Was wie eine rein technologische Rivalität zwischen Huawei und NVIDIA wirkt, ist in Wirklichkeit der konkrete Ausdruck einer zivilisatorischen Wegscheide. Dieser Aufsatz argumentiert, dass der Wettbewerbsvorteil, den Huawei am 18. September 2025 verkündet hat, nicht in erster Linie in seiner Hardware liegt, sondern vielmehr in seinem Bekenntnis zu einem offenen, kollaborativen und anpassungsfähigen Systemparadigma, welches eine taoistische Vorstellung von Harmonie und Evolution widerspiegelt. Im Gegensatz zum westlichen Paradigma der Kontrolle und extremen Spezialisierung – das in einem stabilen Umfeld effektiv ist, aber angesichts von Veränderungen starr erscheint – betont das chinesische Modell Resilienz und kollektive Intelligenz als Schlüssel zum Überleben. Der technische Streit ist im Wesentlichen ein groß angelegtes Experiment, um herauszufinden, welches Paradigma am besten geeignet ist, um die Komplexität des 21. Jahrhunderts zu bewältigen, in dem technologische Autonomie zur neuen Säule von nationaler Souveränität wird.
Prolog: Der Tag, an dem sich die Technik-Welt spaltete
Am 18. September 2025 wurde im Shanghai World Expo Exhibition & Convention Center die in der Einleitung angekündigte historische Spaltung Realität. Eric Xu, Vizepräsident von Huawei, stellte nicht nur neue Produkte vor, sondern enthüllte auch die Roadmap des Unternehmens für die kommenden Jahre und präsentierte eine technologische Architektur, die auf ein alternatives Grundprinzip von Realität verwies (Huawei, 2025a; ITWare Latam, 2025). Dies war nicht nur eine kommerzielle Herausforderung der Vorherrschaft von NVIDIA, sondern die Verkörperung zweier völlig gegensätzlicher Weltanschauungen.
Der Kern der Ankündigung war sowohl philosophischer als auch technischer Natur. Huawei stellte seine SuperPoDs- und SuperClusters-Strategie vor. Stellen Sie sich vor, anstatt sich auf einen einzigen Formel-1-Motor zu verlassen, würden Tausende von effizienten Rennradmotoren über ein Getriebe miteinander verbunden, so perfekt, dass sie im Einklang arbeitend weitaus leistungsfähiger sind als der Rennwagen.
Jeder dieser Motoren ist ein Ascend-Chip. Das Getriebesystem ist das UnifiedBus-Verbindungsprotokoll. Das Chassis ist der SuperPoD. Huawei kündigte den Atlas 950 SuperPod (mit 8.192 Prozessoren) für 2026 und den Atlas 960 SuperPod (mit 15.488 Prozessoren) für 2027 an, mit der Absicht, sie zu „SuperClustern“ mit mehr als einer Million Chips zusammenzufassen (Gómez, 2025; Huawei, 2025a).
Dieser Schritt war eine direkte Reaktion auf einen explosiven geopolitischen Zusammenhang: US-Sanktionen verhinderten den Zugang Chinas zu den fortschrittlichsten Technologien, und vor allem beschloss die chinesische Internetaufsichtsbehörde, lokalen Unternehmen den Kauf bestimmter NVIDIA-Chips zu untersagen (EFE, 2025). Der Geniestreich von Huawei bestand darin, die Hardware durch eine Open-Source-Verpflichtung zu ergänzen und Technologien wie UnifiedBus zu veröffentlichen, um so weltweit Entwickler auf seine Plattform einzuladen (Huawei, 2025a). Gegenüber dem geschlossenen und proprietären Ökosystem von NVIDIA, welches durch seinen CUDA-Standard verkörpert wird, hisste Huawei die Fahne eines kollaborativen Netzwerks gegen die befestigte Große Mauer.
Die Botschaft, die auf dem Markt Anklang fand, war eindeutig: China hatte einen gangbaren Weg zu technologischer Autonomie gefunden. Der Film, der an diesem Tag seine Premiere feierte, handelte von einer Welt im Umbruch, in der die Fähigkeit eines Landes, seine digitale Zukunft unabhängig von ausländischen Lieferanten zu bestimmen, zur neuen Grenze seiner Souveränität wird.
