Pressemitteilung vom 10.09.2025

Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) hat gemeinsam mit den palästinensischen Menschenrechtsorganisationen Al Mezan Center for Human Rights, Al Haq und dem Palestinian Centre for Human Rights (PCHR) bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige eingereicht. Die Anzeige richtet sich gegen einen aus München stammenden Angehörigen der israelischen Armee, der im Verdacht steht, an gezielten Tötungen unbewaffneter palästinensischer Zivilist*innen in Gaza beteiligt gewesen zu sein.

Die Organisationen fordern die Einleitung völkerstrafrechtlicher Ermittlungen wegen des Verdachts der Begehung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Die Strafanzeige stützt sich auf umfangreiches Beweismaterial, welches durch Investigativ-Recherchen und durch audiovisuelle Aufnahmen dokumentiert wurde. Die Recherchen weisen auf die Existenz einer Scharfschützen-Einheit innerhalb der israelischen Armee hin – einer als „Ghost Unit“ bezeichneten Einheit, dem 9. Zug der Hilfskompanie des 202. Fallschirmjägerbataillons. Angehörige dieser Einheit stehen unter dem Verdacht, gezielt palästinensische Zivilist*innen getötet zu haben. Im Zusammenhang mit der israelischen Kriegsführung in Gaza liegen zahlreiche weitere Berichte über ähnliche Tötungshandlungen vor.

Hinweise auf die systematische Tötung von Zivilpersonen

Seit Beginn der israelischen Militäroperation im Gazastreifen am 8. Oktober 2023 sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza mindestens 60.000 Palästinenser*innen ums Leben gekommen, darunter mehr als 16.000 Kinder. Über 125.000 Menschen wurden verletzt. Diese Zahlen werden auch von internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen bestätigt. Zwischen November 2023 und März 2024 kam es in und um das Al-Quds- sowie das Nasser-Krankenhaus zu einer Serie gezielter Tötungen von Zivilist*innen. Zeug*innen berichten übereinstimmend von gezielten Schüssen durch Scharfschützen. Innerhalb der identifizierten Einheit haben zahlreiche Soldaten mit doppelter Staatsangehörigkeit ihren Dienst versehen. Neben der nun in Deutschland eingereichten Strafanzeige wurden bereits in Frankreich, Italien, Südafrika und Belgien rechtliche Schritte gegen Angehörige dieser Einheit unternommen.

Verpflichtung zur Strafverfolgung

Das ECCHR betont, dass Deutschland grundsätzlich verpflichtet ist, gegen mutmaßliche Täter internationaler Kernverbrechen zu ermitteln – insbesondere, wenn es sich um in Deutschland geborene Beschuldigte oder eigene Staatsangehörige handelt.

Dr. Alexander Schwarz, Co-Direktor für Völkerstraftaten beim ECCHR, erklärt: „Wenn aus Deutschland stammende Personen mutmaßlich an Kriegsverbrechen beteiligt sind, besteht ein klarer Auftrag für die Justiz, zu handeln. Die gezielte Tötung palästinensischer Zivilist*innen im Gazastreifen verstößt eklatant gegen das humanitäre Völkerrecht. Deutschland ist völkerrechtlich verpflichtet, solche Taten unabhängig aufzuklären und strafrechtlich zu verfolgen. Dabei darf nicht mit zweierlei Maß gemessen werden – auch dann nicht, wenn es sich um Angehörige der israelischen Streitkräfte handelt oder wenn die betreffende Regierung in einer besonderen politischen Partnerschaft zu Deutschland steht.


Dem Unrecht das Recht entgegensetzen – das ist das erklärte Ziel und die tägliche Arbeit des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR).

Das ECCHR ist eine gemeinnützige und unabhängige Menschenrechtsorganisation mit Sitz in Berlin. Sie wurde 2007 von Wolfgang Kaleck und weiteren internationalen Jurist*innen gegründet, um die Rechte, die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie anderen Menschenrechtsdeklarationen und nationalen Verfassungen garantiert werden, mit juristischen Mitteln durchzusetzen.

Gemeinsam mit Betroffenen und Partner*innen weltweit nutzen wir juristische Mittel, damit die Verantwortlichen für Folter, Kriegsverbrechen, sexualisierte Gewalt, wirtschaftliche Ausbeutung und abgeschottete Grenzen nicht ungestraft davonkommen.

Der Originalartikel kann hier besucht werden