Die Ex-Sowjetrepublik Kirgistan ist als nunmehr fünftes Mitglied der von Russland geführten Eurasischen Wirtschaftsunion beigetreten. Mitglieder der Union, die als wirtschaftliches Pendant zur Europäischen Union verstanden wird, sind derzeit neben Russland und Kirgistan, Kasachstan, Weißrussland und Armenien. Zeitgleich unterzeichnete die Eurasische Wirtschaftsunion ein Freihandelsabkommen mit der Sozialistischen Republik Vietnam. Mit China laufen diesbezüglich Verhandlungen, Indien und Türkei zeigen sich interessiert.

Nach Jahren der politischen und wirtschaftlichen Agonie könnte für Kirgistan die Mitgliedschaft in der Eurasischen Wirtschaftsunion (EWU) eine Chance sein, von der Dynamik starker Wirtschaftsblöcke wie sie Russland oder Kasachstan darstellen zu profitieren.

Das 5,5 Millionen Einwohner umfassende Turkvolk ist mit einem Bruttoinlandsprodukt von 1.300 US-Dollar pro Kopf die ärmste Republik im zentralasiatischen Raum. Doch sind die Bindungen nach Russland auch mehr als 20 Jahre nach Ende der Sowjetunion immer noch sehr stark. Traditionell arbeiten viele Kirgisen in Russland als Gastarbeiter. Somit gelangen traditionell große Mengen an Devisen aus Russland in die ehemalige Sowjetrepublik. Auch für alle anderen Mitglieder, die von fallenden Handelsbeschränkungen profitieren, ist Kirgistan ein willkommener und historisch betrachtet bekannter Partner. Ein gemeinsames Freihandelsabkommen unterstreicht den ohnehin bestehenden Trend.

Die Regierungswebseite Kremlin.ru schrieb diesbezüglich:

„Infolge des Treffens des Obersten Eurasischen Wirtschaftsrates (SEEC) wurde eine Reihe von Dokumenten hinsichtlich des Beitritts Kirgistans zur Organisation unterzeichnet.“

In der Zwischenzeit einigten sich alle Mitglieder der EWU, inklusive Kirgistan, darauf, künftig einen gemeinsamen Strommarkt zu etablieren. Zudem soll der Gütertransport flächendeckend liberalisiert werden, wird berichtet.

In weiterer Folge erklärte der Rat der Eurasischen Wirtschaftsunion:

„Es wurden Entscheidungen über eine gemeinsame Freihandelszone zwischen der Eurasischen Wirtschaftsunion und der Sozialistischen Republik Vietnam getroffen. Verhandlungen mit China über ein gleiches Unterfangen laufen bereits.“

Derweil geht Russland davon aus, dass „ein intensiverer Handel und Investitionen die sozio-ökonomische Entwicklung in den EWU-Ländern stärken werden. Sie werden aber auch die Wettbewerbsfähigkeit der Mitglieder auf dem internationalen Parkett erhöhen und die Zufriedenheit der Bevölkerung im Land stimulieren.“

Der russische Präsident Wladimir Putin sagte diesbezüglich:

„Die eurasische Integration erwies sich bereits als wirksam: Der gegenseitige Handel zwischen den Mitgliedsstaaten wuchs seit der Gründung der EWU um fast 20 Milliarden US-Dollar und die Handelswege sowie die Infrastruktur haben sich deutlich verbessert. Während der Handel mit wissensintensiven oder industriellen Produkten gestiegen ist, hat sich der traditionell hohe Anteil des Rohstoffhandels von 40 auf 28,9 Prozent reduziert.“

Bezeichnend für das Interesse an neuen EWU-Partnern forderte der kasachische Präsident Nursultan Nazarbayev bei der Unterzeichnungszeremonie Kirgistans auch die Einbindung der Türkei in den eurasischen Wirtschaftsraum. Er konstatierte:

„Als der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan Kasachstan besuchte, drückte er das Interesse der Türkei an einer Unterzeichnung eines ebensolchen Handelsabkommens mit der Eurasischen Wirtschaftsunion aus. Wir müssen auch darüber reden.“

Das Wirtschaftsbündnis stehe erst am Anfang einer großen Entwicklung. „Wir haben die Eurasische Wirtschaftsunion gegründet, die heute erneut gewachsen ist: Armenien war das erste Mitgliedsland, nun heißen wir Kirgistan willkommen. Trotz der Tatsache, dass der Handel angesichts zahlreicher Krisen immer etwas hinterherhinkt, bin ich mir sicher, dass die Wirtschaftsunion Großes verspricht“, sagte Nazarbayev am Freitag während eines Treffens mit Putin. „Schauen Sie, wie viele Staaten teilnehmen wollen: Auch China will eine Freihandelszone. Wir unterzeichneten Verträge heute mit Vietnam. Die Türkei und Indien wollen mit uns sein. Mit anderen Worten: Diese Union wird mittlerweile geschätzt und hoch angesehen.“

Bildquelle: Wikimedia/ Kremlin.ru CC BY 3.0

Wikimedia/ Kremlin.ru CC BY 3.0

Das selbsterklärte Ziel der Eurasischen Wirtschaftsunion ist es, den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Kapital zu ermöglichen, eine koordinierte Politik in den Bereichen der Landwirtschaft und Industrie zu betreiben, bei großen Infrastrukturprojekten zu kooperieren und gemeinsame Energiemärkte für Erdgas- und Ölprodukte zu schaffen.