass das 1% der Reichsten jedes Jahr immer noch reicher wird.

Übersetzt aus dem Italienisch von Diego Guardiani