Wir interviewten die berühmte chilenische Schauspielerin Paulina Hunt anlässlich ihrer Ernennung als Friedensbotschafterin durch die Weltfriedensorganisation. Ihr Werdegang hat maßgeblich zur Förderung von Gewaltfreiheit und Frieden in vielen verschiedenen Bereichen beigetragen.

Pressenza: Paulina, obwohl wir dich viele Male interviewt haben und uns all dessen bewusst sind, was du seit Jahren zur Förderung von Versöhnung, Frieden und Gewaltfreiheit nicht nur in unserem Land, sondern auch in anderen lateinamerikanischen Orten beigetragen hast, möchten wir dich bitten, uns einen eigenen kurzen Überblick über deine wesentlichen Beiträge zu geben. Kannst du uns diesbezüglich etwas über deine Vorgeschichte erzählen?

Paulina Hunt: Zuallererst, Pía, vielen Dank, dass du uns die Möglichkeit gibst, Aktionen sichtbar zu mache, die das Leben von Hunderten und Tausenden von Menschen in unserem geliebten Lateinamerika beeinflussen. Wir streben nach einem „Leben in Frieden“ und erkennen an, dass aktive Gewaltfreiheit die einzige Handlungsmethode ist, die damit in Einklang steht. Natürlich, zusammen mit einem großen Netzwerk von Freunden und gleichgesinnten Organisationen, von denen sich viele von den Ideologien der großen Meister der Gewaltfreiheit inspirieren ließen, wie Gandhi, Martin Luther King und in diesem Bereich der Welt vor allem: Silo. So haben wir uns ein Leben lang dem Studium des Themas und der Entwicklung von Aktionen gewidmet, die Gewaltfreiheit und Frieden fördern. Und ich möchte zwei Hauptsäulen der Gewaltfreiheit hervorheben, die übrigens ein sehr breites und komplexes Thema ist; die erste ist, dass jede Aktion für Gewaltfreiheit vom Kollektiv ausgeht, da deren Stärke die Gemeinsamkeit, die Organisation, die Schaffung von Netzwerken und weiterhin dem Netzwerk von Netzwerken darstellt; und die andere grundlegende Sache ist die herausfordernde Suche, die eigene innere Gewalt auszuschalten.

Und um die Frage vollständig zu beantworten, habe ich keine Wahl als ein wenig auszuholen, da ich mich diesem Thema bereits ein Leben lang widme.

Ich erzähle dir von meinen Aktivitäten:

