Rheinmetall expandiert in mehrere neue Rüstungssparten, darunter Drohnen und Satelliten, und will 2030 einen Umsatz von 50 Milliarden Euro erreichen. Nach heutigen Zahlen wäre der Konzern Nummer zwei weltweit.

Die Düsseldorfer Waffenschmiede Rheinmetall expandiert systematisch in mehrere neue Rüstungssparten und plant ihren Aufstieg zu einem der drei größten Rüstungskonzerne weltweit. Das Unternehmen, das traditionell vor allem Panzer, Artillerie und Munition herstellt, steigt unter anderem in die Drohnen- und in die Satellitenproduktion ein. Damit wächst es zu einem Konzern heran, der nicht bloß Waffen und Munition für die Schlachtfelder der künftigen Kriege fertigt, sondern auch die Drohnen, die über den Schlachtfeldern operieren, und die Satelliten, die das Kriegsgeschehen und sein Umfeld aufklären. Hatte Rheinmetall im Jahr 2020 noch einen Rüstungsumsatz von gerade einmal 3,7 Milliarden Euro, so soll der Gesamtumsatz nach dem Abstoßen der zivilen Kfz-Konzernsparte bis 2030 auf rund 50 Milliarden Euro steigen. Nach heutigen Zahlen läge das Unternehmen damit auf Platz zwei unter den Rüstungskonzernen weltweit hinter dem US-Riesen Lockheed Martin, dem Produzenten des US-Kampfjets F-35, der im Jahr 2024 einen Rüstungsumsatz von 55,5 Milliarden Euro erzielte. In Europa ließe Rheinmetall sämtliche anderen Rüstungskonzerne hinter sich und stiege zur dominanten Nummer eins auf.

Europas größter Munitionsproduzent

Den größten Teilumsatz erhofft sich Rheinmetall von der Munitionsproduktion; er soll bis zum Jahr 2030 ein Volumen von 14 bis 16 Milliarden Euro erreichen.[1] Schon heute ist die Düsseldorfer Waffenschmiede Europas größter Munitionsproduzent, dies auch dank der im Sommer 2023 abgeschlossenen Übernahme ihres spanischen Konkurrenten Expal.[2] Stellte Rheinmetall im Jahr 2022 noch rund 60.000 Schuss Panzermunition vom Kaliber 120 mm her, so sind für 2027 bereits 240.000 Schuss geplant. Bei der Artilleriemunition vom Kaliber 155 mm strebt der Konzern sogar einen Anstieg von 70.000 Schuss im Jahr 2022 auf 1,1 Millionen Schuss im Jahr 2027 und 1,5 Millionen Schuss im Jahr 2030 an.[3] Die Fertigung von Mittelkaliber-Munition für die Flugabwehr soll bis 2030 auf gut vier Millionen Schuss gegenüber 2022 vervierfacht werden. Um das zu erreichen, baut Rheinmetall seine Fabrik in Unterlüß zum größten Munitionswerk Europas, „wenn nicht gar der Welt“ aus, wie Konzernchef Armin Papperger bei der Eröffnung der neuen Fabrik Ende August erklärte.[4] Ein wichtiger Kunde ist die Bundeswehr, die 2023 einen Rahmenvertrag zur Lieferung allein von Panzermunition auf rund vier Milliarden Euro aufstockte. Rheinmetall baut eine Reihe neuer Munitions- und Schießpulverfabriken, so etwa in Litauen, Lettland, Bulgarien und Rumänien.

Panzer aller Art

Den zweithöchsten Teilumsatz will Rheinmetall im Geschäft mit Kampffahrzeugen erzielen; von 13 bis 15 Milliarden Euro im Jahr 2030 ist die Rede. Der Konzern ist am Bau zahlreicher Panzer beteiligt, die bereits seit langem genutzt werden, darunter der Kampfpanzer Leopard, für den Rheinmetall vor allem die Glattrohrkanone produziert, und der Radpanzer GTK Boxer. Für die Zukunft setzt Rheinmetall insbesondere auf den Schützenpanzer Lynx und den Kampfpanzer Panther. Der KF41 Lynx – KF steht für Kettenfahrzeug – wurde im Jahr 2018 präsentiert; fest bestellt haben ihn bisher Ungarn und Italien. In Italien tritt Rheinmetall in einem Joint Venture mit dem italienischen Rüstungskonzern Leonardo als Lieferant auf. Konzernchef Papperger hofft, mehr als 6.000 Lynx-Schützenpanzer verkaufen zu können – dann jedenfalls, wenn er sich in einem noch laufenden Auswahlverfahren der US-Streitkräfte durchsetzen kann.[5] Rheinmetall setzt zudem auf den Kampfpanzer KF51 Panther, der als mögliches Nachfolgemodell des Leopard gehandelt wird. Er rivalisiert mit dem deutsch-französischen Kampfpanzerprojekt MGCS (Main Ground Combat System), das nicht von der Stelle kommt.[6] Auch für den KF51 Panther hat Rheinmetall bereits feste Kaufzusagen – zum einen aus Ungarn, zum anderen aus Italien, wo Rheinmetall auch in diesem Fall gemeinsam mit Leonardo auftritt.

