Das Megaprojekt Tesla Grünheide bedroht Mensch und Natur – gegen die Klimascheinlösung und den Wasserraub protestierte ein breites Spektrum von Aktiven, denn: Wasser ist Leben!
Ausgerechnet am Weltwassertag, dem 22. März, hat Elon Musk seine erste Tesla-Fabrik in Europa eröffnet. Mit ihm kamen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nach Grünheide (Brandenburg) zum Feiern mit geladenen Gästen.

Voller Bewunderung lobten die Herren die Geschwindigkeit, mit der Musk seine Firma in nur zwei Jahren errichtet hat – obwohl die umweltrechtliche Genehmigung erst vor zwei Wochen erteilt worden war. Die ersten 30 Tesla-Elektroautos wurden zur Eröffnung schon ausgeliefert.

Der Produktionsstart sei „ein besonderer Tag für die Mobilitätswende in Deutschland“ behauptete Habeck, und drohte: „Wir brauchen auch bei anderen Infrastrukturvorhaben, wie dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Stromnetze mehr Tesla-Tempo.“ Kein Wort davon, dass die Fabrik mit ihrer Hochrisikotechnologie in einem Wasserschutzgebiet errichtet wurde und die Versorgung mit Trinkwasser in der Region, und bis nach Berlin gefährdet. Und auch kein Wort davon, dass es sich bei der Umrüstung des Individualverkehrs mit elektrisch angetriebenen Tesla-SUVs um eine typische Klimascheinlösung handelt, die absehbar die Klimakatastrophe vorantreiben wird. Wer diese „Überwachungsanlagen auf vier Rädern“ (Digitalcourage) feiert, macht sich darüber hinaus mitschuldig an der überbordenden Digitalisierung des Alltags.

Proteste gegen Tesla am Weltwassertag

(Bild: Elisabeth Voß | CC BY 3.0 DE)

„Uns geht es um ein Leben in Würde auf unserem Planeten in seiner wunderbaren Vielfalt.“

Während die Besucher*innen Schlange standen, demonstrierten Anwohner*innen von der BI Grünheide gemeinsam mit Leuten von der Wassertafel und dem Berliner Wassertisch:

„Elon Musk hat um diese Tage herum seine Eröffnungsparty geplant, nachdem die Brandenburger Regierung ihm nun doch die endgültige Genehmigung gab. Und das, obwohl per Gerichtsentscheid die Wasserfrage für ihn und die ganze Region noch nicht geklärt ist. Schon jetzt herrscht in unserer Region dramatische Trockenheit.“ (Aus dem Aufruf der BI Grünheide)

Für uns ist der heutige Weltwassertag ein Tag der Wut, nicht der Resignation! Wut gegen viele Katastrophen, die hier zusammenkommen. … Hier beginnt heute die Serienproduktion eines Klimakillers höchsten Grades: Diese Teslas fressen Rohstoffe, die anderswo die Natur zerstören und ihre Batterien werden Energie größten Ausmaßes verbrauchen. Welch ein Irrglaube, die E-Autos würden das Klima retten. … Uns geht es um ein Leben in Würde auf unserem Planeten in seiner wunderbaren Vielfalt. Wir alle wissen, es gibt kein Leben auf diesem Planeten ohne Wasser, wir müssen und wir werden weiterkämpfen, wir haben keine andere Wahl. Fliegen sie, Herr Musk, ruhig mit ihren Kumpanen auf den Mond und errichten Sie dort das Paradies, das sie uns hier vorgaukeln. Nehmen Sie die politischen Kollaborateure am besten gleich mit. Wir kümmern uns um unsere Welt hier vor Ort. Wir sind 8 Milliarden, ihr seid eine Handvoll Profitgeier. “ (Dorothea Härlin vom Berliner Wassertisch).

Auch Aktive aus der Zapatistas-Solibewegung protestierten gegen das zerstörerische Megaprojekt. Sogar aus Lützerath waren Klimaaktivist*innen angereist. Die Demonstration führte vom Bahnhof Fangschleuse liefen sie einige Kilometer zu Tesla und hielten auf einem Platz vor dem Werk eine Kundgebung ab. Auch Aktivist*innen von Extinction Rebellion und Ende Gelände waren dabei.

