Was für ein merkwürdiges, gegenwärtig jedoch häufig von Politikern der Ampelregierung gebrauchtes Wort. Kein Wunder, Krisen bringen oftmals neue Wortschöpfungen hervor, etwa Rettungsschirme, Entlastungspakete, Gaspreisbremse, Sprit-Schock.

Wer in früheren Jahren das Wort Gewinne öffentlich zur Debatte stellte, galt als Neider, als Linker, als Enteigner, der aller Welt ihre Werte nehmen will. Enteignen ist gleichfalls ein Reizwort in der politischen Arena. Es wird der linken Seite der Gesellschaft mit unguten Absichten zugeordnet, obwohl in der rechts verorteten Hälfte Deutschlands, jährlich um die 20.000 meist mittelständige Unternehmen im Wettbewerb des Marktes zu Bankrott gehen. Fallende Börsenkurse bringen kleine Aktienbesitzer um ihre Geldanlagen, die im Rentenalter ihre Versorgung sicherstellen sollten. Die Inflation gehört ebenfalls zu großen Mechanismen der Enteignung.

Das Wort Übergewinn ist von Politikern auf der Suche nach Geldquellen in die mediale Sprache hineingetragen worden. Sie wollen Unternehmen, die durch die Steigerung der Energiepreise mehr Gewinne erzielen, etwas wegnehmen, um Geldmittel zu erhalten, für andere Unternehmen, die unter den hohen Energiepreisen leiden, d.h. von den gestiegenen Preiskosten zu entlasten. Die Sprachschöpfer der Übergewinne haben gleichfalls das Geldinstrument „Umlage“ eingeführt, das ebenso widersprüchliche Wirkungen besitzt.

Die Ampelregierung hat somit zur verqueren Marktsituation und Interessenlagen beigetragen. Ausgelöst wurde das alles von den Sanktionen gegen Russland. Der eigentliche Verursacher der Krise ist die lange Sanktionspolitik der USA seit 1947 mit dem Ziel, ihre politischen Gegner einen selbstbestimmten Weg zu nehmen.

In früheren Zeiten war die Wirtschaft meist selbst der Hauptverursacher von Wirtschaftskrisen. 2022 trägt die Politik, konkret das Parlament, die Regierung die Verantwortung für die Krise in Deutschland und der EU. Die Entlastungen des Endverbrauchers und Konsumenten, die Eindämmung der hohen Inflationspreise im Herbst und länger, liegt im Verantwortungsfeld der Politik.

Bei der Festlegung aller Maßnahmen im Zuge der Sanktionen verlieren die Politiker der Ampelregierung keinesfalls ihre Wiederwahl aus den Augen, bis auf Annalena Baerbock, die meint, auf den Willen der Wähler verzichten zu können.

Der Politik stehen in der Regel nur 3 legale Hauptfinanzierungsquellen zur Verfügung. Die Besteuerung aller Schichten des Landes, Kreditaufnahmen (Staatsverschuldung) und die Gelddruckmaschine. Von Schattenhaushalten soll hier abgesehen werden, die Instrumente der Ideologie sind.

Die Crux mit den Übergewinnen: Der Gewinn ist ja schon einmal besteuert worden.

Was ist also genau Übergewinn?

Erstens: Parlament und Regierung haben legale Möglichkeiten, mit Steuern, Abgaben, Subventionen, Fördermitteln die Gesamtsumme des Gewinns zu begrenzen oder zu erhöhen. Gewerkschaften halten den Hebel der Lohnkosten in ihren Händen. Wirtschaftsunternehmen in den Bereichen Produktion, Handel, Dienstleistungen aller Art brauchen jedoch Gewinne, um ihre gesellschaftlichen Grundaufgaben der Grundversorgung zu erfüllen. Gewinne an sich sind in allen Gesellschaftsordnungen, auch in der sozialistischen ein objektives Erfordernis.

Zweitens: Wirtschaftswissenschaftlich wird die Summe des Gewinns in den Betrag aufgeteilt, der die Gesamtkosten abzudecken hat, die Zukunftsinvestitionen und Aufwendungen der Unternehmensforschung sichert und in dem Teil, der darüber liegt.

Der außergewöhnliche wissenschaftliche Analytiker Marx und der Unternehmersohn Engels nannten ihn „sur plus“, „Profit“. Der kann ebenfalls dem Unternehmen zugeführt werden, aber auch für persönliche Zwecke, etwa der Zahlung des x-Fachen die durchschnittlichen Gehälter und Boni an Vorstandsmitglieder, für den Kauf von Privatflugzeugen etc. oder einen Flug in die Sphären des Kosmos. Den Profit zu versteuern oder für soziale Zwecke zu verwenden, gehört zu den Moralprinzipien einer sozialen Ordnung. In den Gesetzeswerken des Kapitalismus ist so etwa verpönt.

Die Ampelregierung hat in den nächsten Monaten ihre in Deutschland selbst verursachten Baustellen in Ordnung zu bringen. Dazu gehören:

  • Die Energieversorgung für die Volkswirtschaft, der Privathaushalte u.a. Bereiche des Landes auf ein erforderliches Niveau zu halten.
  • Die von den Sanktionen zerbrochenen Lieferketten für den Import der Energierohstoffe bis zum Endverbraucher sind technologisch und finanziell neu aufzubauen. Bis zum Winter 2022/2023 sollte das gebrauchsfähig erledigt sein.
  • Die Energiepreise und die Inflation sind auf ein Niveau zu bringen, das die gesellschaftlichen realen Proportionen nicht sprengen und Anlass für Unruhen bieten könnte.
  • Die sozialen Folgen der ambivalenten Sanktionen gegen Russland sind verantwortungsvoll in Grenzen zu halten. Die Wirtschaftskrise darf nicht die soziale Krise befeuern.

Damit nicht genug. Die Regierung steht in der Pflicht, international aktiv an einer Friedensregel für die Ukraine diplomatisch mitzuwirken, zur Begegnung des Klimawandels im Rahmen des Pariser Abkommens wirksame Maßnahmen in der Praxis zu ergreifen und die Bekämpfung der COVID Epidemie fortzusetzen.

Die Wirtschaft in Deutschland ist tiefst besorgt: Der Börsenkurs der Dax-Unternehmen sinkt seit Monaten. Er hat Ende September ein Jahrestief erreicht. Der auf die Zukunft gerichtete Geschäftsklima-Index IFO weist für das Winterhalbjahr 2022/2023 mehr denn je auf eine Rezession hin (Berliner Zeitung vom 27.9.2022). Eine Prognose der „Gesellschaft co2online“ sieht Anstiege der Heizkosten von 50 Prozent (Berliner Zeitung vom 28.9.2022).