Ein Naturparadies im Urwald von Ecuador ist von einem Bergbauprojekt bedroht. Yerpún Solar kämpft zusammen mit den lokalen Kichwa-Gemeinden dafür, dass dieses Stück Erde und das indigene Heilpflanzen-Wissen bewahrt werden kann.

Das Zentrum Amazanga mitten im ecuadorianischen Dschungel ist ein Ort, an dem altes indigenes Wissen bewahrt und angewandt wird. Ganzheitliche Heilmethoden im direkten Kontakt mit der Natur des Regenwaldes gehen einher mit dem Bemühen um den Schutz dieses Ökosystems. Doch das kleine Paradies wird von Bergbauprojekten bedroht, die das Land aufkaufen wollen, um dort Mineralien zu fördern. Da man weiss, wie gravierend die Umweltschäden sind, die aus solchen Projekten resultieren, tun die Betreiber den Zentrums alles dafür, um die geplante Mine zu verhindern. Interview mit Gründer Yerpún Solar.

Das Interview wurde geführt von Nicole Maron für Zeitpunkt

Sind indigene Territorien in Ecuador geschützt, oder kann der Staat nach Belieben Konzessionen an Bergbaufirmen vergeben?

Yerpún Solar: Die derzeitige Regierung von Ecuador ist extraktivistisch, sie will die Bodenschätze ausbeuten. So hat sie das Umweltministerium übernommen und auch die Grenzen der Nationalparks neu definiert. Dabei wurden Zonen definiert, die aus dem Schutzgebiet ausgeschlossen werden sollen, um sie für den Bergbau zur Verfügung zu stellen. Wir bemühen uns seit Jahren darum, dieses Gebiet als Naturschutzgebiet zu deklarieren. Dabei sehen wir uns leider mit Korruptionsproblemen, einem riesigen bürokratischen Aufwand und Geldforderungen konfrontiert.

Wer sind Ihre Verbündeten in diesem Kampf?

Seit zwölf Jahren organisieren wir uns mit den indigenen Kichwa, die hier leben, um das Bewusstsein der Bevölkerung zu stärken. Es geht nicht darum, etwas zu verbieten, sondern es geht um den Schutz von Mensch und Umwelt. Die einheimischen Gemeinschaften möchten auf nachhaltige Weise mit den Ressourcen des Waldes arbeiten, in dem es eine riesige Biodiversität gibt und dementsprechend auch eine grosse Bandbreite an natürlichen Heilmitteln.

Wir haben aber auch internationale Verbündete. Ich bin schon mehrmals in die Schweiz und auch nach Deutschland, Österreich und Belgien gereist, um die Menschen dort auf das Thema zu sensibilisieren und um diese am kostbaren Heilwissen des Amazonas in teilhaben zu lassen.

Wir haben die Kausari-Stiftung gegründet, die von indigenen Kichwa-Frauen am oberen Napofluss – einem Zufluss des Amazonas – geführt wird. Ziel der Stiftung ist die Erhaltung und Stärkung des traditionellen Wissens der indigenen Bevölkerung sowie die Bewahrung der natürlichen Ressourcen und der Artenvielfalt. Denn die indigenen Völker werden seit Jahrhunderten ausgebeutet, so dass ihre Kultur und ihre Weisheit verlorengehen.

Worin besteht die indigene Vision des Zusammenlebens von Mensch und Umwelt?

Ich arbeite seit 25 Jahren mit indigenen Schamanen zusammen, um die Medizin der Vorfahren zu retten und ihre Rechte zu verteidigen. Denn auch hier werden immer mehr chemische Mittel verwendet, Paracetamol und wie sie alle heissen. Ich lebe die ganzheitliche Medizin als Realität, nicht als Studienobjekt. Dadurch haben wir hier im Zentrum einen geschützten Raum geschaffen, in dem das Heilpflanzenwissen unserer Vorfahren angewandt werden kann. Nicht nur lokal, sondern für Menschen auf der ganzen Welt, die wir hier gerne empfangen.

Was können, oder besser gesagt sollten Menschen aus anderen Regionen der Welt von den Indigenen lernen?

Ich habe das Gefühl, dass die westliche Kultur noch in den Kinderschuhen steckt. Durch die Universitäten hat sie eine Art von Intellektualität entwickelt, die dazu führt, dass sich die Akademiker als Könige und Herren der Welt fühlen. Doch wir müssen lernen, wieder ein einfacheres Leben zu führen, wieder allgemein verständlich zu sprechen, auf die heilige Musik der Natur zu hören, und zur Synchronität oder Harmonie mit dem Universum zurückzufinden.

Die westliche Gesellschaft hat uns gelehrt, dass Glück aussieht wie in einer Werbung von Coca-Cola. Uns werden Stereotypen verkauft, und in unseren Beziehungen suchen wir nach Disney-Geschichten. Wir glauben, dass die Spiritualität die Welt von Barbie ist, in der alles rosa aussieht. Doch wir müssen zurückkehren zur Realität. Ich habe lange Zeit damit verbracht, weben zu lernen, denn dabei geht es um viel mehr als nur darum, einen Stoff zu produzieren. Wir alle sind wie in einem Gewebe miteinander verbunden, und ich glaube, dass es jetzt wichtig ist, dass wir als Menschheit anfangen, uns wieder besser zu verweben, in Netzwerken zu verbinden.

Gibt es die ursprüngliche indigene Lebensweise noch, oder geht Wissen verloren, weil sich Kulturen und Lebensweisen langsam vermischen?

Viele Menschen innerhalb der indigenen Gemeinschaften leben nicht mehr kohärent nach den Prinzipien der Vorfahren. Dies ist auch eine Folge der Kolonisierung, die bis heute in anderer Form fortdauert. Die Menschen sind in den Köpfen kolonisiert, durch das Fernsehen, durch die Medien. Es gibt immer mehr, die sich nur noch ums flüchtige Geld kümmern, um den Moment, ohne die Auswirkungen auf die zukünftigen Generationen und das Ökosystem zu berücksichtigen. In diesem Sinn haben wir mit dem Zentrum auch eine Arche geschaffen, doch wir brauchen Unterstützung.

www.centroamazanga.com


Zurzeit sucht das Zentrum Amazanga Spenden, um das betroffene Gebiet von 2250 Hektar zum Schutzwald erklären zu lassen. Dies muss so schnell wie möglich geschehen, da die Regierung bereits Pläne für Konzessionen eingereicht hat. Ein weiteres Projekt besteht im Schutz des Beckens und der Zuflüsse des Iluculi-Flusses – eine Notwendigkeit, um das Ökosystem der Region zu schützen.

Für finanzielle und andere Unterstützung wird herzlich gedankt. Kontoangaben: www.union-of-hearts.org
Kontakt: saveforest@union-of-hearts.org

Der Originalartikel kann hier besucht werden