Der kleine Hafen von San Giovanni Li Cuti, einem alten Fischerviertel im Herzen von Catania, war brechend voll. Hunderte von Menschen drängten sich am Kai, um die Freedom Flotilla zu begrüßen, das Schiff, das am Sonntag, dem 1. Juni, in Richtung Gaza auslief, um die israelische Blockade zu durchbrechen und Hilfsgüter zu bringen.

Die Leute an Bord, die sich am Mikrofon abwechselten, kommen aus der ganzen Welt: Europa, Brasilien, den USA, arabischen Ländern. Unter ihnen sind auch die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg und der irische Schauspieler Liam Cunningham (Ser Davos Seaworth aus der Serie Game of Thrones). Sie sprachen Englisch, und Bürgeraktivist:innen übersetzen für die Menge. Diese bestand nicht nur aus den Gesichtern, die man bei Demos erwartet, sondern auch aus Männern, Frauen, älteren Menschen und Kindern, die Schilder hochhielten, auf denen sie ihre Solidarität mit ihren Altersgenossen in Gaza zum Ausdruck brachten. Eine Neuauflage dessen, was erst vor einer Woche passiert war, als 5.000 Menschen durch die zentrale Via Etnea von Catania marschierten: Zeugnis einer Stadt, die wie viele andere in Italien und Europa nicht mehr tatenlos zusehen will, wie ein Völkermord passiert.

Die Mission, die auf die rund 12 Aktivist:innen an Bord der Freedom Flotilla wartet, ist gefährlich. Nicht so sehr wegen der sieben Tage auf dem Mittelmeer in dem kleinen Motorboot, sondern wegen der hohen Wahrscheinlichkeit, von der israelischen Armee gewaltsam gestoppt zu werden. Viele von ihnen waren schon beim letzten Versuch dabei, Gaza auf dem Seeweg zu erreichen, als das Boot am 1. Mai 2025 vor Malta von einer israelischen Drohne angegriffen und mit Schüssen getroffen wurde, die den Bug in Brand und das Boot außer Gefecht setzten. Noch immer ist die Erinnerung an die „Mavi Marmara“ lebendig, das Schiff mit Aktivisten, das aus der Türkei ebenfalls mit dem Ziel gestartet war, die Blockade von Gaza zu durchbrechen, und am 31. Mai 2010 von einer Spezialeinheit der israelischen Armee angegriffen wurde, die 10 Besatzungsmitglieder tötete und 60 weitere verletzte. Ein Massaker, das die israelische Regierung mit dem angeblichen Vorhandensein von Waffen für den bewaffneten Kampf der Palästinenser rechtfertigte – eine Lüge, wie durch spätere Untersuchungen der Vereinten Nationen bewiesen wurde.

Viele denken, wir seien Helden, aber das sind wir nicht. Um heute in Gaza zu leben, muss man ein Held sein“, sagt Thiago Avila, brasilianischer Aktivist und einer der Organisatoren der Freedom Flotilla. „Ich habe eine einjährige Tochter und finde, man kann nicht einfach zusehen, wie Tausende Kinder in Gaza unter Bomben sterben und in Angst leben.“

Yazan Eissa, ein palästinensischer Junge und der Handlanger der Crew, brachte mich mit einem kleinen Schlauchboot zum Schiff der Freedom Flotilla, das etwa hundert Meter vor den Felsen des kleinen Hafens vor Anker lag. An Bord waren drei weitere Besatzungsmitglieder, die das Boot überwachten und auf die Abfahrt warteten. Unter ihnen war Dr. Mohammed Mustafa, der schon mal als Freiwilliger in Gaza gearbeitet hat und jetzt wieder zurück will, weil „es Tausende von Kindern zu versorgen gibt, und diejenigen, die nicht unter den Bomben gestorben sind, sind total traumatisiert und erleben eine Hölle, die man nicht beschreiben kann.“

Auf dem Deck des Schiffes und auch unter Deck ist außer dem Raum, der zum Schlafen und Kochen unbedingt nötig ist, jeder Winkel voll mit Lebensmitteln für Gaza: Fruchtsäfte, Milch, Reis, Konserven, Proteinriegel. Das alles wurde von Hunderten von Menschen aus Catania und der ganzen Welt gespendet. Yazan weiß genau, dass diese Vorräte, wenn sie es bis nach Gaza schaffen, nur für wenige der zwei Millionen Palästinenser reichen werden, die seit Monaten durch die Kriegsverbrechen der israelischen Regierung ausgehungert werden. Mittels Blockade jeglicher humanitären Hilfe und systematischer Zerstörung der Agrarflächen nutzt Israel den Hunger als Waffe, um die Menschen in Gaza zu zwingen, ihr Land zu verlassen: „Unsere Hilfe ist symbolisch, sie soll vor allem den Menschen in Gaza zeigen, dass die Bürger der Welt auf ihrer Seite stehen“, sagt er.

Und vom Hafen von San Giovanni Li Cuti aus war klar, dass Yazan Recht hat. Die Leute stehen hinter ihnen, und auf den Tischen der Restaurants waren rote, schwarze, grüne und weiße Luftballons, die Farben der palästinensischen Flagge. Passanten blieben stehen, um zuzuhören und zu applaudieren. „Sie haben Recht, es ist Zeit, etwas zu tun, um Israel zu stoppen“, sagte der junge Mann, der am Kiosk Kaffee und Bier serviert, zu den Kunden.

Viele fragen sich, was einfache Bürger tun können, um das alles zu stoppen. „Die Geschichte zeigt, dass gemeinsames Handeln der eigentliche Motor für echte Veränderungen ist“, antwortete Thiago von der Bühne aus. „Nehmt an Protesten teil, boykottiert Marken, die sich am Völkermord mitschuldig machen, unterstützt Gruppen, die die Rüstungsindustrie sabotieren und den Transport von Waffen aus den Häfen blockieren, informiert euch und ruft andere dazu auf, dasselbe zu tun, sowohl in eurem Freundeskreis als auch im Internet. Alles Aktionen, die Teil des Kampfes sind, um Israel zu stoppen. Die große Mehrheit der Menschen in Europa und weltweit steht hinter Palästina. Das Problem ist, dass die Regierungen den Willen der Menschen, die sie gewählt haben, nicht respektieren. Aber wenn wir zusammenhalten und entschlossen sind, müssen sie es doch tun.“

Die Übersetzung aus dem Italienischen wurde von Domenica Ott vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!

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