Belarussische Kriegsdienstverweigerer und Deserteure erleben schwerwiegende Unterdrückung aufgrund ihrer Verweigerung des Wehrdiensts oder ihres Bemühens, die Einberufung zu vermeiden. Trotz dieser Herausforderungen leisten weiterhin viele Widerstand. Dieser Bericht umreißt die Lage von Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren in Belarus, insbesondere in Hinblick auf den gesetzlichen Rahmen, die Bedingungen im Militär, die mit der Verweigerung des Wehrdiensts verbundenen Folgen und die internationale Reaktion.

Gesetzlicher Rahmen und Wehrdienst

In Belarus gilt die Wehrpflicht für alle Männer zwischen 18 und 27 Jahren, die dem Militär gemeldet und keine Reservisten sind. Die Einberufung findet zweimal im Jahr statt, jedes Mal werden etwa 10.000 junge Männer eingezogen. Hochschulabsolventen dienen ein Jahr, während diejenigen ohne Hochschulabschluss anderthalb Jahre dienen.

Die belarussische Armee besteht aus ungefähr 48.000 Soldaten und 12.000 Grenzschützern. Das Land unterhält ein starkes Militär, um mit ihm Kontrolle über die Bevölkerung auszuüben.

Folgen für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure

Die Verweigerung des Wehrdiensts in der belarussischen Armee bringt erhebliche rechtliche Folgen mit sich. Laut Strafgesetzbuch drohen Kriegsdienstverweigerern Geld- und Haftstrafen sowie, in Extremfällen bei Desertion die Todesstrafe unter dem Vorwurf des „Hochverrats“. Kriegsdienstverweigerer können ebenso zu einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren verurteilt werden.

Die Regierung hat zudem Telegram-Kanäle ins Visier genommen, die Kriegsdienstverweigerern Unterstützung anbieten. Deren Moderatoren und Nutzer werden häufig des Extremismus beschuldigt und angeklagt, was im Fall einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von bis zu 7 Jahren bedeutet.

Die belarussische Regierung kriminalisiert aktiv diejenigen, die versuchen, den Wehrdienst zu vermeiden und zwingt sie oft zu öffentlichen Gerichtsprozessen, die dazu dienen, andere einzuschüchtern. Diese Prozesse werden häufig im Fernsehen übertragen und dienen dadurch als Warnung für alle, die sich überlegen, den Wehrdienst zu verweigern.

Das belarussische Regime hat „Unser Haus“ als extremistische Organisation bezeichnet, und viele Telegram-Kanäle als extremistisch eingestuft, die Kriegsdienstverweigerer unterstützen. Den Redakteuren dieser Kanäle drohen bis zu 7 Jahre Gefängnis. Ich wurde für meine Aktivitäten zur Unterstützung von Kriegsdienstverweigerern zur Terroristin erklärt und in Abwesenheit zu 12 Jahre Freiheitsstrafe verurteilt.

Arbeit und Wehrdienst

In Belarus wird der Nachweis des Wehrdiensts für die Vergabe von jeglicher Arbeitsstelle verlangt. In dem Sinne muss jeder Belarusse sein Militär-Ticket bei einer Bewerbung auf eine Stelle vorlegen. Durch das Fehlen eines solchen Tickets werden Kriegsdienstverweigerer aus dem regulären Arbeitsmarkt ausgeschlossen und oft in illegale oder prekäre Arbeit gezwungen.

Bedingungen im belarussischen Militär

Die Bedingungen im belarussischen Militär sind streng und ähneln den Haftbedingungen in Gefängnissen. Soldaten müssen physischen sowie psychischen Missbrauch ertragen, z.B. Schikanierungen und Bestrafungen, zu denen Fußtritte und Schläge an den Hals gehören. Soldaten können für Regelverstöße wie etwa die Nutzung ihres Mobiltelefons bis zu 15 Tage in Einzelhaft gesperrt werden. Außerdem sind die Soldaten dazu verpflichtet, sich täglich staatliche Propaganda anzuschauen. Dieses Ausgesetzt sein der staatlichen Propaganda soll ihren Willen brechen und ihre Regimetreue stärken.

Die grausamen Bedingungen, darunter die ständige Strafandrohung und die Gehirnwäsche mittels der Propaganda, erzeugen ein Umfeld, in dem individueller Widerstand gebrochen wird und in dem die Soldaten über wenig Selbstbestimmung verfügen.

Militärakademie und Zwangsarbeit

Absolventen der belarussischen Militärakademie werden bei Verweigerung der Wehrpflicht mit Zwangsarbeit bestraft. Diejenigen, die die Akademie zwar absolvieren, aber ihre Wehrpflicht verweigern, müssen mindestens 5 Jahre Zwangsarbeit leisten. Zudem werden sie aufgrund der Kriegsdienstverweigerung mit schweren, von 25.000 € bis 30.000 € reichenden Geldstrafen belegt. Dieses System verstrickt Kriegsdienstverweigerer so in einen Teufelskreis von Unterdrückung und finanziellen Notlagen.

Internationale Herausforderungen und fehlende sichere Häfen

Kriegsdienstverweigerer aus Belarus, die einen Fluchtversuch aus dem Land wagen, werden in Nachbarländern mit erheblichen Hürden konfrontiert. Obwohl viele von ihnen Zuflucht in Litauen suchen, werden sie oft zurück nach Belarus deportiert, da Litauen sie als Bedrohung der nationalen Sicherheit einstuft. Russland, die Türkei und Kasachstan stellen ebenso keine tatsächlichen Zufluchtsorte dar, weil sie Kriegsdienstverweigerer aufgrund von diplomatischem Druck oder fehlendem Rechtsschutz oft zurück nach Belarus schicken. Diese Umstände versetzen viele Kriegsdienstverweigerer in beständige Angst, da sie keinen sicheren Ort zum Leben finden können, ohne das ständige Gefühl der Bedrohung durch Verfolgung haben zu müssen.

Schlussfolgerung

Die Unterdrückung, die belarussische Kriegsdienstverweigerer und Deserteure erleben, unterstreicht die weitreichenden Probleme auf Grund von Menschenrechtsverletzungen und der Unterdrückung der Gewissensfreiheit in Belarus. Trotz des intensiven Drucks widersetzen sich diese Menschen weiterhin und wählen Frieden statt Krieg unter Inkaufnahme von großen persönlichen Risiken. Die internationale Gemeinschaft muss sich weiterhin für die Anerkennung von Kriegsdienstverweigerung als Menschenrecht einsetzen und die Gewährung von Asyl und Schutz für diejenigen sicherstellen, die vor Verfolgung fliehen.

Olga Karatch

 

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Olivia Howe vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!

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