Der Fall Assange, der im offiziellen Programm des Festivals nicht vorkommt, wird durch das Fenster zurückkehren: Eine Gruppe von Aktivist:innen wird ein Pamphlet an die Teilnehmeri:nnen verteilen, in dem erklärt wird, warum dieser Fall jeden Verlag und alle Journalist:innen betrifft.

Die große italienische Enthüllungsjournalistin Stefania Maurizi durchbrach letztes Jahr beim Perugia Internationalen Journalismusfestival in Perugia die Mauer der Omertà, des Schweigens, um den Fall Julian Assange und stellte ihr Buch „Il potere segreto“ (Die geheime Macht – warum sie Julian Assange und WikiLeaks zerstören wollen, Chiaralettere, 2021; auf Englisch, Secret Power: WikiLeaks and Its Enemies, Pluto Press, 2022).

In diesem Jahr fehlt jegliche Erwähnung des australischen Journalisten/Herausgebers im Programm. Deshalb werden die Aktivisten von FREE ASSANGE Italia zusammen mit denen von Amnesty International Perugia auf dem Festival anwesend sein, um ein neues, ebenfalls äusserst wertvolles Buch über den Fall bekannt zu machen: „Der Fall Julian Assange: Geschichte einer Verfolgung“ von Nils Melzer, Piper Verlag, 2021, das am 19.4.2023 auf Italienisch bei Fazi Editore erschienen ist.

Viele Journalisten, die bisher wenig oder gar nichts über den WikiLeaks-Mitbegründer geschrieben haben, beklagen den Mangel an neuen Erkenntnissen über seinen Fall. Nun, Melzers Buch wird sie reichlich damit versorgen. Mit der großen Gewissenhaftigkeit, die er in der Vergangenheit als UN-Berichterstatter über Folter bewiesen hat, dokumentiert der Autor die gerichtliche Verfolgung von Julian Assange als Journalist. Ja, denn angegriffen wird nicht nur ein mutiger Redakteur, der es gewagt hat, die Unrechtmäßigkeiten der Mächtigen aufzudecken, sondern der investigative Journalismus und die Pressefreiheit selbst.

Wie Melzer schreibt:

„Wenn die Wahrheit durch die vorherrschende Geheimhaltung und Zensur unterdrückt wird, wenn Kriegsverbrecher und skrupellose Geschäftsleute Straffreiheit genießen, wenn Ermittlungen zu staatlicher Folter im Dunkeln gehalten werden, wenn im Zuge des FOIA (des US-Gesetzes zur Informationsfreiheit) freigegebene Dokumente fast vollständig geschwärzt werden, wenn die offizielle Presse ihre Kontrollfunktion nicht mehr ausübt, sondern sich bereitwillig selbst zensiert, dann leben wir wirklich in einer gefälschten Welt, die uns jede Chance nimmt, herauszufinden, was genau unsere Herrscher in unserem Namen tun. Dann brauchen wir wirklich undichte Stellen, d. h. Sprünge im System; wir brauchen Ritzen, durch die Licht eindringen kann und die es uns ermöglichen, uns selbst zu informieren“.

Übersetzung aus dem Italienischen von Domenica Ott vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!