Navdanya International hat den Bericht Seeds of Resistance veröffentlicht. Die Studie dokumentiert die weltweite Ausbreitung alter und neuer gentechnisch veränderter Organismen (GVO) sowie den fortschreitenden Abbau von Biosicherheitsvorschriften auf allen Kontinenten. Die Veröffentlichung erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die Europäische Union die Deregulierung von GVO der nächsten Generation vorantreibt und damit den Weg dafür ebnet, dass geneditierte Organismen ohne Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit oder angemessene Risikobewertung auf die Felder und auf die Teller gelangen.
Die vorläufige Trilog-Einigung (Trilog ist ein spezielles Gesprächsformat der EU – Anm. d. Red.) über GVO der nächsten Generation und neue gentechnischen Verfahren (New Genomic Techniques, NGTs) beinhaltet eine künstliche Unterscheidung zwischen verschiedenen Kategorien von NGTs. Dadurch können viele dieser Organismen als „gleichwertig“ mit konventionellen Pflanzen behandelt – und jahrzehntelang erkämpfte Vorsichtsmaßnahmen faktisch umgangen werden. Dieser Kurswechsel, maßgeblich vorangetrieben durch den Druck der Agrarindustrie-Lobby, hat europaweit erheblichen Widerstand ausgelöst. Landwirt:innenverbände, Verbraucher:innenorganisationen und Initiativen für Ernährungssouveränität fordern Transparenz, Wahlfreiheit und die uneingeschränkte Anwendung des Vorsorgeprinzips.
Der Bericht zeigt, wie sich die Kombination von GVO und Gen-Editierung rasant ausbreitet. In Südafrika werden bereits über drei Millionen Hektar mit gentechnisch veränderten Pflanzen bewirtschaftet, was mehr als 85 % der Mais-, 95 % der Soja- und fast der gesamten Baumwollproduktion entspricht. In Kolumbien hat der GVO-Anbau die Marke von 100.000 Hektar überschritten, während in Bangladesch inzwischen mehr als 65.000 Landwirt:innen Bt-Auberginen anbauen. Dennoch stammen weiterhin über 95 Prozent der weltweiten Saatgutversorgung aus traditionellen lokalen Systemen. Dies zeigt, dass Ernährungssouveränität nach wie vor wesentlich auf Saatgut beruht, das von den landwirtschaftlichen Gemeinschaften geschützt wird.
Obwohl der Großteil des weltweiten Saatguts nach wie vor aus traditionellen lokalen Systemen stammt, macht die Studie deutlich, dass das Wachstum von GVO- und geneditierten Kulturen mit einer zunehmenden Konzentration der Kontrolle über das Saatgut und dessen genetischen Eigenschaften einhergeht. Unabhängige Forschung verweist auf unbeabsichtigte Mutationen, genetische Instabilität, Kontaminationen und Biodiversitätsverluste im Zusammenhang mit Technologien wie CRISPR-Cas oder Gene Drives – und dies bei fehlendem wissenschaftlichem Konsens über die Sicherheit von GVO und NGTs.
Die Deregulierung löste zudem eine neue Welle von Patenten auf Saatgut und genetische Merkmale aus. Dadurch wird die Macht multinationaler Konzerne weiter gestärkt, während kleinen Landwirt:innen und unabhängigen Züchter:innen der Zugang zu Saatgut sowie dessen Weiterentwicklung zunehmend erschwert wird. Ruchi Shroff, Direktorin von Navdanya International, betont, dass an GVO der nächsten Generation nichts „natürlich“ sei. Die Techniken mögen sich ändern, doch die zugrunde liegende Logik bleibe dieselbe: die Privatisierung von Saatgut und die Konzentration von Macht in den Händen weniger Konzerne, während Risiken und Kosten auf Landwirt:innen und die Gesellschaft abgewälzt werden.
In seinem Beitrag zu diesem Bericht bezeichnet der Agronom und Genetiker Salvatore Ceccarelli, Mitglied des Vorstands von Navdanya International, GVO und NGTs als „evolutiv verlierende Lösungen“. Sie beruhten auf genetischer Uniformität, während sowohl ökologische als auch medizinische Forschung zeigten, dass Vielfalt die Grundlage für Produktivität, Klimaanpassung und Gesundheit sei. Agrobiodiversität, so Ceccarelli, biete Landwirt:innen nachhaltige Werkzeuge zur Bewältigung von Klimawandel und Schädlingsdruck – ohne Abhängigkeit von patentierten Technologien.
Vandana Shiva, Präsidentin von Navdanya International, verknüpft den Widerstand gegen die Deregulierung mit einer umfassenderen Vision ökologischer Demokratie: Für indigene und bäuerliche Gemeinschaften sind Samen lebendiges Erbe und kein patentierbarer Rohstoff. Saatgutfreiheit zu verteidigen bedeutet, das Recht der Menschen zu verteidigen, ihr Ernährungssystem, ihre Agrarkultur und ihre Zukunft selbst zu bestimmen. Seeds of Resistance zeigt, wie Allianzen zwischen bäuerlichen Netzwerken, indigenen Gemeinschaften, sozialen Bewegungen und Verbraucher:innenorganisationen – von Lateinamerika über Europa bis nach Afrika und Asien – Verbote, Moratorien und den Schutz einheimischer Samen und gentechnikfreier Regionen durchgesetzt haben. Gleichzeitig fordern Hunderte von Organisationen ein Ende der Deregulierung von GVO der nächsten Generation sowie strenge Regeln für deren Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit und Risikobewertung.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!









