Die Grundlagen unserer demokratischen Gesellschaft sichern – Erklärung der deutschen Sektion der internationalen katholischen Friedensbewegung pax christi zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2025.
Am 27. Januar gedenkt die Welt des 80. Jahrestages der Befreiung des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Auschwitz ist Symbol des Holocaust und der verbrecherischen Politik der Nationalsozialisten. Im Jahr 2005 erklärten die Vereinten Nationen den 27. Januar zum Internationalen Holocaust-Gedenktag. Aus diesem Anlass versammeln sich an diesem Tag in jedem Jahr auf dem Gelände der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau viele der letzten Überlebenden des Lagers und erinnern zusammen mit Repräsentanten verschiedener Staaten und zahlreicher Institutionen und Initiativen weltweit der hier und an vielen anderen Orten Europas ermordeten Menschen, von denen sechs Millionen jüdischen Glaubens waren.
„Wir begehen den internationalen Holocaust-Gedenktag in einer Zeit, in der nationalistische Politik mehr und mehr zu politischer Ideologie und Praxis wird“, sagt der Bundesvorsitzende von pax christi Gerold König, „in vielen europäischen Ländern, aber auch weltweit, verkehren sich die Maßstäbe internationaler Zusammenarbeit und weltweiter Kooperation in nationale Eigeninteressen um. War in Deutschland lange Jahre nationalistische Politik eher ein Randphänomen, gewinnt diese Ideologie mehr und mehr an Zuspruch und beeinflusst in gefährlicher Weise den politischen Diskurs auch der demokratischen Parteien in unserem Land. Die Lehren der Mütter und Väter des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland aus der nationalistischen Politik Deutschlands waren u.a. der unabdingbare Schutz der Würde jedes Einzelnen, welche ein Recht auf Asyl und internationale Verständigung beinhaltet. Diese Errungenschaften drohen nach bald acht Jahrzehnten zu bloßen Floskeln zu verkommen. An deren Stelle gewinnen Ausgrenzung von Minderheiten, Unterwanderung der europäischen Zusammenarbeit und nationale Stärke an Bedeutung. Hier verschieben sich auf gefährliche Weise Perspektiven des politischen Handelns. Bei einer solchen Perspektivverschiebung wird die Erinnerung an die deutschen Verbrechen der Jahre 1933 bis 1945 und die damit verbundene Erinnerungskultur der Bundesrepublik auf unterschiedlichste Weise infrage gestellt, um die damaligen Verbrechen zu relativieren“, so König weiter.
Wo aber das Leid der Millionen Opfer des Holocaust der Vergessenheit anheim geschoben wird, verstummt der „Aufschrei“ der Überlebenden von Auschwitz, der uns ständige Mahnung bleiben muss, wie es auf den Gedenktafeln am Ort des Verbrechens heißt. Diese Vergessenheit hat heute schon bedrohliche Ausmaße angenommen, wenn wieder jüdisches Leben in Deutschland bedroht wird und eine Verharmlosung des Nationalsozialismus zur Normalität wird. Mahnung heißt für uns Deutsche heute, vier Wochen vor der Wahl des Bundestages, zu erkennen, dass es um die Grundlagen unserer demokratischen Gesellschaft geht, die Recht und Freiheit für jeden Einzelnen garantieren und dem Frieden verpflichtet sind. Diesen Weg aus Opportunismus, zur Anbiederung und zum Stimmenfang zu verlassen, widerspricht dem Gedenken und der Mahnung von Auschwitz. Dessen müssen sich alle demokratischen Parteien, aber auch wir Wählerinnen und Wähler mehr denn je bewusst sein, wenn am 27. Januar die Worte der Überlebenden die Mahnung der Ermordeten von Auschwitz aufs Neue bekräftigen.
Pax christi schließt sich der Einladung der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau an und bittet möglichst viele, sich am 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz zu beteiligen und über den Livestream der Gedenkstätte den Worten der Überlebenden zu folgen und die Mahnung weiterzutragen.