An der Versammlung zum 10. Jahrestag der Bewegung Standing Together nahmen rund 1.500 palästinensische und jüdische Mitglieder teil, die gemeinsam am Aufbau einer Alternative arbeiten.

Die Bewegung veröffentlichte das Hauptanliegen der Versammlung auf Instagram: „Wir bieten eine politische Alternative, die auf einer jüdisch-arabischen Partnerschaft und dem israelisch-palästinensischen Frieden basiert. Der lebendige, treibende Wille zur Veränderung war in diesen beiden Tagen überall zu spüren, in jedem Augenpaar, das sich traf.“

Alon-Lee Green, Co-Direktor von Standing Together, teilte in den sozialen Medien eine Botschaft an die israelische Polizei, die die Convention stürmte, um sie zu bedrohen und zum Schweigen zu bringen. „Sie haben verlangt, das Schild mit der Aufschrift ‚Lasst Gaza in Ruhe‘ zu entfernen. Wir haben eine klare Botschaft: Ihr werdet uns nicht einschüchtern. Wir wissen, dass das, was wir tun, dem Heil beider Völker dient, die in diesem Land leben. Ihr kommt her und vernachlässigt stattdessen eure Pflicht in den arabischen Gemeinschaften, wo gewaltsame kriminelle Organisationen ungehindert mehr werden, weil sie wissen, dass ihr nicht gegen sie einschreitet … Wir sind hier zusammen, Juden und Palästinenser, für Freiheit und Gleichheit.“

Die Bewegung Standing Together ist in den letzten Jahren stark angewachsen. Es ist eine transversale Bewegung, und dies ist ihre Mission: „Wir wollen eine Gesellschaft, die allen dient und die jede Person mit Würde behandelt. Eine Gesellschaft, die sich für Frieden, Gerechtigkeit und Unabhängigkeit für Israel:innen und Palästinenser:innen, Jüd:innen und Araber:innen entscheidet. Eine Gesellschaft, in der wir alle wahre Sicherheit genießen, eine angemessene Wohnung, hochwertige Bildung, ein funktionierendes Gesundheitssystem, ein gesundes Klima, ein faires Gehalt und die Möglichkeit, in Würde zu altern. Eine solche Gesellschaft ist möglich – wir sind dabei, sie aufzubauen.

Standing Together wurde leider von der Palästinensischen Kampagne zum akademischen und kulturellen Boykott Israels (PACBI), BDS-Mitglied, „Normalisierung“ vorgeworfen und ist daher auf der Liste von Organisationen aufgeführt, die boykottiert werden sollen. Auf die Vorwürfe der „Normalisierung“ seitens der BDS-Bewegung antwortet Standing Together, dass für die Arbeit an einer realen Veränderung eine breite Koalition von Menschen und die Fähigkeit, Macht aufzubauen, nötig ist  – und nicht eine puristische Politik, die bestimmte Begriffe erfordert, um akzeptiert zu werden. Bis zum 1. Oktober 2023 war die Online-Präsenz von Standing Together minimal, aber seit dem 7. Oktober ist sie enorm angestiegen und hat einen neuen öffentlichen Diskurs ausgelöst.

Der Boykott-Aufruf der PACBI im Januar 2024 sollte sich auf die angebliche „Normalisierung“ beziehen, d. h. die Ereignisse in einem Unterdrückungskontext als normal zu bezeichnen, und kritisierte die Tatsache, dass Israel:innen und Palestinenser:innen zusammenarbeiten. Gleichzeitig mobilisierte Standing Together gegen die Vernichtung in Gaza, und mehrere Aktivist:innen wurden von der israelischen Regierung verhaftet. Alon-Lee Green sagt, er verstehe die Kritik an der Sprache, sei aber schockiert gewesen von dem Vorwurf, die Bewegung diene den Interessen der israelischen Regierung. Persönlich erkennt er die Apartheid und das Recht auf Rückkehr an und ist Teil des internationalen Kampfes für die Rechte der Palästinenser:innen. Gleichzeitig erkennt er die Notwendigkeit einer Strategie, die reale Macht aufbauen kann, auch im Gespräch mit Menschen, die anderer Ansicht sind, sogar Soldaten – um nicht nur zu sagen, was man für richtig hält, sondern auch das, was die Realität verändern kann.

Rula Daood, Co-Direktorin von Standing Together, beschreibt als palästinensische Bürgerin Israels dagegen, wie schmerzhaft es sei, dass andere Palästinenser zum Boykott ihres eigenen Volkes aufrufen und sich anmaßen zu bestimmen, wie sie unter einem Unterdrückerregime zu sprechen habe; Kritik werde nicht einmal ins Arabische übersetzt und als Angriff geäußert, der sie tief verletze und sie in den Augen von anderen als „weniger palästinensisch“ darstelle. (‚The Long Answer‘, Podcast von Standing Together, Episode vom 14. November 2025)

In diesen letzten Jahren des Genozids in Gaza und der ethnischen Säuberung im Westjordanland haben Standing Together und andere gemeinsame Bewegungen von Israelis und Palästinensern (zum Beispiel Combatants for Peace) Schutzaktionen durchgeführt, Demonstrationen organisiert und daran teilgenommen, die Gesellschaft mobilisiert, Bildungsprogramme umgesetzt, zur politischen Imagination aufgerufen – sie verkörpern eine mögliche Zukunft, in der die Völker zwischen Jordan und Mittelmeer in Würde, Freiheit und Sicherheit koexistieren können.

„Denn wenn wir unsere Realität ändern wollen, müssen wir sie uns zuerst vorstellen … Politische Imagination ist ein politisches Instrument. Sie ermöglicht uns, den Kopf für einen Moment zu heben und uns zu fragen: Wohin soll es gehen? Wie soll unser Leben in diesem Land wirklich sein?“ (Sally Abed in ihrer Rede während der Versammlung)

Übersetzung aus dem Italienischen von Annette Seimer vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam. Wir suchen Freiwillige!


Quellen:

https://www.standing-together.org/en
https://ukfost.co.uk/standing-together-holds-its-10th-annual-national-convention
https://www.instagram.com/reel/DRsBa2bitkg/?utm_source=ig_web_copy_link&igsh=NTc4MTIwNjQ2YQ==
https://www.instagram.com/reel/DRmg3xEDAvo/?utm_source=ig_web_copy_link&igsh=NTc4MTIwNjQ2YQ==