Proteste gegen Tesla am Weltwassertag

(Bild: Elisabeth Voß | CC BY 3.0 DE)

#demuskieren und #GigaFUCKtory

Einige seilten sich bei Erkner von einer Brücke über der A10 ab, so dass die Autobahn für mehrere Stunden gesperrt werden musste. Andere hatten sich für eine Sitzblockade direkt in der Einfahrt vor Tesla mit den Händen an den Boden geklebt. In „sozialen“ Medien wurde unter den Hashtags #demuskieren und #GigaFUCKtory über die Aktionen berichtet.
Die Kundgebung vor dem Tesla-Gelände wurde von Aktivist*innen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkünfte gestaltet. Die transnationale Ausrichtung spiegelte sich in Transparenten, Redebeiträgen und in einem Aufruf mit den Hashtags #WaterIsLife2022, #AguaEsVida2022 und #GigafacturyGigafuckery:

„Vom 20. bis 25. März protestieren Menschen weltweit, um auf die zahlreichen Wasserkrisen aufmerksam zu machen. Wir fordern, dass die kriminellen Konzerne aufhören, diese heilige Ressource zu missbrauchen, und dass die Finanzinstitutionen aufhören, mit unserem kostbaren Gut zu handeln, das ihnen von vorneherein nicht gehört! … Wir werden nicht einfach zusehen, wie der deutsche Staat, mit Regierungsvertreter Olaf Scholz und Elon Musk sich gegenseitig auf die Schulter klopfen für ein Projekt, das ein Schlag ins Gesicht vergangener, gegenwärtiger und zukünftiger Generationen ist. Kämpft mit uns für unsere Gewässer, für eine wirklich gerechte Energiewende, gegen Land- und Wasserraub durch ein kapitalistisches Machtsystem, das echte Veränderungen, die dringend notwendig sind, verhindert!“

„Die Reichen verraten die Arbeiterklasse, um ihre eigenen Taschen zu füllen.“

Auch indigene Stimmen aus Texas wurden auf der Kundgebung verlesen (beide Statements hier gekürzt und übersetzt mit deepl.com):

„Mein Name ist Emma Guevara, und ich komme aus Brownsville, Texas, einer Gemeinde an der Grenze zwischen den USA und Mexiko und am Golf von Mexiko, auf Land, das den ursprünglichen indigenen Völkern gestohlen wurde: dem Carrizo Comecrudo Tribe of Texas. Unsere Gemeinschaft arbeitet mit dem Stamm zusammen, um die fortschreitende Kolonisierung unserer Region durch Elon Musk und seine SpaceX-Anlage, zwei geplante Flüssiggas-Exportterminals, eine geplante Ölraffinerie und viele Pipelines, die Öl und Gas transportieren würden, zu stoppen. … Diese Anlagen und ihre Aktivitäten bedrohen die Gesundheit und Sicherheit unserer Gemeinde, unserer vielfältigen Tierwelt und der Gewässer des Golfs von Mexiko. SpaceX führt auch zu einer raschen Gentrifizierung unserer Küste und unserer Gemeinden, indem es die langjährigen Bewohner*innen verdrängt … Dieser kapitalistische Angriff eines Milliardärs mit einem aufgeblähten Ego wurde auch durch unsere eigenen lokalen, regionalen und staatlichen Regierungen verschärft, die eine klare Klassenspaltung geschaffen haben, bei der die Reichen die Arbeiterklasse verraten, um ihre eigenen Taschen zu füllen. Diese Anlagen müssen geschlossen und gestoppt werden, denn es steht zu viel auf dem Spiel.“

„Elon Musk ist ein Rassist, Betrüger und Kolonisator.“

Die zweite Stellungnahme aus Texas kam von Christopher Basaldu:

„Elon Musk ist ein Rassist, Betrüger und Kolonisator. Elon kolonisiert aktiv Brownsville, Texas, seine Strände und Menschen. Dieses Land ist das Land der Esto’k Gna, des Carrizo Comecrudo Tribe von Texas. Weder Elon noch seine Unternehmen haben die Ureinwohner*innen dieser Gebiete konsultiert, um die Zustimmung zu seinen zerstörerischen Projekten einzuholen. Sein Projekt in Brownsville entweiht heiliges Land, gefährdet Wildtierarten und verschmutzt das Land. Dieser verrückte Milliardär will die größten Testraketen in der Geschichte der Menschheit in einem Naturschutzgebiet in die Luft jagen. Und er will an der gleichen Stelle nach Öl und Gas bohren, um seine Raketen zu betreiben. Weil er keine Verbindung zu dem Land hat und weil er die Ureinwohner als Untermenschen betrachtet, will er unsere heilige Heimat zerstören. Elon glaubt, er habe das Recht, Land zu zerstören, das ihm nicht gehört, und von Land und Arbeit zu profitieren, das ihm nicht gehört. Das ist Kolonisierung. Ein reicher weißer Mann, der nicht-weißen armen Menschen Leid zufügt, nur um des Profits willen. Er muss gestoppt werden.“

