Tausende Akten belegen die rechtswidrige Überwachung von Protestierenden und People of Colour in New York. Nach einem fünfjährigen Rechtsstreit erhielten Amnesty International und die Bürgerrechtsorganisation S.T.O.P. über 2700 Dokumente, die den systematischen Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie aufdecken – ein klarer Verstoß gegen Menschenrechte.

Die Analyse der Dokumente offenbart, dass die New Yorker Polizei NYPD automatische Gesichtserkennung trotz hoher Fehlerquote und ohne Genauigkeitsprüfung seit 2015 regelmäßig einsetzt. Zwischen 2019 und 2020 gab die Polizei über fünf Millionen Dollar für diese Technologie aus. Sie wurde genutzt, um Personen anhand von ungefragt eingegangenen Hinweisen aus der Bevölkerung zu identifizieren, die aufgrund einer fremden Sprache oder einer auffälligen, kulturell bedingten Kleidung als verdächtig eingestuft wurden.

Auch harmlose Social-Media-Beiträge wie «NYE in Times Square is da BOMB» führten zu Überwachung. Aktivist*innen, Künstler*innen und Kritiker*innen der NYPD gerieten ins Visier, darunter Angehörige der Black-Lives-Matter-Bewegung.

«Die Sicherheit von People of Colour wird missachtet.» Matt Mahmoudi, Experte für KI und Menschenrechte bei Amnesty International

«New York sieht sich als Zufluchtsstadt, hat aber einen Überwachungsstaat geschaffen», warnt Michelle Dahl, Geschäftsführerin von S.T.O.P. «Dieser kostspielige, fehleranfällige und diskriminierende Einsatz von Technologie gefährdet unsere Mitbürger*innen und verschwendet Milliarden von Dollar. Es ist höchste Zeit, gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen und die Gesichtserkennung zu verbieten.»

«Die Enthüllungen bestätigen unsere früheren Untersuchungen: Die Sicherheit von People of Colour wird missachtet», erklärt Matt Mahmoudi, Experte für KI und Menschenrechte bei Amnesty International. «Das NYPD hat Transparenz verweigert und Grundrechte verletzt, um rechtswidrig in Gesichtserkennung zu investieren.»

Amnesty International, S.T.O.P. und das Bündnis «Ban the Scan» fordern den Stadtrat und den Bürgermeister von New York City auf, den Einsatz dieser diskriminierenden Technologie sofort zu beenden und gesetzliche Verbote zu erlassen. Zwei entsprechende Maßnahmen werden bereits von einer Mehrheit der Ratsmitglieder unterstützt.

Automatische Gesichtserkennung verletzt das Recht auf Privatsphäre, weil massenhaft Bilddaten ohne Zustimmung gesammelt werden. Sie ist rassistisch voreingenommen, weil People of Colour unverhältnismäßig oft ins Visier der Überwachung geraten, und sie schränkt die Meinungs- und Versammlungsfreiheit ein, da friedliche Proteste und freie Meinungsäußerung durch ihre abschreckende Wirkung unterdrückt werden.

Amnesty International fordert seit Langem ein umfassendes Verbot automatischer Gesichtserkennung und biometrischer Massenüberwachung durch Strafverfolgungsbehörden – auch in der Schweiz: Mehr dazu in unserem Portal zum Thema Gesichtserkennung

Die automatische Gesichtserkennung verbreitet sich in Europa rasant. In der Schweiz haben unlängst Sicherheitspolitiker*innen der Allianz Sicherheit Schweiz vorgeschlagen, sie bei Demonstrationen zur Abschreckung und Identifikation potenzieller Gewalttäter*innen einzusetzen.

Der Originalartikel kann hier besucht werden