Sogenannte „Lösungen“ für die Biodiversitäts- und Klimakrise werden entwickelt, nicht um die biologische Vielfalt zu schützen, sondern um die nicht nachhaltige Fortsetzung des „business as usual“ zu gewährleisten.

Der Globale Aktionsplan für Biodiversität, der auf der COP 15 verhandelt wird, enthält Vorschläge für das sogenannte „Business for Nature“ oder „Nature-Positive Business“, „30×30“ und Biotechnologie zum Schutz der biologischen Vielfalt. Diese Vorschläge werden als wichtige „Lösungen“ für die Krise der biologischen Vielfalt angepriesen, obwohl sie nur dazu gedacht sind, durch die Förderung von Kompensationsgeschäften, Landraub und gefährlichen neuen, noch nicht erprobten Technologien das „Business as usual“ voranzutreiben. Nach Ansicht von Experten aus vier Kontinenten stellen sie Bedrohungen für indigene Völker, lokale Gemeinschaften, die Artenvielfalt und das Klima dar.

Die Ausweitung sogenannter „Schutzgebiete“ und Kompensationsmaßnahmen im Rahmen dieser Konzepte von „Naturfreundlichkeit“ oder „naturbasierten Lösungen“ hat nichts mit der Eindämmung des Biodiversitätsverlustes zu tun. Es geht nur darum, den Weg für die Wirtschaft zu ebnen und die fortschreitende Zerstörung der biologischen Vielfalt und die Emission von Treibhausgasen durch die Anpreisung von Schutzgebieten als Biodiversitäts-Kompensation zu ermöglichen“, erklärte Souparna Lahiri von der Global Forest Coalition. „Wenn wir die biologische Vielfalt wirklich schützen und erhalten wollen, müssen wir den Verlust der biologischen Vielfalt tatsächlich stoppen.»

Die rasante Entwicklung neuer, extremer und unerprobter Technologien führt zu erneuten Forderungen nach der Anwendung des Vorsorgeprinzips – einschließlich des „Horizon Scanning“, um risikoreiche neue und aufkommende Technologien zu erkennen und einzudämmen, bevor sie eingesetzt werden.

„Die Länder, die hier über den Schutz der globalen Biodiversität verhandeln, müssen das Vorsorgeprinzip beibehalten, auf dem das CBD (Convention on Biological Diversity, Abkommen über die biologische Vielfalt) gegründet wurde. Der hier vereinbarte Text muss sicherstellen, dass die Gesellschaft partizipative Mechanismen aufbaut, um den Horizont nach zukünftigen Risikotechnologien abzusuchen und neue Technologien, die sich bereits in der Entwicklung befinden, wie z.B. gentechnisch veränderte Organismen, zu bewerten und bestehende Technologien auf mögliche schädliche Auswirkungen zu überwachen. Die katastrophalen ökologischen und gesundheitlichen Folgen der letzten 20 Jahre Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen sind ein Lehrstück dafür, was passiert, wenn keiner dieser drei Prozesse effektiv abläuft, wie im letzten Monat in Kenia deutlich wurde“, sagte Tom Wakeford von der ETC Group.

Besonders besorgniserregend sind die Auswirkungen neuer Gentechnologien auf Bestäuber.

„Die geplante Freisetzung gentechnisch veränderter amerikanischer Kastanien in wilde Wälder, die sich ausbreiten und einheimische wilde Verwandte kontaminieren sollen, ist ein reales Beispiel dafür, wie notwendig das Vorsorgeprinzip ist. Dies wäre die erste Freisetzung einer GVO-Pflanze, die sich in der freien Natur vermehren soll, und es gibt keine Risikobewertungen zu den langfristigen Auswirkungen auf die Ökosysteme der Wälder, die biologische Vielfalt, die lokalen Gemeinschaften oder die Bestäuber, die die Pollen der gentechnisch veränderten Bäume fressen“, fügt Anne Petermann vom Global Justice Ecology Project hinzu.

Hier eine Zusammenfassung der Punkte aus dem Appell von Wissenschaftlern und politischen Experten. Darin werden die Staats- und Regierungschefs an der COP15 aufgefordert, das Vorsorgeprinzip auf Biotechnologien anzuwenden, die Insektenbestäubern schaden könnten: „Die Freisetzung von Organismen, Produkten oder Komponenten, die durch genetische Biotechnologien gewonnen werden, könnte die derzeitigen Stressfaktoren, denen Bestäuber bereits ausgesetzt sind, noch verstärken. Es ist nicht möglich, robuste und zuverlässige Risikobewertungen vorzunehmen, um sicherzustellen, dass der Rückgang der Bestäuber durch die Freisetzung dieser Biotechnologien nicht noch weiter beschleunigt wird. Deshalb muss das UN-Vorsorgeprinzip strikt angewendet werden.“

„In der Landwirtschaft sind die genetischen Biotechnologien darauf ausgerichtet, das „Business as usual“ aufrechtzuerhalten: große Monokulturen, die die Artenvielfalt zerstören. An der COP 15 sollten wir uns darauf konzentrieren, wie wir Arbeitslandschaften umgestalten können, um die Artenvielfalt zu erhalten und wiederherzustellen und gleichzeitig genügend nahrhafte Lebensmittel zu produzieren. Es gibt viele Beispiele aus agrarökologischen Betrieben auf der ganzen Welt, die zeigen, dass dies machbar ist“, fügte Lucas A. Garibaldi, Ko-Vorsitzender von IPBES und Mitverfasser des Appells, hinzu.

Im Jahr 2008 hat die Uno-Biodiversitäts-Konferenz in Bonn einen Beschluss zu gentechnisch veränderten Bäumen gefasst, der die Länder auffordert, einen Vorsorgeansatz zu verfolgen, da es keine Informationen über die Auswirkungen von gentechnisch veränderten Bäumen auf die biologische Vielfalt der Wälder oder auf indigene Völker und lokale Gemeinschaften gibt. Trotzdem treiben Unternehmen und Forscher in den USA und Brasilien Pläne zur großflächigen Freisetzung gentechnisch veränderter Bäume voran.

Übersetzung aus dem Englischen von Domenica Ott vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!