Kapitel 1: Die Anatomie der Aufspaltung – Die Große Mauer und das lebendige Netzwerk
Der Wettbewerb zwischen Huawei und NVIDIA wird oft auf eine vereinfachte Frage reduziert: Wer hat den leistungsstärksten Chip? Diese Sichtweise verkennt die wahre Natur des Konflikts, der in einer grundlegenden Unterschiedlichkeit im Hinblick auf die Architektur der Rechenleistung besteht. Um die Zukunft zu verstehen, ist es unerlässlich, die jeweilige Anatomie der beiden konkurrierenden Modelle zu analysieren.
Das geschlossene Ökosystem: Die Große Mauer der Festung
Das von NVIDIA verkörperte Paradigma ähnelt einer mittelalterlichen Burg, die von einer großen Mauer umgeben ist. Es handelt sich um eine imposante Konstruktion, die uneinnehmbar sein soll und die um einen zentralen Machtkern herum gebaut wurde: um die Vorherrschaft des einzelnen Chips. Die Strategie besteht darin, jede Einheit – jede GPU – so leistungsfähig zu machen, dass sie jede Herausforderung abschreckt.
Diese Strategie basiert darauf, immer höhere Mauern zu errichten. Die Siliziummauer wird über den Zugang zu den weltweit fortschrittlichsten Chip-Produktionsstätten errichtet und erreicht eine Dichte und Rechenleistung, die für Wettbewerber mit nur eingeschränktem Zugang unerreichbar ist. Die Software-Mauer, CUDA, wird zur Außenmauer. Dieses eigentumsgeschützte Programmier-Ökosystem hat sich zu einem globalen Standard entwickelt und einen technologischen Burggraben geschaffen, sodass es mit unerschwinglichen Kosten verbunden wäre, darauf zu verzichten.
Die Entropie der Mauer: Die Abnutzung eines geschlossenen Systems
Dieses Modell birgt in sich jedoch den Keim seiner eigenen Schwäche: die Entropie. In der Thermodynamik misst Entropie den Grad der Unordnung in einem isolierten System, der tendenziell zunimmt. Eine isolierte Burg, egal wie hoch ihre Mauern sind, benötigt immer mehr Energie, um überhaupt Bestand zu haben.
Diese Gesetzmäßigkeit findet ihre Parallele in der Strategie von NVIDIA. Die Isolation durch eigentumsgeschützte Technologie macht das Ökosystem starr und verlangsamt seine Agilität. Das Gesetz des abnehmenden Ertrags bedeutet, dass jeder weitere Fortschritt in der Chip-Leistung kostspieliger ist als der vorherige und dabei auch an physikalische Grenzen stößt, wie die notwendige Verhinderung von Überhitzung. Als sich das Umfeld durch Sanktionen radikal veränderte, wurde die Fragilität der Mauer offenbar. Ihre Stabilität wurde zu Starrheit, und die steigenden Energiekosten, notwendig, um in einer zersplitterten Welt relevant zu bleiben, beschleunigen die ihr innewohnende Entropie (EFE, 2025).
Die offene Architektur: Die Kraft des lebendigen Netzwerks
Im Unterschied zu dieser starren Mauer präsentierte Huawei die Strategie des lebendigen Netzwerks. Während die Mauer Energie dafür aufwendet, sich selbst zu isolieren, gewinnt das Netzwerk durch das Herstellen von Verbindungen an Energie. Das Unternehmen erkannte seinen Nachteil im Wettlauf um einzelne Chips und entschied sich für ein anderes Evolutionsprinzip: Anpassungsfähigkeit durch Zusammenarbeit in großem Maßstab (Huawei, 2025a).
Der Kern ist eine dreischichtige Architektur. Die Soldaten sind die Ascend-Chips, effiziente Einheiten, die für Kl entwickelt wurden und einzeln vielleicht weniger leistungsfähig sind als die Lösungen von NVIDIA. Das Nervensystem ist der UnifiedBus, ein offenes Verbindungsprotokoll, das die Verbindung von Tausenden von Chips ermöglicht. Der Organismus sind die SuperPoDs und SuperClusters, modulare Systeme, die die einzelnen Einheiten derart integrieren, dass sie als eine gigantische Recheneinheit arbeiten können. Das Versprechen liegt nicht in der Leistung einer einzelnen Komponente, sondern im System als Ganzes. Huawei behauptet, dass ein Cluster mit 8.192 Ascend-Beschleunigern eine 6,7-mal höhere Leistung erzielt als das NVL144-System von NVIDIA (Huawei, 2025a).
