SOS Humanity blickt in der heute veröffentlichten Jahreschronik 2025 zurück auf ein Jahr der Eskalation der Gewalt auf dem Mittelmeer durch von der EU finanzierte libysche Akteure. Betroffen waren flüchtende Menschen in Seenot ebenso wie Crews von Rettungsschiffen. Menschenrechtsverletzungen an EU-Außengrenzen haben zugenommen, auch im weitgehend unbeachteten Seegebiet vor Tunesien. SOS Humanity hat die für die Seenotrettung wichtigsten Ereignisse und Entwicklungen in dem Jahresrückblick chronologisch, in aller Kürze und mit Quellen dargestellt: von den Festsetzungen der Rettungsschiffe über erfolgreiche Klagen vor italienischen Gerichten bis zur Bilanzierung der NGOs von zehn Jahren erschwerter Rettungsarbeit.

Auch wenn sie kaum noch Beachtung findet – die dramatische Lage auf dem zentralen Mittelmeer hat sich 2025 nicht verbessert: mindestens 1.190 ertrunkene Flüchtende, 12 Festsetzungen von zivilen Rettungsschiffen in Italien, hunderte Tage hierdurch verlorene Zeit für den Rettungseinsatz; zusätzlich mehrere hundert verlorene Tage der zivilen Flotte durch unnötige Fahrten zu den zugewiesenen Häfen im Norden Italiens, 25.764 durch die sogenannte libysche Küstenwache abgefangene Schutzsuchende, die gewaltsam nach Libyen zurückgebracht wurden. Gleichzeitig haben Seenotrettungsorganisationen allein bis Anfang September 12.192 Menschen aus Seenot gerettet, mehr als im Vorjahr. Hiervon hat SOS Humanity allein 1.155 Kinder, Frauen und Männer vor dem Ertrinken bewahrt.

Zehn Jahre nach ihrer Gründung legten SOS Humanity, Sea-Watch und Sea-Eye in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Bündnis United4Rescue im Juni eigene Zahlen vor: Die zivile Flotte im zentralen Mittelmeer hat in einem Jahrzehnt 175.000 Menschen aus Seenot gerettet, trotz aller Behinderungsversuche durch die Behörden.

Obwohl die Zahl der Toten und Vermissten im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken ist, ist die Todesrate auf der Fluchtroute zentrales Mittelmeer in diesem Jahr gestiegen. Die sogenannte libysche Küstenwache hat 2025 mehr flüchtende Menschen gewaltsam zurückgeführt als im Vorjahr. Die neue Fluchtroute von Tunesien nach Italien etabliert sich weiter, mit einer hohen Dunkelziffer an Bootsunglücken und Menschenrechtsverletzungen. 2025 verzeichnet eine neue Eskalation der Gewalt gegen Flüchtende und zivile Rettungsschiffe durch libysche und auch tunesische Akteure. Dreizehn Organisationen gründen im Herbst die Allianz „Justice Fleet“ und stellen gemeinsam die Einsatzkommunikation mit den maritimen Behörden in Libyen ein, da diese nicht als legitime Akteure der Seenotrettung angesehen werden können. In der Folge kommt es zu Festsetzungen der Schiffe.

SOS Humanity setzt mit einem neuen Rettungsschiff ein Zeichen gegen alle Widerstände: Das neue Segelschiff Humanity 2 geht im Dezember in die Werft und wird ab Sommer 2026 auf der verstärkt genutzten und weitgehend unbeachteten Fluchtroute von Tunesien nach Lampedusa als Rettungs- und Beobachtungsschiff im Einsatz sein.

Den Jahresrückblick als ausführliche Chronologie mit Verlinkungen auf weiterführende Online-Artikel finden Sie hier als PDF-Datei.

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