Elon Musk & Co. tun sich zusammen, um unflexiblen Rüstungsriesen mit kleinen, günstigen und autonomen Waffen Konkurrenz zu machen.

Christof Leisinger für die Online-Zeitung INFOSperber

Donald Trump ist noch nicht im Amt. Aber schon jetzt zeichnet sich ab, dass sich ein Teil seiner Entourage gezielt für ihn engagiert hat, um wirtschaftlich von der Nähe zu ihm und seiner Regierung zu profitieren. Deuteten erst die durch die Decke gehenden Kurse der Aktien verschiedener Unternehmen auf entsprechende Spekulationen hin, so bestätigen sie sich nun.

«Palantir und Anduril, zwei der größten amerikanischen Unternehmen für Verteidigungstechnologie, führen derzeit Gespräche mit etwa einem Dutzend Konkurrenten, um ein Konsortium zu bilden, das sich gemeinsam um Aufträge der amerikanischen Regierung bewerben wird, um das Oligopol der bisherigen Anbieter zu durchbrechen», schreibt die Financial Times.

Elon Musk und Konsorten ziehen die Fäden

Zu den Unternehmen, die sich in Gesprächen befänden, gehörten Elon Musks SpaceX, der ChatGPT-Hersteller OpenAI, der Bauer autonomer Wasserfahrzeuge Saronic und die Datengruppe für künstliche Intelligenz Scale AI, zitiert die britische Zeitung mehrere Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind. «Wir arbeiten zusammen, um eine neue Generation von Verteidigungsunternehmen zu schaffen», sagte demnach eine an der Entwicklung der Gruppe beteiligte Person.

Dieser Bericht kommt zu einem Zeitpunkt, wo klar ist, wer Donald Trump im Wahlkampf unterstützt hat, wer sich in seinem Umfeld tummelt und Einfluss auf seine Entscheidungen nehmen kann – und wie sich voraussichtlich die künftige Regierung und ihre Berater in Washington zusammensetzen werden. Aus diesem Umfeld waren schon in den vergangenen Wochen und Monaten Stimmen laut geworden, die das übliche Gebaren im Verteidigungsbereich und in der Rüstungsindustrie kritisiert hatten.

Spekulationen auf neue Kräfte im Rüstungssektor schießen ins Kraut. Hier gibt es eine größere Auflösung der Grafik.

«Nur Idioten bauen den bemannten F-35-Kampfflieger», hatte zum Beispiel Elon Musk auf seiner eigenen Plattform X geschrieben. Er kritisiert, das Preis-Leistungsverhältnis dieses Projektes stimme nicht und das Design sei schlecht. Wen wird also überraschen, dass die Technologieunternehmen mit spezifischen Interessen im Rüstungsbereich nun versuchen, einen größeren Teil des riesigen Verteidigungsbudgets der amerikanischen Regierung in Höhe von 850 Milliarden Dollar an sich zu ziehen. Das Nachsehen hätten die traditionellen Rüstungsriesen wie Lockheed Martin, Raytheon, Northrop Grumman, General Dynamics, L3Harris oder auch Boeing.

Das Konsortium werde einige der wertvollsten Unternehmen des Silicon Valley vereinen und deren Produkte und Know-how nutzen, um die amerikanische Regierung künftig günstiger und effizienter mit modernsten, leistungsfähigen Verteidigungs- und Waffensystemen zu versorgen, heißt es nun unter anderem in der FT.

Palantir ist inzwischen an der Wallstreet mehr wert als Lockheed Martin

Aus diesem Grund ist in den vergangenen Wochen nicht nur der Aktienkurs des Software- und Dienstleistungsunternehmens Palantir durch die Decke gegangen, sondern auch Start-ups aus dem Bereich der Verteidigungstechnologie haben in diesem Jahr Rekordsummen an Finanzmitteln erhalten. Investoren wetten darauf, dass sie zu den Gewinnern zählen werden, sobald die Trump-Regierung die Staatsausgaben auf der einen Seite deutlich senkt, auf der anderen mehr Geld für die nationale Sicherheit oder auch für die Weltraumforschung ausgeben wird.

Inzwischen ist Palantir an der Wallstreet mehr wert als Lockheed Martin. Der Datenintelligenzkonzern wurde vom Tech-Investor Peter Thiel mitbegründet, der anfänglich auch Finanzmittel für Anduril bereitstellte. Dieses Unternehmen ist auf autonome Systeme, künstliche Intelligenz und fortschrittliche Verteidigungstechnologien spezialisiert, ging 2017 an den Start und wird in diesen Zeiten mit etwa 14 Milliarden Dollar bewertet. SpaceX und OpenAI schweben mit Werten von etwa 350 Milliarden Dollar und 157 Milliarden Dollar schon in einer ganz anderen Liga. SpaceX und Palantir leben schon seit Jahren von großen öffentlichen Aufträgen, viele andere versuchen nun nachzuziehen. Das gilt vor allem für die, welche künftig wohl besonders gute Beziehungen in die Kreise rund um die künftige Regierung in Washington haben werden.

Musk, Thiel, Palantirs Führungspersonen Alex Karp und Joe Lonsdale oder Andurils Trae Stephens und Brian Schimpf etwa. Sie und viele andere kennen sich schon länger und wollen nun mit und zugunsten ihrer Firmen etwas erreichen. Sie zählen zu den Kritikern, die die Beschaffung von Verteidigungsgütern in den USA schon seit langem als langsam, teuer und fern vom Wettbewerb kritisiert haben. Davon wurde eine kleine Zahl von alteingesessenen Firmen mit guten Beziehungen wie eben Lockheed Martin, Raytheon oder Boeing begünstigt.

Sie entwickelten für den amerikanischen Staat Schiffe, Panzer oder auch Flugzeuge, was oft Jahre dauerte und zudem sehr kostspielig war. Der amerikanische Verteidigungshaushalt ist in den Augen der Kritiker nicht nur deswegen so enorm, weil das Land besonders viele Soldaten in Lohn und Brot hat oder besonders viele Waffen kauft, sondern weil die Lieferanten in der Vergangenheit kaum auf ihre Effizienz achten mussten.

Die aufstrebende Verteidigungsindustrie des Silicon Valley dagegen will den Markt mit kleineren, günstigeren und autonomen Waffen aufmischen. Diese sollen die USA und ihre Verbündeten in einem modernen Konflikt bei deutlich geringeren Kosten besser schützen, so die Propaganda ihrer Gründer und Manager. Mit Sicherheit aber sind sie nicht altruistisch – und wollen möglichst viel Geld verdienen.

Lockheed Martin macht mit Rüstungsgütern den größten Umsatz. Hier gibt es eine größere Auflösung der Grafik. © Christof Leisinger

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