Diese Architektur ist von Natur aus anpassungsfähiger. Sie basiert auf modularen Einheiten und einem offenen Standard, ist damit flexibel skalierbar und widerstandsfähiger gegen Störungen. Es handelt sich um die technologische Anwendung des Prinzips, welches es dem Homo sapiens ermöglichte, den Neandertaler zu überleben: Kollektive Intelligenz und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit in großem Maßstab übertrafen die rohe individuelle Kraft in einer sich verändernden Umgebung. Die Aufspaltung ist daher nicht zufällig, sondern philosophisch begründet: Optimierung und Kontrolle versus Resilienz und Offenheit.
Kapitel 2: Souveräne KI – Technologische Autonomie als ethische Notwendigkeit
Diese technische Aufspaltung ist kein Selbstzweck. Sie ist das Mittel zu einem höheren strategischen Ziel, das die Beziehung zwischen Technologie und nationaler Souveränität neu definiert: die Verwirklichung souveräner künstlicher Intelligenz.
Souveräne Kl ist die Fähigkeit eines Landes oder einer Gemeinschaft, Kl in Übereinstimmung mit den eigenen Gesetzen, Werten und nationalen Interessen zu entwickeln, zu steuern und zu nutzen, ohne in entscheidender Weise von Infrastrukturen oder Modellen abhängig zu sein, die von ausländischen Mächten kontrolliert werden. Ihre Konstruktion basiert auf drei Säulen, die die Architektur von Huawei ermöglichen soll: Datenhoheit (Kontrolle von Informationen innerhalb der Landesgrenzen), Rechenhoheit (Besitz physischer Infrastruktur wie SuperClusters) und algorithmische Hoheit (Beeinflussung der verwendeten KI-Modelle, ermöglicht durch den Open-Source-Ansatz) (Huawei, 2025b).
Der Vorteil von Sovereign Al ist kultureller Natur und basiert auf Resilienz. Er ermöglicht es jeder Nation, den Zugang zu Informationen zu „bearbeiten“ und die ethischen Grenzen der Kl zu definieren. Dies ist entscheidend für den Schutz der menschlichen Entwicklung, da es einem Land ermöglicht, zu entscheiden, wie seine Kinder mit diesen Tools in Kontakt kommen und wie sie in die Bildung integriert werden, um kulturelle Werte zu stärken und eine Gleichschaltung durch einen globalen Algorithmus zu vermeiden. Es ermöglicht eine kontextbezogene ethische Steuerung der Anwendungen, bei der das, was als „gefährlich“ oder „unproduktiv“ angesehen wird, den lokalen gesellschaftlichen Konsens widerspiegelt. In der nationalen und der Cybersicherheit ist dies unerlässlich: Die Abhängigkeit von ausländischer Kl zur Verwaltung kritischer Infrastrukturen ist ein existenzielles Risiko.
Diese Autonomie nicht anzustreben birgt die Gefahr, ein Land zu strategischer Abhängigkeit zu verurteilen und führt zu einer sogenannten „digitalen Kolonialisierung“. Seine Bürger werden von ausländischen Algorithmen geprägt, seine digitale Wirtschaft entwickelt sich nach den Bedingungen anderer, und es bleibt anfällig für Sanktionen aus dem Ausland, wird möglicherweise durch Entscheidungen ausländischer Regierungen der kritischen Technologien beraubt, so, wie es wiederholt im Konflikt zwischen den USA und China geschehen ist (EFE, 2025).
Gegenüber einem Paradigma von Sanktionen und Kontrolle präsentiert sich der chinesische Vorschlag, in gleicher Weise wie auch schon bei der Belt and Road Initiative, als Rahmen für multipolare Zusammenarbeit. Er zielt nicht auf Gleichschaltung ab, sondern auf die Schaffung eines Dachs, unter dem verschiedene Systeme koexistieren und sich entlang ihrer eigenen Bahnen entwickeln können. Es ist das Prinzip „wir betrachten, aber wir urteilen nicht“, angewandt auf den digitalen Bereich: eine Einladung zur technologischen Selbstbestimmung. Unter einem solchen Dach ist die Möglichkeit, dass ein lateinamerikanisches oder afrikanisches Land seine eigene Kl aufbaut, seine Sprache spricht und seine Geschichte respektiert, keine Utopie mehr, sondern ein realisierbares politisches Projekt.
