Dieser zweiteilige Artikel bietet eine Pro-Frieden Perspektive für den derzeitigen Krieg gegen ISIS in Irak und Syrien an.

Zuerst gibt er einige Prinzipien vor, die einen anderen Diskurs stimulieren sollen, einen anderen Weg nachzudenken, welcher nicht militaristisch ist – und dann einige konkrete Vorschläge – 27 insgesamt, zur Erwägung, Diskussion mit Freunden und vielleicht, um sie innerhalb der sozialen und anderen Medien zu teilen.

Von Jan Oberg – 6.Oktober 2014

Weder Krieg noch Nichtstun

Das Prinzip “eine Auge für ein Auge wird die ganze Welt eines Tages erblinden lassen” – sagte Mohandas K. Gandhi, der am 2. Oktober 2014 vor 145 Jahren geboren wurde. Seitdem hat die Menschheit nicht viel Fortschritt gezeigt, wenn es darum geht, Konflikte zu überwinden.

Lasst uns anerkennen, dass es eine schwierige Situation ist – der Mittlere Osten ist ein Chaos und der Westen hat eine tiefe Mitverantwortung dafür, wenn man auf die ungefähr letzten hundert Jahre schaut – Syke-Picot, Balfour, Putsche, Besetzungen, Bombardements, Militärbasen, Öl-Gier etc.

Es gibt also keine einfachen Lösungen

Trotzdem gibt es drei einfache Prinzipien, welche uns allen helfen werden:

A)   Seid Euch der Mitverantwortung des Westens bewusst,

B)    Macht nicht alles noch schlimmer – und

C)    Erinnert Euch, dass Gewalt neue Gewalt hervorruft, Wunsch nach Rache und mehr Gewalt – Rückschlag-Effekt

Unglücklicherweise werden A bis C komplett ignoriert von den bombardierenden Nationen – USA, Frankreich, Großbritannien, Belgien und meiner eigenen Heimat Dänemark, zusammen mit einigen kleinen arabischen Staaten, die paradoxerweise ISIS finanziert haben – Al-Kaida im Irak – viele Jahre lang.

Es ist einfach, für den Krieg zu sein. Die intellektuell Faulen sind in der Lage, dass sie, bevor sie zum Krieg als Lösung kommen, selten über zivile Mittel nachgedacht oder sie versucht haben. Es ist auch ziemlich einfach zu rufen „Nieder mit allen Kriegen und Waffen! – aber gute Friedensherzen allein werden die Probleme, vor denen wir stehen nicht lösen.

Was die Pro und Anti-Kriegsmenschen gemeinsam haben ist der Fokus auf den Krieg als solchen. Wir sollten diesen Fokus verschieben und fragen: Was sind die Alternativen zu Krieg und militaristischen Pseudo-Lösungen?

Die meisten Menschen scheinen nicht zu wissen, was die UNO Charta in ihrer Präambel besagt – dass die Menschheit „die kommenden Generationen von der Geißel des Krieges befreien“ soll – das bedeutet, den Krieg ganz abzuschaffen.

Das ist die Vision: Was sind die Alternativen zum Krieg? Und wie können Menschen lernen, auf zivilisierte Weise mit den – unvermeidbaren – Konflikten umzugehen, welche jedes menschliche System immer haben wird?

Das ist es, womit Friedensforscher ringen, die ihre Profession und akademische Verantwortung ernst nehmen. Transnational Foundation for Peace and Future Research (Transnationale Stiftung für Friedens- und Zukunftsforschung – TTF) ist eine solche Einrichtung – Pro-Frieden und nicht nur Anti-Gewalt.

Es spricht Bände über die (westliche) Welt, dass mit Krieg in Beziehung stehende Forschung das größte, alleinig dastehende Forschungsfeld ist, mit Milliarden von Dollar zur Verfügung, dass es überall Militärakademien und unzählige Bücher, Filme, Unterhaltung etc. über den Krieg gibt.

Frage nun Dich selbst und Dein Land: Wieviel Forschung, wieviele Akademien und wieviele Bücher, Filme und Lernprogramme gibt es zur Gewaltlosigkeit, Vergebung, Versöhnung etc., also für die UNO Vorgabe für Frieden durch friedvolle Mittel?