„Das neoliberale und extraktivistische Modell muss beendet werden.“

Ein weiterer Beitrag kam aus Chile, vom Movimiento por el Agua y el Territorio (MAT – Bewegung für Wasser und Territorium). Die soziale Basisorganisation kämpft dafür, den Wasserdiebstahl sichtbar zu machen und die Unternehmen anzuprangern, die für den Wassermangel verantwortlich sind, vor allem dort, wo Avocadoanbau und Bergbau den bäuerlichen Gemeinschaften das Wasser entzogen haben. MAT betont, dass das Problem nicht Dürre, sondern Plünderung heißt, und arbeitet an der Aufnahme des Rechts auf Wasser in die neue Verfassung:

„Wir sind klar und kategorisch dafür, der Privatisierung des Wassers ein Ende zu setzen und dafür zu sorgen, dass umweltpolitische Grundsätze in die neue Verfassung einfließen und dort Wirklichkeit werden. Dort muss eindeutig festgelegt werden, dass Wasser nicht länger als kommerzielle Wirtschaftsressource verstanden werden kann und dass seine Privatisierung beendet werden muss, indem es als natürliches Gemeingut, das alle Formen des Lebens für alle gegenwärtigen und zukünftigen Generationen bewahrt, verfassungsmäßig verankert wird. Um dies zu erreichen, muss das neoliberale und extraktivistische Modell, das in diesem Land seit fast einem halben Jahrhundert vorherrscht, beendet werden. … Wobei die Natur stets als Subjekt mit Rechten zu betrachten ist.
Wir schätzen und begrüßen die Vereinbarungen, die die Wählerinnen und Wähler bereits für eine feministische, plurinationale und radikal demokratische Verfassung getroffen haben. … Die gestohlenen Gewässer werden zurückgewonnen!“

Proteste gegen Tesla am Weltwassertag

(Bild: Elisabeth Voß | CC BY 3.0 DE)

Breite Vernetzung gegen Megaprojekte und für das Gemeingut Wasser

Wasser wird knapp werden, davor warnen auch die Wasserversorger in Brandenburg. Zur Klimakatastrophe kommt nun noch Teslas überbordender Wasserverbrauch hinzu. Dass es nicht gelungen ist, dieses zerstörerische Megaprojekt zu verhindern, kann als Schwäche der Protestbewegungen gedeutet werden. Gleichzeitig deutete sich am Weltwassertag 2022 eine zwar noch kleine, aber sehr vielfältige und bewegungsübergreifende Vernetzung und Zusammenarbeit an. Die unterschiedlichen Betroffenheiten schaffen ein Bild mit klarer Zielrichtung: Gegen zerstörerische Megaprojekte weltweit, die nur dem Profit von Wenigen dienen, für die Bedürfnisse und Notwendigkeiten der Vielen überall, für das Leben!

Vielleicht können die Tesla-Proteste einen Beitrag leisten zur Verbindung der vielen Alltagskämpfe und zu einem vielfältigen utopischen Mosaik mit real existierenden Keimformen im Hier und Jetzt, die ein vielfarbiges Bild schaffen entlang der offenen Frage: In welcher Gesellschaft wollen wir leben?!

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Wir bedanken uns bei Clara Thompson für das Einverständnis zur Veröffentlichung des Titelbildes.


Transparenzhinweis der Autorin:

Ich war nicht als neutrale Beobachterin dabei, sondern als Mitmachende. In der letzten Beteiligungsrunde zur Tesla-Genehmigung hatte ich mich mit eigenen Einwendungen beteiligt. Meine Argumente wurden ab- und weggewogen, so wie alle anderen auch:

17.08.2021: Tesla in Grünheide verhindern!
19.08.2021: Tesla in Grünheide verhindern! (2)
24.09.2021: Tesla in Grünheide: Online-Erörterung beginnt
21.10.2021: Tesla-Erörterung wird wiederholt

Der Originalartikel kann hier besucht werden