Kapitel 3: Die Geopolitik der Talente – Die Große Mauer, das lebendige Netzwerk und die umgekehrte Abwanderung von Fachkräften
Wenn Technologie das neue Schlachtfeld ist, dann sind menschliche Talente die strategisch wichtigste Ressource. Die von Huawei im September 2025 angekündigte Aufspaltung ist nicht nur eine architektonische Unterschiedlichkeit von SuperPoDs gegenüber GPUs, sondern die Materialisierung eines Zusammenpralls von Ökosystemen der Macht, bei dem sich die globale Wanderung von Geistesgrößen neu ausrichtet und die Schaffung einer multipolaren technologischen Welt beschleunigt. Die „Große Mauer“ schränkt nicht nur Chips ein, sondern vertreibt in einem Bumerang-Effekt auch genau den Sauerstoff, der Innovation antreibt: mannigfaltige und globale Talente.
3.1. Zwang als Beschleuniger: Die beschleunigte Entropie der „Großen Mauer“
Die Radikalisierung der Sanktionen durch die Trump-Regierung hat nur den ausgrenzenden Charakter des „Great Wall“-Paradigmas bestätigt und seine inneren Widersprüche bis zu einem Punkt kritischer Entropie beschleunigt. Dieses auf Kontrolle und Beschränkung basierende Modell erzeugt negative äußere Effekte, die seine eigene Nachhaltigkeit untergraben.
- Die Instrumentalisierung des Unternehmens: Weit entfernt von einer Öffnung ist der eingeschränkte Verkauf von NVIDIA-Chips an China im Rahmen einer Vereinbarung, bei der das Unternehmen einen Prozentsatz seiner Einnahmen an die US-Regierung abführt, beispiellos. Dieser Schritt macht ein privates Unternehmen zu einem Instrument der Steuererhebung und der Außenpolitik und untergräbt weltweit bei seinen Partner jegliche Idee von technologischer Neutralität oder Rechtssicherheit. Vertrauen, die Grundlage des globalen Handels, bricht zusammen, wenn ein Unternehmen zum Instrument der Geopolitik gemacht werden kann.
- Vertiefung von grundsätzlichem Misstrauen: In Peking und in anderen Hauptstädten des Globalen Südens herrscht die Auffassung, dass die zum Verkauf freigegebenen Chips „Hintertüren“ für Spionage oder Fernabschaltung enthalten könnten. Dieses Misstrauen bestätigt nur die strategische Dringlichkeit, Selbstversorgung zu erreichen. Das Risiko, dass der „lokale Tyrann den Tisch umwirft“, ist nicht länger eine Metapher, sondern eine kritische Risikovariable in der Planung jedes abhängigen Unternehmens oder jeder abhängigen Regierung. Die Suche nach Alternativen wird somit zu einer Frage der nationalen Sicherheit.
3.2. Aufbau des lebendigen Netzwerks: Das Kunpeng-Ascend-Ökosystem und souveräne Sicherheit
Gegen Zwang konsolidiert sich die auf der HUAWEI CONNECT 2025 (18.-20 September in Shanghai unter dem Motto „All Intelligence“) vorgestellte Strategie als lebendiges, wachsendes Netzwerk, das auf Autonomie und offener Zusammenarbeit basiert (Huawei, 2025a).
- Ein handfestes Ökosystem, kein bloßes Versprechen: Über die Ankündigungen der SuperPoDs Atlas 950 (8.192 Prozessoren) und Atlas 960 (15.488 Prozessoren) hinaus berichtet Huawei von einem Netzwerk aus Partnern und unabhängigen Softwareanbietern. Es handelt sich hierbei nicht um ein isoliertes Projekt, sondern um eine wachsende industrielle Basis, die einen technisch realisierbaren Ausweg aus der Abhängigkeit bietet. Die Offenlegung des UnifiedBus-Protokolls dient genau diesem Zweck, einen kollaborativen Standard zu schaffen – das Gegenteil einer eigentumsgeschützten Barriere.
