Auch ich bin voller Fragen, während wir uns alle auf eine ungewisse Zukunft zubewegen, deren Umrisse viele sich nicht vorzustellen wagen, so einzigartig ist die derzeitige Situation. Im Grunde werden zwei Szenarien heraufbeschworen. Zum einen die Rückkehr zur Normalität und zum anderen ein „Nie wieder wie vorher“, von dem aber keiner weiß, wie das aussehen könnte.

Neulich amüsierten mich folgende Worte eines Ökonomen: „Die „Welt danach “ ist oft die „Welt nach mir“. Er hat hat damit ein Thema benannt, das Aufmerksamkeit verdient. Kann die Welt von morgen sowohl unseren Wünschen entsprechen als auch nachhaltig sein?

Auf den ersten Blick könnte man sich über diesen scheinbaren Zwiespalt Sorgen machen, da dieser als potentielle Quelle einer neuen Konfrontation zwischen Idealisten und Pragmatikern sowie Hedonisten und Naturalisten angesehen werden könnte, eine Konfrontation, auf die wir gerne verzichten können. Jedoch wird bei genauerem Hinsehen klar, dass eine Zukunft, die nicht nachhaltig ist, nicht wünschenswert sein kann, es sei denn, wir wollen uns umbringen!

Viele von uns sind sich heute bewusst, dass im Ernstfall alles in Frage gestellt werden kann, um das Wesentliche zu bewahren. Was in normalen Zeiten unmöglich erscheint, wird ohne Zögern das Richtige, wenn eine unmittelbare Gefahr auftaucht. Ihr werdet mich nicht dazu bringen, voll bekleidet ins Wasser zu springen, um die Zuschauer zu amüsieren, aber wenn ich sehe, wie mein Kind ertrinkt, werde ich in dem Moment, in dem ich ins Wasser eintauche, keinen Gedanken daran verschwenden.

Wie kann es also sein, dass wir angesichts so bedeutender Ereignisse wie der globalen Erwärmung, der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und des massenhaften Aussterbens von Tier- und Pflanzenarten machtlos bleiben, wenn es doch darum geht, kollektiv zu handeln? Nun werden wir also mit der direkten Bedrohung durch eine ihrer indirekten Folgen konfrontiert und wir stoppen alles, wir stellen Armeen von Freiwilligen auf, werfen all unsere Kräfte und Mittel in die Waagschale, um gegen das fiese Virus zu kämpfen – könnt Ihr mir folgen? … Und ihr werdet sehen, wir werden nicht nachgeben, wir werden die Stärksten sein, wir werden gewinnen! Und wir werden in der Tat gemeinsam das Ende dieser Pandemie erreichen – und zwar mit Hilfe der Natur, lasst uns das nicht vergessen!

Dann werden wir Mausoleen zum Gedenken an die Opfer errichten, wir werden die Helden lobpreisen, die die Gefahr besiegt haben, wir werden ein Kapitel in unseren Geschichtsbüchern hinzufügen, damit wir ja nicht vergessen… Und wir werden das zu Recht tun. Es wird richtig sein, all dies und noch mehr zu tun. Es ist wichtig, unsere Toten zu ehren, Mut und Hingabe zu feiern, unsere Geschichten zu erzählen, um Angst und Traumata zu beseitigen.

Doch dann? Wie kann man das Übel an der Wurzel packen und verhindern, dass sich ein solcher Albtraum wiederholt? Ist eine andere Welt möglich? Zweifellos, aber ist es durch diese Sicht der Ereignisse, die Dinge zu betrachten?

Die „Welt“, die Gesellschaft der Menschen, ist sie nicht eine kollektive Schöpfung, von der jeder von uns eines der unzähligen Atome darstellt, unteilbar? Muss das Übel aus der Welt oder aus jeder Entität, die sie ausmacht, ausgetrieben werden?

„Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“ sagte Gandhi. Angesichts der fast acht Milliarden Menschen, die die Weltbevölkerung ausmachen, mag dies wie ein langer und komplexer Prozess erscheinen, voll von so vielen Unsicherheiten wie es Individuen gibt, multipliziert mit der Summe aller Widerstände, die jeder von uns kulturell gegen diesen Ansatz entwickelt hat. Pessimisten werden also „Niemals!“ sagen, und ich wäre fast geneigt, mich ihnen anzuschließen, es sei denn, ich mache mir noch einmal klar, dass dies nicht der richtige Weg ist, die Sache anzugehen.

Derjenige, der die Veränderung für sich selbst in seinem Prozess vorgenommen hat, ist bereits in der anderen Welt. Er ist sich ihrer Kraft bewusst, er ist der Träger ihrer Werte und nimmt dabei ihre Schönheit wahr, spürt ihre Vorzüge und kann sie nur teilen wollen.

Es ist nicht nötig, auf die anderen zu warten, denn der ultimative Aufbruch wird nicht kollektiv vollzogen, sondern bei jedem Neuanfang, der stattfindet – ebenso wie jede Abkehr von der bestehenden Welt, so wie das Ende eines Spiels abgepfiffen wird. In diesem letzten Moment wird jeder für sich selbst wissen, ob das, weswegen er hierher gekommen ist, erreicht worden ist oder nicht. Und es ist sicherlich nicht dafür, eine Welt zu verwandeln, deren Qualen er nicht hatte ahnen können, als er sie nackt, zerbrechlich und unwissend über alles betrat, denn mehr kann man nicht sein.

„Frieden beginnt nicht mit Ländern, Nationen oder Regierungen. Frieden beginnt mit dir, mit mir. „Prem Rawat, ein unermüdlicher Botschafter für den Frieden seit fast 50 Jahren, erinnert uns daran.

Es dauerte einige Zeit, bis ich begriff, dass die Veränderung der Welt zunächst eine Veränderung meiner selbst bedeuten musste, um später zu erkennen, dass diese Veränderung nicht in Richtung eines anderen Ichs ging, sondern vielmehr in der Entdeckung oder Wiederentdeckung des einzigen noch weitgehend unerforschten Gebietes bestand, dessen unermessliche Weiten gleichmäßig auf die Herzen aller meiner menschlichen Brüder und Schwestern, einschließlich meines eigenen, verteilt sind. Gute Nachrichten, nicht wahr?

Übersetzt aus dem Französischen von Roxane Steiger und überarbeitet von Silvia Sander beide vom ehrenamtlichen Pressenza-Team. Wir suchen Freiwillige!