  • (2020-2021) Ich bin Teil des Teams, das den Studien- und Reflexionspark „El Remanso“ in der Gegend von Curicó im Süden Chiles aufbaut, zu dem auch ein Tempel der Begegnung und Meditation gehört. Ein Raum, in dem wir die tiefgehende Überwindung der eigenen inneren Gewalt und den Zugang zum inneren Frieden fördern.
  • (2012-bis jetzt) ​​Vom Büro des Pädagogischen Theaters, dessen Gründerin und Kreativdirektorin ich bin, entwickeln wir Trainingsprojekte mit innovativen Methoden, die sich auf die Entwicklung einer auf Prävention ausgerichteten „Kultur des guten Umgangs miteinander und der gewaltfreien Kommunikation“ konzentrieren. Diese fokussieren sich auf die Prävention von Mobbing, Missbrauch und Belästigung am Arbeitsplatz sowie von sexueller Belästigung und können in der öffentlichen Verwaltung, Schulen und einigen Bereiche der Privatwirtschaft, insbesondere mit sozialem Fokus, durchgeführt werden.
  • (2007- bis heute) Ich arbeite als Bühnenautorin und Schauspielerin von Theaterstücken, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen. Eines davon wird seit 14 Jahren ununterbrochen aufgeführt: die One-Woman-Show „Ciclo, la Violencia se Aprende y la No Violencia También“ (Zyklus, Gewalt kann erlernt werden und Gewaltfreiheit auch).
  • (2000 – bis jetzt) ​Workshops zur Gewaltfreiheit, in die wir das Theater einbeziehen: Prinzipien der Gewaltfreiheit, Gewaltfreiheit und Versöhnung in verschiedenen Territorien in Chile und Lateinamerika und auch auf der anderen Seite des „Teichs“ in Europa. Diese Workshops werden dauerhaft durchgeführt und beinhalten die Ausbildung von Trainern, damit die Erfahrung weiterverbreitet werden kann.
  • (2019) Ich bin Teil des Förderteams des IV. Lateinamerikanischen Humanistischen Forums „Konvergenz schaffen“.
  • (2010-2015) Ich förderte und beteiligte mich an den Aktionen der „Unsichtbaren für den Frieden“, wofür ich mich von Auftritten in verschiedenen Breitengraden inspirieren ließ. In weißen Anzügen und neutralen Masken marschierten wir mit sehr starkem rituellem Charakter in völliger Stille für Frieden, Abrüstung und Gewaltlosigkeit. Die Teilnehmer hielten riesige Buchstaben, die zusammen den Begriff „Gewaltfreiheit“ bildeten.
  • (2010-2012) Für „Gefroren für den Frieden“ förderte ich eine Gruppe von Aktivisten, die Straßenaktionen durchführten, bei denen wir buchstäblich wie Statuen „eingefroren“ wurden (das heißt eine Körpergeste wird fixiert und bleibt für lange Zeit so, wie sie ist). Ziel dieser Aktionen war es, Gewaltsituationen anzuprangern und das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Frieden zu schärfen. Eine Art Flashmob-Bewegung.
  • (2011) Die Ausstellung zur Gewaltfreiheit sammelte herausragende Momente des Marsches und stellte sie in der Bibliothek von Santiago (Chile) aus. Ich koordinierte die „Theatralische Ausstellung für Gewaltfreiheit“, an welcher mehr als 10 Familientheater mit ihren Stücken teilnahmen.
  • (2010) Ich war Teil des Ersten Weltmarsches für Frieden und Gewaltfreiheit, der um die Welt ging.
  • (2008) Ich beteiligte mich an der Kreation und Durchführung der „Cuerpos Pintados por la No Violencia hacia la mujer, población La Victoria“ mit der Künstlerin Bety Cotrena aus dem Kollektiv La Kuneta und anderen Künstlerkollaborationen.
  • (2001-2007) Ich engagierte mich in der Kampagne für aktive Gewaltfreiheit CLENVA, die von der Gemeinschaft für menschliche Entwicklung in Schulen, Gymnasien und Universitäten gefördert wird – wo ich zusammen mit anderen durchgehend an den Säulen der Gewaltfreiheit arbeitete, mitunter der gesamten Bildungsgemeinschaft (Studenten, Lehrer und Eltern).
  • (2005) Die „Kulturelle Karawane für Gewaltfreiheit“ war eine Aktion, die wir zusammen mit Künstlern der Gemeinschaft aus Chile, Peru und Bolivien durchgeführt haben.
  • (2000-2002) Als Stimme der Gewaltfreiheit nahm ich an einer Diskussion in der TV-Sendung „El termómetro“ des nationalen Senders Chilevisión teil.
  • (1995) Mit meinem beliebten Animations- und Bildungscharakter „La Clarita“ war ich Teil der politischen und pädagogischen Performance „Juicio al Neoliberalismo“ über wirtschaftliche Gewalt, durchgeführt an der Universität Santiago (USAACH-Chile).

Und wurde all dies auf irgendeine Weise systematisiert, aufgezeichnet, organisiert, damit es denjenigen zur Verfügung steht, die sich für diese Workshops, Arbeiten und Praktiken interessieren? Wie kann man auf das produzierte Material zugreifen?

Zweifellos eine große Herausforderung. Wir haben eine Website, die von Juan Guillermo Ossa betrieben wird, ebenfalls einem unermüdlichen Kämpfer für Gewaltfreiheit, von dem ich erfreut sagen kann, dass er jetzt mein Partner ist. Er hat es geschafft viele der durchgeführten Aktionen zusammenzustellen, die man auf www.paulinahunt.cl finden kann. Auch auf der Website des Studien- und Reflexionsparks in Remanso www.parqueelremanso.cl findet man verschiedene Produktionen der Workshops und Aktivitäten, welche heruntergeladen werden können.

