Ende Mai wurde das Bundeswehrpersonal, das Teil der EU-geführten Militärmission in Mali ist, von 350 auf 450 SoldatInnen aufgestockt. Ihr Einsatz soll auf ganz Mali und künftig auch auf Burkina Faso, Mauretanien, Niger und Tschad erweitert werden. Laut dem SPD-Abgeordneten Nils Schmidt gelte es nicht nur, diesen Staaten im Antiterrorkampf zu mehr Selbständigkeit zu verhelfen. Auch die wirtschaftlichen Konflikte müssten gelöst werden, denn „Entwicklung und Sicherheit sind untrennbar miteinander verbunden“.

An dieser Doppelaufgabe scheiterte die Mission bislang grandios. Besonders im Norden und im Zentrum nehmen islamistische Anschläge und Kämpfe zwischen Bevölkerungsgruppen zu. Und ob der Süden, der das Eingreifen französischer Truppen im Januar 2013 begrüßt hatte, als islamistische Milizen die Hauptstadt Bamako bedrohten, noch einmal um so eine Unterstützung bitten würde, ist fraglich. Die wirtschaftliche Lage ist desolater denn je und hat sich durch Covid-19-bedingtes Ausbleiben der Geldsendungen von in Europa arbeitenden Verwandten dramatisch verschlechtert. Man vertraut heute eher den Versprechungen des salafistischen Imams Mahmoud Dicko, der den Rückzug von Präsident Ibrahim Boubakar Keïta und seines Sohns Karim verlangt. Während der Präsident als amtsunfähig gilt, wird Karim als Drahtzieher von Korruption und Vetternwirtschaft angesehen und rief durch ein publik gemachtes Video als Teilnehmer an schlüpfrigen Partys in Europa Empörung hervor.

Sekundiert von einer ´Bewegung patriotischer Kräfte` führt Mahmoud Dicko die ´Bewegung des 5. Juni` an. Seit diesem Tag kommt es jeden Freitag in Bamako zu Demonstrationen Zehntausender gegen die Keïta-Regierung. Obwohl Dicko – der jetzt als einflussreichster Imam und Politiker gilt – stets zur Gewaltlosigkeit aufruft, kam es am 10.Juli in Zusammenstößen mit den Ordnungskräften zum Tod von 12 Demonstranten. Das bewog Karim Keïta zum Rücktritt als Präsident der Kommission für Verteidigung, Sicherheit und Zivilschutz bewog – was aber nur eines seiner Ämter war.

Ende Juli scheiterte eine gemeinsame Vermittlungsaktion der Präsidenten der Westafrikanischen Wirtschaftsunion. Da sie vor ähnlichen Problemen stehen, rangen sie sich nicht durch, Neuwahlen  zu empfehlen.

* Dieser Artikel erschien unter dem Titel Prediger versus Präsident In: Der Freitag no. 31 v. 30. 7. 2020, S. 2.

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