Berlin weitet Bundeswehr-Aktivitäten in Südostasien aus und steigt in gemeinsame Manöver mit Indonesien ein. Jakarta ist dezidiert nicht bereit, sich gegen China in Stellung bringen zu lassen.

Die Bundesregierung sucht die militärische Präsenz Deutschlands in Südostasien zu stärken und leitet dazu gemeinsame Manöver mit Indonesien ein. In diesen Tagen sind deutsche Beobachter beim Manöver Super Garuda Shield präsent, das von Indonesien und den USA abgehalten wird. Beteiligt sind Soldaten unter anderem aus Japan, Frankreich und Großbritannien. Im kommenden Jahr sollen eine Fregatte sowie ein Versorgungsschiff der Deutschen Marine auf ihrer geplanten Asien-Pazifik-Fahrt gemeinsam mit indonesischen Kriegsschiffen üben. In den vergangenen beiden Jahren hatte sich die Bundeswehr in der Region vor allem auf eine Beteiligung an Großmanövern in Australien fokussiert sowie kleinere Abstecher nach Japan und Südkorea unternommen. Erste Versuche, auch in Südostasien Fuß zu fassen, unternahm Berlin über eine gewisse Militärkooperation mit Singapur. Als gemeinsames Ziel Deutschlands und der USA gilt es, die südostasiatischen Staaten gegen China in Stellung zu bringen. Indonesien ist dazu nicht bereit. Er werde in Kürze auch nach Moskau und Beijing reisen, sagte Verteidigungsminister Prabowo Subianto kürzlich in Washington: „Wir wollen allen Staaten freundschaftlich verbunden sein.“

Super Garuda Shield 2023

Das Manöver Garuda Shield wird bereits seit 2009 als gemeinsame Kriegsübung der USA und Indonesiens abgehalten. Seit dem vergangenen Jahr, als erstmals Einheiten aus weiteren Staaten teilnahmen, trägt es den Namen Super Garuda Shield. In diesem Jahr beteiligen sich an der Übung, die am 31. August begonnen hat und noch bis zum 13. September andauern soll, außer rund 1.900 indonesischen und gut 2.100 US-Militärs Soldaten aus Australien, Japan und Singapur, aus Frankreich und aus Großbritannien.[1] Unter anderem dient das Manöver dazu, die Interoperabilität zwischen den beteiligten Streitkräften zu verbessern und damit prinzipielle Voraussetzungen für gemeinsame Kriegsoperationen zu schaffen. Geprobt werden zum Beispiel Landeoperationen von See her wie auch aus der Luft, die Eroberung eines Flugplatzes und Kampfhandlungen an Land. Wie berichtet wird, erstreckt sich die Übung auch auf Seegebiete nahe den Natuna-Inseln im Südchinesischen Meer; auf Gewässer, die nicht weit von diesen Inseln entfernt liegen, erhebt China Ansprüche. Insgesamt zwölf Staaten haben Beobachter zu Super Garuda Shield 2023 entsandt. Zu ihnen gehören Brasilien, Indien, Südkorea, die Philippinen – und die Bundesrepublik.

Manöverschwerpunkt Australien

Deutschland setzt mit der beobachtenden Teilnahme an dem Manöver seine Bemühungen fort, eine stärkere militärische Präsenz in der Asien-Pazifik-Region zu entfalten. Schwerpunkt der bisherigen dortigen Bundeswehr-Aktivitäten ist Australien. Dort hatte die Fregatte Bayern Ende 2021 im Rahmen der ersten Asien-Pazifik-Fahrt der Deutschen Marine angelegt.[2] 2022 war ein Geschwader der Luftwaffe zu Großmanövern nach Australien geflogen.[3] 2023 schließlich hatte das Deutsche Heer seinen Einstand auf dem Kontinent gegeben: mit der Teilnahme an Talisman Sabre 2023, einer recht breit angelegten, von Australien und den USA geführten Kriegsübung, in der völlig unverhüllt Militäroperationen gegen China geprobt wurden (german-foreign-policy.com berichtete [4]). Für das kommende Jahr kündigt Berlin die erneute Entsendung einer Fregatte und eines Versorgungsschiffes der Deutschen Marine in den Pazifik an. Darüber hinaus hat die Bundeswehr ihre Aktivitäten bisher um kleinere Übungen in anderen Ländern der Region ausgeweitet, die im Rahmen von Abstechern bei der An- und der Abreise nach bzw. aus Australien durchgeführt wurden – dies überwiegend in Japan, in Südkorea und in Singapur.