Und nun in der Rolle als Friedensbotschafterin, welche weiteren Aktionen hast du im Sinn? Inwiefern treibt diese Anerkennung dein Handeln noch weiter voran?

Ehrlich gesagt bewegt mich vor allem die Resonanz, die diese Anerkennung in den Kreisen, in denen ich mich bewege, gefunden hat, welche natürlich zu einer starken Antriebskraft geworden ist. Hunderte von Freunden haben mir ihre Freude mitgeteilt und ich habe eine großartige geteilte Emotion gespürt, die die Hoffnung, den Wunsch und die Bedeutung von all dem erneuert hat.

Zweifellos erleben wir heute einen Schlüsselmoment für die Menschheit und ich fühle mich als Teil dieses Prozesses. Viele, wenn nicht sogar alle Überzeugungen, die wir über den Menschen, die Art und Weise wie wir uns organisieren, die Institutionen, sogar unser Verhältnis zur Natur, hatten, sind inzwischen hinfällig oder werden in Frage gestellt… und dazu gehört auch das Verständnis von Gewaltanwendung in all seinen Formen: wirtschaftliche, soziale, rassistische, psychologische, moralische, religiöse, geschlechtliche, sexuelle… und viele mehr. Es scheint, als hätten wir heute weniger Toleranz gegenüber Gewalt. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit, Gewalt zu stoppen, wächst, während… leider auch der Fanatismus zunimmt. Vor diesem Hintergrund finde ich jede Aktion wichtig, die ein Zeichen setzt, dass es möglich ist eine Welt, wie wir sie uns wünschen, ohne Gewalt aufzubauen. Ich habe das Gefühl, Pia, dass wir unsere Gemeinschaften mit Leuchtfeuern füllen müssen. Leuchtfeuer der Güte, der Solidarität, der Menschlichkeit. Denn letztlich bewirkt jede Gewalttat eine Entmenschlichung, sei es einer Person oder einer ganzen Gemeinschaft. Und deshalb ist das Einzige, was wir entgegensteuern können, eine Zunahme der Menschlichkeit und des Bewusstseins, dass wir mit uns und jedem Lebewesen um uns herum ein Ganzes bilden.

Und was die nächste Zeit betrifft, nähern wir uns dem 2. Oktober, dem Internationalen Tag der Gewaltlosigkeit, und wir werden Teil mehrerer Initiativen sein. Ende des Jahres werden wir den Tempel und Meditationsraum bei Curicó einweihen. Wir werden eine Reihe von Workshops zu Gewaltfreiheit und des guten Umgangs in verschiedenen Gemeinschaften im virtuellen Format durchführen. Und als Neuheit kann ich vorwegnehmen, dass wir mit einer Gruppe von Freunden eine Studiengruppe über Gewaltfreiheit bilden werden, die sich an der heutigen Realität orientiert, welche von uns verlangt das Thema zu vertiefen. Dieses Team wird im Einklang mit mehreren Observatorien der Gewaltfreiheit in verschiedenen Teilen unseres Planeten stehen. Und in der Bereitschaft, die Aktionen zu unterstützen, die Aktionen zu unterstützen, die an verschiedenen Fronten in Gang gesetzt werden.

Und zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass die Arbeit eigentlich nie beendet ist, der menschliche Schmerz und das Leiden heutzutage sind immens. Während wir hier sprechen, gibt es Millionen von Menschen, die Opfer der schlimmsten Plage der Menschheit sind: Krieg und Hunger. Ich bin dankbar für diesen Raum bei Pressenza, die sich unermüdlich für den Frieden einsetzt und ihr Handeln danach ausrichtet. Wir können nie genug tun, um Gewalt zu stoppen, und doch schafft jede humanisierende Aktion Hoffnung und ist daher unverzichtbar.

Vielen Dank, Paulina und herzlichen Glückwunsch zu dieser wohlverdienten Anerkennung! Wir wünschen Ihnen alles Gute.

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Lena Rixinger vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!