SPOCK-Satelliten

Auf weitere acht bis zehn Milliarden Euro Umsatz setzt Rheinmetall auf dem Geschäftsfeld Digitalisierung, zu dem auch das Geschäft mit Satelliten gezählt wird. In dieses steigt die Düsseldorfer Panzerschmiede komplett neu ein. Hintergrund ist, dass die Waffensysteme, die Rheinmetall traditionell herstellt, auf dem Schlachtfeld digital vernetzt werden sollen. Dazu gehört auch die Vernetzung mit Aufklärungssatelliten. Um diese herstellen zu können, hat Rheinmetall ein Joint Venture mit dem finnischen Startup Iceye gegründet, das bei der Produktion von Satelliten mit sogenannter SAR-Technologie (Synthetic Aperture Radar) als international führend gilt. Beim Einsatz von SAR-Satelliten können mittels Mikrowellen, deren Echo gemessen wird, auch bei Nacht oder schlechtem Wetter hochauflösende Bilder des Geschehens am Erdboden erstellt werden.[7] An dem Joint Venture, das am Rheinmetall-Standort Neuss produzieren soll, halten Rheinmetall 60 und Iceye 40 Prozent. Zunächst ist geplant, für rund 1,76 Milliarden Euro Satelliten für die Panzerbrigade 45 der Bundeswehr in Litauen herzustellen. Das Aufklärungssystem soll SPOCK (space system for persistent operational tracking) heißen.[8] Bei der Konkurrenz hat für Unmut gesorgt, dass der Auftrag offenbar ohne Ausschreibung vergeben wurde – ein klarer Vorteil für Rheinmetall.[9]

Kamikazedrohnen

Umsätze in Höhe von drei bis vier Milliarden Euro zusätzlich strebt Rheinmetall für das Jahr 2030 auf dem Geschäftsfeld Air Defence an. Auch dieses ist für das Unternehmen relativ neu. Im Juli hat Rheinmetall in Kooperation mit dem US-Rüstungsgiganten Lockheed Martin ein Werk im nordrhein-westfälischen Weeze eröffnet, in dem Rumpfteile für den US-Kampfjet F-35 hergestellt werden – ein erster Einstieg in die Luftfahrtbranche.[10] Der Konzern arbeitet zudem mit verschiedenen auswärtigen Unternehmen zusammen, um sich Kompetenzen in der Drohnenherstellung anzueignen. So kooperiert er mit UVision, einem 2011 gegründeten, auf Drohnen spezialisierten Unternehmen aus Israel, mit dem er vor allem Kamikazedrohnen vom Typ Hero herstellt.[11] Erst kürzlich erhielt das Joint Venture den Auftrag, einen NATO-Staat mit Hero-Drohnen für eine dreistellige Millionen-Euro-Summe zu beliefern.[12] Der Düsseldorfer Konzern hat zudem 2024 eine Kooperation zur Drohnenabwehr mit dem US-Startup Anduril eingeleitet sowie sie dieses Jahr auf die Herstellung von Drohnen ausgedehnt. Anduril gilt als das größte Militär-Startup weltweit.[13] Zudem arbeitet er mit dem in der Schweiz gegründeten, jetzt US-amerikanischen Drohnenspezialisten Auterion zusammen.[14] Berichten zufolge plant Rheinmetall zur Zeit den Bau einer Drohnenfabrik im Baltikum.

Kriegsschiffe

Umsätze in Höhe von rund fünf Milliarden Euro soll bis 2030 auch die neue Marinesparte erzielen. Sie entsteht durch die Übernahme von Naval Vessels Lürssen, der Marinesparte der Bremer Lürssen-Werft, die Anfang 2026 komplett vollzogen sein soll. Rheinmetall erhofft sich von ihr gewisse Synergien mit dem Panzerbau, insbesondere aber ein Vordringen in den äußerst aufwendigen Kriegsschiffbau. „Künftig werden wir zu Lande, zu Wasser, in der Luft und im Weltraum ein relevanter Akteur sein“, erklärt Konzernchef Papperger: „Rheinmetall entwickelt sich damit zum Domänen-übergreifenden Systemhaus“.[15] NVL hat vor allem Korvetten gebaut; das Unternehmen besitzt derzeit vier Werften in Hamburg (Blohm + Voss, Norderwerft), in Wolgast (Peene-Werft) und in Wilhelmshaven (Neue Jadewerft). Die bald nicht mehr von NVL, sondern von der Rheinmetall-Marinesparte gefertigten Korvetten könnten Berichten zufolge mit neuer Bewaffnung ausgestattet werden, die Rheinmetall zur Zeit in Kooperation mit dem US-Unternehmen Lockheed Martin entwickelt.[16] Dazu heißt es bei Rheinmetall: „Die aktuelle Konfliktlage zeigt, dass es auch im maritimen Bereich immer mehr auf militärische Durchsetzungsfähigkeit ankommt.“[17]