Militäraktivitäten in Singapur

Über Singapur sucht die Bundesrepublik dabei ihre Aktivitäten nach Südostasien hinein auszudehnen. Der Stadtstaat gilt als dem Westen verbunden; so beteiligt er sich als einziges Land der Region an den westlichen Russland-Sanktionen. Zudem besitzt er geostrategisch besondere Bedeutung: Er liegt an der Straße von Malakka, einer wichtigen Meerenge, durch die Ostasiens Seehandel mit den Staaten des Mittleren Ostens, Afrikas und Europas abgewickelt wird. Singapur ist ein bedeutender Abnehmer deutscher Rüstungsprodukte; die Panzertruppen des Landes trainieren darüber hinaus auf deutschen Truppenübungsplätzen. Zudem ist seit 2019 ein Verbindungsoffizier der deutschen Marine am Information Fusion Centre (IFC) in Singapur stationiert, einer Einrichtung, an der Informationen über die maritime Sicherheit in der Region ausgetauscht werden, so etwa Hinweise auf Schmuggel, Piraterie und maritimen Terrorismus.[5] Erst kürzlich nahmen der deutsche Verbindungsoffizier am IFC sowie zwei weitere Angehörige der Deutschen Marine bereits zum zweiten Mal seit 2022 an der Übung SEACAT (Southeast Asia Cooperation and Training) teil, die jährlich in Singapur abgehalten wird. Unter Anleitung der 7th U.S. Fleet wurden dabei Maßnahmen etwa zum Boarding fremder Schiffe diskutiert und geübt.[6]

Kriegsübungen mit Indonesien

Berlin ist darüber hinaus bestrebt, rüstungs- und militärpolitisch auch in Indonesien stärker Fuß zu fassen, um seine Präsenz in der Asien-Pazifik-Region weiter nach Südostasien hinein auszuweiten. Die Bundesrepublik hat ihre Rüstungsexporte nach Indonesien schon in den vergangenen Jahren ausgeweitet. Bereits 2013 erhielt die Waffenschmiede Rheinmetall die Genehmigung, Jakarta 164 gepanzerte Fahrzeuge zu liefern, darunter über 100 Leopard 2A6. 2018 genehmigte die Bundesregierung die Ausfuhr zweier Minenjagdboote von Abeking & Rasmussen; diese wurden im Mai dieses Jahres ausgehändigt.[7] Als Verteidigungsminister Boris Pistorius am 5. Juni zu Gesprächen mit seinem Amtskollegen Prabowo Subianto in Jakarta weilte, stellte er diesem die mögliche Lieferung von zwei Militärtransportern A400M in Aussicht. Eine solche Lieferung könne als „Einstieg in ein größeres A400M-Programm“ fungieren, wurde berichtet.[8] Pistorius drang darüber hinaus auf eine rasche Ausweitung auch der Militärkooperation und insbesondere auch auf gemeinsame Manövertätigkeiten; die deutschen Kriegsschiffe, die nächstes Jahr in den Pazifik entsandt werden, sollen gemeinsam mit Indonesiens Marine üben. Die Beobachtertätigkeit bei Super Garuda Shield 2023 gilt dabei als ein Einstieg in die Manöverkooperation.

Kein Schauplatz für Rivalität

Einem zentralen Ziel, das Berlin und Washington mit ihren Indonesien-Manövern verfolgen, verweigert sich Jakarta allerdings hartnäckig. Die USA und Deutschland zielen darauf ab, Indonesien dicht an den Westen zu binden und das Land gegen China in Stellung zu bringen – auch mit Hilfe gemeinsamer Kriegsübungen. Dazu ist die indonesische Regierung nicht bereit. So stellte Prabowo kürzlich nach einem Treffen mit US-Verteidigungsminister Lloyd Austin fest, Jakarta wünsche zwar ein gutes Verhältnis zu Washington. Allerdings wolle er unterstreichen, „dass wir auch sehr gute Beziehungen zu China haben“.[9] Darüber hinaus „suchen wir Freundschaft mit Russland“. „Ich werde Moskau besuchen, ich habe auch eine Einladung, im Oktober Beijing zu besuchen“, teilte Prabowo mit: „Wir wollen allen Staaten freundschaftlich verbunden sein.“ Indonesiens Präsident Joko Widodo hat dies gestern auf dem ASEAN-Gipfel in Jakarta bekräftigt. Das gesamte ASEAN-Bündnis, dem zehn Staaten Südostasiens angehören, „hat sich geeinigt, kein Stellvertreter für irgendeine Macht zu werden“, erklärte Jokowi: ASEAN kooperiere mit allen Staaten, um Frieden und Wohlstand zu erreichen; niemand dürfe das Bündnis „zu einem Schauplatz für destruktive Rivalität“ machen.[10] Jakarta besteht auf seiner Neutralität.

 

[1] Niniek Karmini: US, Indonesia and 5 other nations hold war drills amid China concerns. apnews.com 01.09.2023.

[2] S. dazu Die Fregatte Bayern auf Kolonialfahrt.

[3] S. dazu Die zweite Front der Bundeswehr.

[4] S. dazu Das Deutsche Heer am Pazifik (II) und Deutschland im Pazifik-Militärblock.

[5] S. dazu Kriegsübungen in Südostasien.

[6] Übung in Singapur zur maritimen Sicherheit. bundeswehr.de 31.08.2023.

[7] German Defense Minister Offers Indonesia To Hold Joint Military Exercises. voi.id 05.06.2023.

[8] Matthias Gebauer: Pistorius stellt Indonesien zwei A400-Militärflieger in Aussicht. spiegel.de 05.06.2023.

[9] No joint statement with US on China’s South China Sea claims: Subianto. en.antaranews.com 31.08.2023.

[10] Commencing 43rd Summit, President Jokowi Calls for Equality. asean2023.id 05.09.2023.

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