- Sicherheit als Säule der Souveränität: Die Aufspaltung zeigt sich auch in der Konzeption der Cybersicherheit. Huawei stellte sein Xinghe Al Fabric 2.0 vor, ein „Always-on“-Rechenzentrumsnetzwerk, das auf einer „Zero-Trust“-Architektur basiert. Diese Lösung bietet umfassenden Schutz, der speziell darauf ausgelegt ist, Kl-Infrastrukturen und große Modelle vor automatisierten Cyber-Bedrohungen zu schützen. Es handelt sich um die technische Umsetzung des Prinzips der „technologischen Autonomie“ im Bereich der digitalen Verteidigung: die Fähigkeit, das eigene Haus mit eigenen Schlüsseln zu schützen.
3.3. Der Kampf um Talente: Umgekehrter Braindrain und der neue Atlant der Innovation
Dies ist der Faktor, der die Aufspaltung exponentiell beschleunigt. Historisch gesehen waren die Vereinigten Staaten ein Magnet für die „Köpfe“ der Welt, ein Vorteil, der nun aufgrund ihrer eigenen ausgrenzenden Politik rapide schwindet. Die Einführung von Migrationsbarrieren, Strafzöllen und einem zunehmend feindseligen sozialen und politischen Umfeld führt zu einem umgekehrten Braindrain.
- Die strukturelle Verwundbarkeit des Westens: Die amerikanische Tech-Industrie ist strukturell von Einwanderern abhängig, insbesondere aus China, Indien und anderen asiatischen Ländern. Indem sie ihre Türen schließt, untergräbt sie freiwillig eine grundlegende Säule ihrer technologischen Vorherrschaft. Rechtliche Unsicherheit und unerschwingliche Kosten schrecken die besten Talente ab, die nun ihre Optionen überdenken.
- Die wachsende Attraktivität alternativer Anziehungspunkte: Diese Talente verschwinden nicht, sie orientieren sich neu. China, Südostasien und Indien präsentieren sich als zunehmend attraktive Ziele. Diese Länder bieten nicht nur wettbewerbsfähige wirtschaftliche Möglichkeiten, sondern, was ebenso wichtig ist, Stabilität, Rechtssicherheit für den Aufenthalt und die Chance, an nationalen Projekten mit dem erklärten Ziel der technologischen Souveränität mitzuwirken. Die Möglichkeit, am Aufbau des Kunpeng Ascend-Ökosystems mitzuwirken, ist für Ingenieure und Forscher, die nach Einfluss und Anerkennung streben, enorm attraktiv.
- Der Vorteil von zurückgeflossenem „kreativem Kapital“: Dieser „umgekehrte Braindrain“ ist nicht einfach nur eine Abwanderung von Arbeitskräften, sondern eine massive Rückführung von ihm innewohnenden Wissen, von beruflichen Netzwerken und modernsten Methoden. Talente, die im Silicon Valley ausgebildet wurden oder dort beschäftigt waren, kehren mit unschätzbaren Erfahrungen in ihre Herkunftsländer zurück und beschleunigen so die Reifung der lokalen Technologie-Ökosysteme. Es handelt sich um einen Informationsfluss, der das multipolare Netzwerk stärkt und die sich isolierende Mauer schwächt.
3.4. Ausblick: Die Unumkehrbarkeit der Aufspaltung und die neue Weltkarte
Die Kombination aus technologischem Zwang, dem Aufbau autonomer Ökosysteme und der umgekehrten Abwanderung von Fachkräften schafft einen Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt. Die Wahl, vor der die Zivilisation steht, ist keine Spekulation mehr, sondern ein bereits sich im Fluss befindender Prozess mit beobachtbaren geopolitischen Folgen.
