Maria Tusch war eine jener Persönlichkeiten, die aus eigener Erfahrung wussten, was soziale Ungerechtigkeit bedeutet – und genau deshalb etwas verändern wollten. Aufgewachsen unter einfachen Bedingungen, brachte sie sich mit Überzeugung und Ausdauer in die Politik der Ersten Republik ein. Mit Verantwortungsbewusstsein und Entschlossenheit setzte sie sich zeitlebens dafür ein, die Lebensbedingungen von Frauen und Arbeiter:innen zu verbessern.
Geboren 1868 in Klagenfurt als uneheliches Kind einer Magd, war ihr Lebensweg von Anfang an durch gesellschaftliche Ausgrenzung und harte Arbeit geprägt. Bereits mit zwölf Jahren musste sie die Schule verlassen, um in der Tabakfabrik Klagenfurt zu arbeiten. Diese frühen Erfahrungen von Armut und Ungleichheit weckten in ihr ein tiefes Verständnis für die Lebensrealitäten der arbeitenden Bevölkerung, insbesondere der Frauen.
In der Tabakfabrik engagierte sich Tusch bald für bessere Arbeitsbedingungen. Als Vertrauensfrau und später als Betriebsrätin kämpfte sie entschlossen für die Rechte ihrer Kolleginnen. Sie war bekannt für ihre Klarheit, ihr Verantwortungsbewusstsein und ihre Nähe zu den Menschen – Eigenschaften, die sie auch in der Politik auszeichneten.
Mit dem politischen Umbruch nach dem Ersten Weltkrieg begann ihre Laufbahn in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP). 1919, nach Einführung des Frauenwahlrechts, wurde Maria Tusch als eine der ersten Frauen in die Konstituierende Nationalversammlung gewählt. Bis 1934 war sie durchgehend Mitglied des Nationalrats – in einer Zeit, in der Frauen im Parlament noch eine Seltenheit waren.
Ihr politischer Schwerpunkt lag auf der Verbesserung der Lebensverhältnisse von Frauen und Familien. Sie setzte sich für Mutterschutz, für berufstätige Frauen und für sozial benachteiligte Menschen ein. Maria Tusch sprach sich offen für eine Straffreiheit bei Schwangerschaftsabbrüchen aus – eine Position, die zu ihrer Zeit alles andere als selbstverständlich war, vor allem im männlich dominierten politischen Umfeld. Allerdings konnte sie dieses Ziel politisch nicht verwirklichen – auch, weil die gesellschaftlichen und parlamentarischen Mehrheiten dafür fehlten.
Maria Tusch war dafür bekannt, jede ihrer Reden im Nationalrat mit einem eindringlichen Appell zu beenden: „Frauen ihr müsst selbstbewusst werden!“:
Aus heutiger Sicht erscheinen manche ihrer Forderungen vergleichsweise zurückhaltend, obwohl sie in ihrer Zeit als fortschrittlich galten. Für viele Frauen war ihr Einsatz der Anfang eines Weges, der mehr Teilhabe, Anerkennung und Gleichstellung ermöglichte.
Auch außerhalb des Parlaments blieb Tusch aktiv. Sie war Mitbegründerin und Vorsitzende des Kärntner Landesfrauenkomitees der SDAP und wirkte an der Umsetzung zahlreicher sozialer Hilfsmaßnahmen mit. Ihr Engagement war stets praxisnah und tief verwurzelt im Alltag jener Menschen, deren Stimme sie war.
Nach dem autoritären Umsturz im Februar 1934, bei dem die Regierung unter Engelbert Dollfuß die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) verbot und die demokratischen Strukturen zerschlug, geriet Maria Tusch – wie viele andere sozialdemokratische Funktionär:innen – ins Visier des Regimes. Im Zuge der politischen Repressionen wurde sie kurzzeitig inhaftiert. Ein konkreter Anklagepunkt ist nicht überliefert, doch ihre langjährige Parteizugehörigkeit, ihr Engagement im Nationalrat und ihre gewerkschaftliche Arbeit machten sie zu einer bekannten sozialistischen Stimme, die das autoritäre System zum Schweigen bringen wollte.
Trotz der Verfolgung blieb sie ihren Überzeugungen treu. Auch wenn sie sich nach ihrer Haft weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückzog, engagierte sie sich im Hintergrund weiter für soziale Anliegen – stets getragen von ihrem Einsatz für Gerechtigkeit, Solidarität und die Würde benachteiligter Menschen. Sie starb am 25. Juli 1939 in Wien.
Heute erinnert unter anderem der Maria-Tusch-Frauenpreis in Klagenfurt an ihr Wirken. Er wird an Frauen verliehen, die sich in besonderer Weise für Gleichstellung und gesellschaftlichen Fortschritt einsetzen.
Maria Tusch bleibt als mutige Vorkämpferin in Erinnerung, die mit Menschlichkeit, Tatkraft und klarer Haltung für eine gerechtere Gesellschaft einstand – auch wenn nicht alle ihrer politischen Ziele zu ihren Lebzeiten Realität wurden.

KI generiert
Quellen:
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Maria_Tusch