Die Vorschläge, welche folgen, sind nicht priorisiert – jeder hat Wichtigkeit und einige können kombiniert werden – lineares Denken wird hier ohnehin nicht funktionieren.

Zu einer neuen Art zu Denken und eine weniger militaristische Welt

Lerne etwas von früheren Kriegen. Sie waren nicht sehr erfolgreich und die meisten ihrer Grundannahmen, auf welchen sie basierten, stellten sich als falsch heraus.

Wir sind zurück im Irak wegen der Invasion, Besetzung und des Miß-Managaments des gesamten Landes durch beklagenswert ignorante Ausländer.

Erkenne, dass Terrorismus nicht ausgerottet werden kann, indem man Terroristen tötet – genauso, wie Du die Welt nicht von der Kriminalität befreien kannst, indem Du Kriminelle tötest. Versuche zu die zugrundeliegenden Triebkräfte zu verstehen und warum Menschen Terroristen werden.

Mache eine zusammenhängende Konflikt-Analyse oder Diagnose und betrachte mehr die Probleme, die gelöst werden müssen, anstelle von einigen speziellen Akteuren.

Gestalte Deine eigene Politik kreativ und begründe sie auf Werten, die Deine eigene demokratische Gesellschaft charakterisieren.

Wenn es falsch ist, Deinen Nachbarn zu töten, warum ist es okay, Tausende aus „nationalem Interesse“ zu töten?

Ausserdem kann die Aussenpolitik eines kleinen Staates nicht darin bestehen, einen Anrufbeantworter aufzustellen, der nur auf Anrufe aus Washington oder Brüssel antwortet mit der Nachricht: Wir warden da sein, wenn Ihr uns wollt! (Dänemarks Aussenpolitik in einer Nussschale)

Denke in Übereinstimmung mit der UNO Charta (Lese sie, wenn Du es noch nicht getan hast). Sie sagt mit übergroßer Deutlichkeit, dass alle zivilen Mittel versucht worden sein sollen und diese als zwecklos befunden sein sollen, bevor militärische Mittel eingesetzt werden.

Agiere nicht in Panik – nimm eine längere Zeit Perspektive ein und definiere die Teilnehmer vom Konflikt weitläufig (es gibt keinen Konflikt mit nur zwei Parteien). Nimm die Rolle des Westens in dieser längeren Perspektive mit auf, koloniales Erbe, Waffenhandel, etc.

Gebrauche Empathie – frage Dich selbst, wie Dein Gegner wahrscheinlich Deine Aktionen wahrnehmen wird; Lasse Dich nicht durch Dein Wunschdenken austricksen: Wenn wir ihnen dies antun, werden sie wahrscheinlich gehorchen und tun, was wir ihnen sagen! Durchdenke mehrere Aktionen und Reaktionen, nicht nur eine Runde.

Lasse Dich nicht beeindrucken von der militärischen Macht/Überlegenheit, welche Du vielleicht besitzt – am Ende des Tages werden Kriege nur gewonnen und Konflikte gelöst durch intellektuelle und moralische Überlegenheit. Hybris ist ein sehr gefährlicher Partner in allen internationalen – und menschlichen – Beziehungen.

Versuche zu verstehen, was ISIS ist, wo ihr Hass und ihre Brutalität herkommen – sieh‘ sie nicht einfach nur als durchgeknallte Männer, die getötet werden müssen. Jemanden zu verstehen ist nicht das gleiche, wie jemanden zu verteidigen. Der Westen hat eine gewisse Verantwortung für die Existenz von ISIS – während das Kalifat und die Brutalität, auf welcher es sich gründet, abscheulich sein mag, hat es historische Wurzeln in beidem, dem Islam und in der selbstherrlichen Behandlung der Region durch den Westen.

In den Krieg zu ziehen ist die wichtigste Entscheidung, die eine Regierung treffen kann. Stelle sicher, dass Du hervorragende Expertise hast – viel und vielfältige – welche Beratung geben in Proportion zu dieser Wichtigkeit.

Stelle auch sicher, dass Du Parlamentarier hast, die sich mit internationalen Angelegenheiten im weitesten Sinne auskennen und nicht einfach nur der Meinung oder dem Befehl von jemand anderen folgen.