Szenario 1: Die belagerte Festung der „Großen Mauer“ (NVIDIA/Westen)
Dieses Szenario ist durch die Fortsetzung der aktuellen Kontroll- und Restriktionsstrategie gekennzeichnet. Seine technologische Basis bleibt ein geschlossenes, eigentumsgeschütztes Ökosystem wie CUDA, das roher Rechenleistung den Vorzug gibt. Die tragende geopolitische Kraft hierbei ist die durch Sanktionen aufrechterhaltene technologische Unipolarität. Das Hauptrisiko besteht jedoch in einer beschleunigten Entropie. Die Rigidität des Systems, der Verlust des Einflusses auf die globale Standardisierung durch das Aufkommen von Alternativen und die relative technologische Isolation werden ihren Tribut fordern. Der Zustrom von Talenten wird durch eine Abwanderung von Fachkräften umgekehrt, was durch eine restriktive Migrationspolitiken noch verstärkt wird. Das wahrscheinlichste Ergebnis ist, dass dieses Ökosystem seinen Vorsprung in seinen traditionellen Märkten behält, aber weltweit zunehmend an Initiative und Fähigkeit verliert, die Zukunft der Technologie an anderer Stelle zu gestalten.
Szenario 2: Die Expansion des „lebendigen Netzwerks“ (Huawei/China und Verbündete)
Dieses Szenario setzt auf Resilienz und Zusammenarbeit. Seine technologische Basis ist ein offenes Ökosystem mit Standards wie UnifiedBus und MindSpore, das kollektive Intelligenz und massive Skalierbarkeit gegenüber individueller Leistung bevorzugt. Geopolitisch fördert es die technologische Multipolarität und unterstützt die Süd-Süd-Zusammenarbeit und strategische Selbstversorgung. Dank der Stabilität, die es bietet, und der angebotenen Möglichkeit, an großen nationalen Projekten teilzunehmen, wird es einen positiven Zustrom von Talenten erzeugen. Das Hauptrisiko besteht in einer zu Beginn vorhandenen Fragmentierung – einer vorübergehenden technischen Inkompatibilität mit westlichen Standards und der Herausforderung, parallel hierzu eigene Standards zu entwickeln. Dennoch ist das Ergebnis wahrscheinlich eine Führungsrolle in Schwellenländern und die Etablierung alternativer Standards als Grundlage für die multipolare Wirtschaft des 21. Jahrhunderts.
Zukunftsaussichten
Chinas strategische Geduld wird durch diesen Zustrom von Humankapital noch verstärkt. Während sich der Westen aufgrund seiner kurzfristigen Logik der kognitiven Vielfalt beraubt, absorbiert die Achse China-Globaler Süden dieses „kreative Kapital“ und schließt so schneller die noch vorhandenen technologischen Lücken. Die „digitalen Autobahnen“, das Lateinamerika mit Asien und Afrika verbinden, werden nicht nur aus Glasfaserkabeln bestehen, sondern werden auch Korridore für Talente und wissenschaftliche Zusammenarbeit sein, die die Innovation für das 21. Jahrhundert neu gestalten. Die Aufspaltung ist unumkehrbar, da sie bereits in den Köpfen und dem Leben derjenigen stattgefunden hat, die die Innovation vorantreiben. Bei dem Versuch, seine Festung zu schützen, vertreibt die „Große Mauer“ genau den Sauerstoff, der sie am Leben erhält.
Fazit: Jenseits von Chips – eine Entscheidung für eine bestimmte Zivilisation
Der Wettstreit zwischen Huawei und NVIDIA, der am 18. September 2025 in Shanghai entbrannt ist, offenbart letztlich sein wahres Gesicht: Er ist nicht nur eine bloße kommerzielle Rivalität, sondern ein Symptom für eine tiefgreifende Unterschiedlichkeit in der Vorstellung von der Zukunft. Die „Chinesische Mauer“ ist ein historisches Erbe, das für jahrtausendelangen Schutz und Widerstandsfähigkeit steht; anders als die vom Westen errichtete technologische „Große Mauer“, einem Konstrukt der Ausgrenzung, das darauf abzielt, eine unipolare Ordnung aufrechtzuerhalten, die von der globalen Dynamik nicht mehr getragen wird. Im Gegensatz dazu ist die „Living Network“-Strategie mit ihren SuperPoDs, ihrem Open-Source-Code und ihrer Einladung zur Zusammenarbeit kein Akt der Nachahmung, sondern die Verkörperung eines robusteren Evolutionsprinzips: Mit der Zeit übertreffen kollektive Intelligenz und Anpassungsfähigkeit isolierte rohe Gewalt.
