Viele Menschen empfinden Verzweiflung und Wut darüber, dass der Völkermord an den Palästinensern nicht gestoppt wird. Wie können die Vereinigten Staaten, Deutschland und andere Länder damit fortfahren, Israel finanziell und militärisch zu unterstützen, trotz klarer Entscheidungen in den höchsten Gremien der Vereinten Nationen, die darin eine Mitverantwortung im Sinne der Konvention gegen Völkermord sehen?
Wie können diese Länder ihre Handelsabkommen mit Israel aufrechterhalten und großen Kapitalanlegern erlauben, in ein Land zu investieren, das so vollständig gegen das Völkerrecht und gegen alle moralischen Prinzipien verstößt? Ebenso fragwürdig ist, wie die Länder der Welt es schweigend hinnehmen können, dass einzelne Länder, wie in diesem Fall die Vereinigten Staaten, innerhalb der UN eine solche Macht besitzen, dass sie die Entscheidungen der UN durch ein Veto blockieren können.
Könnte es die Lösung sein, den Treuhandrat der Vereinten Nationen mit seinem Mandat, ehemaligen Kolonien oder Treuhandgebieten dabei zu helfen, ihre Unabhängigkeit zu erlangen, und dadurch zu Frieden und Sicherheit beizutragen, wieder zum Leben zu erwecken?
Der Treuhandrat ist eines der zentralen Organe der Vereinten Nationen, dessen Mandat und Befugnisse in Kapitel 13 der UN-Charta verankert ist. Der Rat ist seit 1994 inaktiv, seit auch das letzte Treuhandgebiet, Palau, Mitglied der Vereinten Nationen wurde.
Der Rat besitzt eine langjährige Erfahrung darin, Kolonien/Treuhandgebiete dabei zu unterstützen, unabhängig funktionieren zu können, nachdem die Kolonialmächte diese aufgeben mussten. Der Rat kann und sollte die Expertise und Erfahrung des übrigen UN-Systems, insbesondere der Sonderorganisationen, in seine Arbeit einbinden. In diesem Fall wird es auch notwendig sein, eine größere Anzahl der UN-Friedenstruppen mit einzubeziehen.
Was momentan in Palästina geschieht, unterscheidet sich nicht so stark von der Situation der ehemaligen Kolonien. Als 1947 die UN, unter starkem Druck von Seiten Englands, aber mit großen Vorbehalten, die Resolution 181 in Kraft setzte, wonach Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat unterteilt werden sollte, wurde dem Treuhandrat die Verantwortung übertragen, mit den schwierigen Jerusalem betreffenden Fragen umzugehen, welches als corpus seperatum (deutsch: „abgesonderter Körper“) eingestuft wurde.
Der Treuhandrat sollte sicherstellen, dass die Situation nach einer zehnjährigen Probezeit neu bewertet wird und die Bevölkerung ihre Meinung dazu in einer Volksabstimmung äußern kann.
Das gegenwärtige, unerträgliche Leid der Palästinenser, ihre brutale Vertreibung im Zuge der unzähligen Kriege, die dieser Entscheidung der UN folgten, sowie Verstöße gegen zahlreiche Abkommen zeigen ganz deutlich, dass dieser Plan der Teilung des alten Palästinas eine unhaltbare Entscheidung war.
In Anbetracht der momentanen Lage ist die Zweistaatenlösung keine passende Lösung mehr für den Nahostkonflikt. Könnte also der Treuhandrat der Vereinten Nationen die letzte Hoffnung dafür sein, diesen grausamen Völkermord zu beenden und den Palästinensern nach Jahrzehnten der Gewalt ein Leben in Sicherheit und Frieden zu ermöglichen.
Die effektivste Herangehensweise wäre das Etablieren eines das gesamte Gebiet – Israel, Gaza, das Westjordanland und Jerusalem – umfassenden UN-Protektorats, vielleicht für die Dauer von 10 Jahren. Ob sich im Anschluss an diesen Versuch herausstellt, dass sich ein neues Palästina formen konnte, in dem Menschen aller Glaubensrichtungen – Juden, Muslime, Christen, etc. – in ihren demokratischen Rechten gleichberechtigt sein und friedlich koexistieren können, das wird sich zeigen.
Zweifelsfrei wird Israel gegen die Kontrolle durch die UN protestieren und dabei die Unterstützung seitens der USA und möglicherweise auch von einigen seiner Verbündeten haben. Doch eine solche Entscheidung für ein Protektorat/eine Treuhandschaft, muss nicht zwingend vom Sicherheitsrat, wo mit einem Veto der USA zu rechnen ist, sondern könnte auch durch die Generalversammlung getroffen werden.
Menschen überall auf der Welt äußern seit Monaten Proteste gegen die Zerstörungen in Gaza und im Westjordanland und ertragen das unnötige Leid von unschuldigen Zivilisten, von Frauen und Kindern nicht mehr. Um diese Situation zum Ende zu führen und um zu vermeiden, dass irgendwer darauf setzt, diesen Wahnsinn durch militärische Gewalt zu stoppen, lohnt es sich, eine solch drastische diplomatische Lösung so schnell wie möglich zu versuchen.
Die UN ist die einzige Organisation, die diesen Konflikt zu einem Ende führen kann. Die klugen und weitsichtigen Menschen, die vor 80 Jahren die UN-Charta ins Leben gerufen haben, haben uns die Werkzeuge an die Hand gegeben, die wir dafür brauchen. Es ist nun die Aufgabe der internationalen Gemeinschaft, sie auch zu nutzen.
Ingeborg Breines ist ehemalige Direktorin der UNESCO und ehemalige Präsidentin des International Peace Bureau.
Die Übersetzung aus dem Englischen vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!