Transatlantisch orientiert

Rheinmetall gehört in der deutschen Rüstungsindustrie zu denjenigen Unternehmen, die klar transatlantisch orientiert sind. Zu seinen Aktionären zählen bekannte Finanzunternehmen aus den Vereinigten Staaten, von denen allerdings keiner der Schwelle von zehn Prozent der Aktien auch nur nahekommt. Größter Einzelinvestor ist laut aktuellen Rheinmetall-Angaben mit einem Anteil von 7,0 Prozent BlackRock; es folgen die Bank of America (4,64 Prozent), Morgan Stanley (4,37 Prozent), Goldman Sachs (4,06 Prozent) sowie die UBS Group aus der Schweiz (3,83 Prozent).[18] Womöglich größeres Gewicht hat aber, dass Rheinmetall sich zum einen intensiv um Aufträge bei den US-Streitkräften bemüht, dem größten Waffenkäufer weltweit, und dass die Firma zum anderen recht eng mit US-Konzernen kooperiert – darunter etwa Lockheed Martin. Dem steht gegenüber, dass Rheinmetall auch Waffensysteme fertigt, die als „ITAR-free“ gekennzeichnet sind. Das sind solche, die unter Verzicht auf US-Bauteile produziert werden und die daher nicht den US-amerikanischen International Traffic in Arms Regulations unterliegen. „ITAR-free“, und damit von US-Einfluss unabhängig, sind zum Beispiel die SAR-Satelliten, die Iceye fertigt [19] – künftig auch in Kooperation mit Rheinmetall.

[1] Rheinmetall peilt die 50-Milliarden-Euro-Marke an. Frankfurter Allgemeine Zeitung 19.11.2025.

[2] S. auch Munitionsduell mit Russland.

[3] Rheinmetall peilt 50 Milliarden Euro Umsatz bis 2030 an. faz.net 18.11.2025.

[4] „Dieses Werk in Unterlüß zeigt: Wir handeln!“ ndr.de 27.08.2025.

[5] Waldemar Geiger: Lynx KF41 – Rheinmetall sieht Marktpotenzial von über 6.000 Panzern. hartpunkt.de 21.11.2025.

[6] S. dazu Deutsch-französische Konflikte.

[7] Thomas Jahn, Roman Tyborski: Rheinmetall steht kurz vor Satelliten-Großauftrag der Bundeswehr. handelsblatt.com 24.10.2025.

[8] Rüstungskonzern liefert Bundeswehr offenbar Satelliten. handelsblatt.com 09.12.2025.

[9] Matthias Gebauer, Christoph Seidler: Bundeswehr bekommt Radarsatelliten – und schreibt den Milliardenauftrag nicht aus. spiegel.de 09.12.2025.

[10] Rheinmetall eröffnet neues Werk für Tarnkappenkampfjet. spiegel.de 01.07.2025.

[11] Waldemar Geiger: Hero-30: Europäischer NATO-Kunde beschafft Loitering Munition für seine Spezialkräfte. soldat-und-technik.de 02.09.2022.

[12] Rheinmetall supplies NATO customera significant number of HERO Loitering Munitions – order worth in the three-digit-million euro range. rheinmetall.com 26.11.2025.

[13] Roman Tyborski: Rheinmetall arbeitet jetzt mit weltgrößtem Militär-Start-up zusammen. handelsblatt.com 18.06.2025.

[14] Nadine Schimroszik: 130 Millionen Dollar für Rheinmetall-Partner Auterion. handelsblatt.com 23.09.2025.

[15] Detlev Landmesser: Warum Rheinmetall jetzt auch Schiffe bauen will. tagesschau.de 15.09.2025.

[16] Roman Tyborski: Rheinmetall übernimmt Militärsparte der Bremer Lürssen-Gruppe. handelsblatt.com 15.09.2025.

[17] Rheinmetall einigt sich mit Unternehmensgruppe Lürssen über Erwerb der NVL (Naval Vessels Lürssen) und wird damit zum Marine-Systemhaus. rheinmetall.com 15.09.2025.

[18] Stimmrechtsmitteilungen. ir.rheinmetall.com.

[19] The world’s only high-precision SAR satellite. iceye.com.

Der Originalartikel kann hier besucht werden