Dieser Kampf geht über das Technische hinaus. Wie wir gesehen haben, ist technologische Autonomie (souveräne Kl) zur neuen Säule der nationalen Souveränität im 21. Jahrhundert geworden. Es handelt sich dabei nicht um inhaltsleeren technologischen Nationalismus, sondern um die Fähigkeit der Kulturen, über ihr digitales Schicksal selbst zu entscheiden. Dies ermöglicht den Schutz von menschlicher Entwicklung, die Anpassung der ethischen Grenzen der KI an lokale Werte und die Wahrung der nationalen Sicherheit. Die Abhängigkeit von einem externen Ökosystem birgt, wie Sanktionen und die Instrumentalisierung von Unternehmen gezeigt haben, das existenzielle Risiko einer „digitalen Kolonialisierung“ und den Verlust strategischer Handlungsfähigkeit.
Die Aussichten unserer Analyse deuten nicht auf einen sofortigen Zusammenbruch eines der beiden Modelle hin, sondern auf die erzwungene Koexistenz zweier Einflussbereiche. Einerseits könnte das geschlossene Ökosystem des Westens seinen Vorteil in traditionellen Märkten behalten, sieht sich jedoch mit der beschleunigten Entropie der Isolation, dem Braindrain und dem Verlust der Legitimität konfrontiert. Andererseits ist das von China geförderte und vom Globalen Süden begrüßte offene Netzwerk in der Lage, die Schwellenländer anzuführen und die Standards für die multipolare Wirtschaft zu setzen. Sein Vorteil ist nicht nur technischer, sondern auch zeitlicher Natur: er liegt in der strategischen Geduld, in Jahrzehnten, anstatt in Wahlzyklen zu planen.
Die letzte Frage lautet daher nicht „Wer hat den leistungsstärksten Chip?“, sondern welche Werte wir in Zukunft kodieren wollen. Bevorzugen wir eine Welt mit einheitlichen Standards und zentraler Kontrolle, die Effizienz auf Kosten von Verwundbarkeit und Homogenisierung bietet? Oder eine multipolare und widerstandsfähige Welt, in der die Vielfalt der Ansätze – wo „wir berücksichtigen, aber nicht beurteilen“ ein Leitprinzip ist – was eine organische Entwicklung und eine größere Reaktionsfähigkeit auf globale Herausforderungen ermöglicht?
Die chinesische digitale Option mit all ihren Nuancen verkörpert eine Lektion, die über die Technologie hinausgeht: Das Überleben ist nicht immer den Stärksten in einem bestimmten Moment vorbehalten, sondern den Systemen, die am besten in der Lage sind, zu lernen, zusammenzuarbeiten und sich an Veränderungen anzupassen. Die Zukunft wird nicht allein durch den kleinsten Transistor entschieden, sondern durch das Ökosystem, das am besten geeignet ist, kollektive Intelligenz und Nachhaltigkeit zu generieren und vor allem der Vielfalt menschlicher Erfahrungen Ausdruck in der digitalen Welt zu verleihen. Die Weggabelung ist bereits da – und mit ihr die Möglichkeit, bewusst zu entscheiden, in welcher Zukunft wir leben wollen.
Quellen:
– EFE. (2025, September 18). Huawei announces it will launch a new AI chip in 2026 amid China-US tech rivalry. Swissinfo.ch. Retrieved from https://www.swissinfo.ch/spa/huawei-anuncia-que-lanzar%C3%A1-en-2026-nuevo-chip-de-ia-en-pleno-pulso-tecnol%C3%B3gico-china-eeuu/90024653
– Gómez, J. (2025, September 19). Huawei has a plan to deliver the coup de grace to NVIDIA in China: a supernode of 15,000 processors. Xataka. Retrieved from https://www.xataka.com/robotica-e-ia/huawei-tiene-plan-para-asestar-golpe-gracia-a-nvidia-china-supernodo-15-000-procesadores
– Huawei. (2025a). Huawei Connect 2025. Retrieved September 23, 2025, from https://www.huawei.com/en/events/huaweiconnect
– Huawei. (2025b). Intelligent World 2030: Building a Fully Connected, Intelligent World. Huawei Technologies Co., Ltd.
– ITWare Latam. (2025, September 15). Huawei Connect 2025 will take place between September 18 and 20 focused on AI. Retrieved from https://www.tabulado.net/huawei-connect-2025-se-desarrollara-entre-el-18-y-20-de-septiembre-con-foco-en-la-ia/
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Pia Harz vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!









