Vor kurzem hat die Regierung ihr Konjunkturpaket verkündet. Doch kleine Selbstständige und Freiberufler gehen dabei erneut leer aus.

Seit Monaten warten sogenannte Solo-Selbständige auf Unterstützung von der Bundesregierung während der Corona-Krise, die zwar Mittel bereit gestellt hat, die aber nicht für Lebenshaltungskosten wie Miete, Medikamente, Krankenversicherung oder Nahrungsmittel verwendet werden dürfen. Nur Betriebskosten werden anerkannt.

Das lässt Millionen von Kleinunternehmern im Regen stehen, die – wie z. B. der Fremdenführer, die Babysitterin, der Hausmeister oder die Klavierlehrerin – gar keine oder bewusst nur sehr geringe Betriebskosten haben, indem sie vom eigenen Wohnzimmer oder einem anderen Ort aus arbeiten, aber keine eigenen Büroräume mieten, keine Firmenwagen besitzen und keine Angestellten haben.

Der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e.V. (kurz: VGSD) hat daher gemeinsam mit den 25 Berufsverbänden der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (kurz: BAGSV) eine e-Petition an den Bundestag gestartet, die noch bis zum 25. Juni mitgezeichnet werden kann. Im Folgenden publizieren wir den Text der Petition. Das unten stehende kurze Info-Video hat VGSD-Mitglied Sylvia Nitsche von der Firma Syndesign gestaltet.

Petition 111001Wirtschaftsförderung und Wirtschaftssicherung

Verlängerung und rechtssichere Ausgestaltung von Soforthilfen für Selbstständige vom 13.05.2020

Trotz guter Absichten kommen die Corona-Hilfen bei den Selbstständigen nicht an. Es braucht einen Neustart: Die Soforthilfen müssen verlängert, rechtssicher ausgestaltet und neben den laufenden Betriebskosten auch die Lebenshaltung, Miete und Krankenversicherung als notwendige Ausgaben berücksichtigt werden. Zudem müssen die Selbstständigen beim Wiederaufbau ihrer Unternehmen und ggf. ihrer Altersvorsorge durch bürokratie- und belastungsarme Jahre unterstützt werden.

Zum Schutz der Gesamtbevölkerung wurden weitreichende Betätigungsverbote verhängt. Die Bundesregierung hat richtig erkannt, dass Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmer hiervon besonders betroffen sind und einen 50-Milliarden-Euro-Schutzschirm zugesagt. Von diesen wurde bisher aber nur ein Bruchteil ausgezahlt.

Bitte nicht Berufstätigkeit verbieten und dann als Bittsteller behandeln

Grundsätzlich sieht der Gesetzgeber im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes bei Betätigungsverboten im Rahmen der Seuchenbekämpfung eine Entschädigung in Höhe des Einnahmeausfalls sowie die Übernahme weiterlaufender betrieblicher Kosten vor, der verursachte Schaden müsste also vollständig übernommen werden. Das ist nicht der Fall.

Ziel muss es mindestens sein, dass Selbstständige durch die Corona-Krise nicht unverschuldet in Insolvenz gehen oder ihre Altersvorsorge aufbrauchen müssen. Und sie dürfen nicht durch die Form der Hilfen zu Bittstellern degradiert werden.

Bestehende Hilfen sind so ausgestaltet, dass sie nicht ankommen

Die Bedingungen der aktuellen „Soforthilfen“ unterscheiden sich je nach Bundesland und Zeitpunkt der Antragstellung erheblich. Die Rechtsunsicherheit ist so groß, dass viele Selbstständige bis heute keinen Antrag gestellt haben. Bei vielen wirken sich die Folgen der Corona-Krise zeitversetzt aus, aufgrund der zu kurzen Antragsfrist drohen sie leer auszugehen.

Zudem deckt die Soforthilfe nur die bei Solo-Selbstständigen typischerweise niedrigen laufenden Betriebskosten. Für ihre eigentlichen „Kosten“, nämlich für Lebenshaltung, Miete und Krankenversicherung, werden sie auf die Grundsicherung („Hartz IV“) verwiesen. Die Zusage, hier auf eine Vermögensprüfung zu verzichten, wurde nicht eingehalten. Von den Selbstständigen, deren Einkommen zurzeit nicht ausreicht, um ihren Lebensunterhalt zu decken, hat deshalb nur jeder sechste Grundsicherung beantragt oder plant dies.

Vor diesem Hintergrund fordern wir einen Neustart in Form einer „Soforthilfe Plus“:

  • Die Hilfen müssen verlängert werden und
  • neben den Betriebskosten rückwirkend auch einen Unternehmerlohn berücksichtigen, der Lebenshaltung, Miete und Krankenversicherung mit abdeckt.
  • Die Antragsbedingungen müssen eine Gleichbehandlung unabhängig von Bundesland und Antragszeitpunkt sicherstellen,
  • es darf keinen Flickenteppich an branchenspezifischen Fördermaßnahmen geben. Die tatsächlichen betriebswirtschaftlichen Auswirkungen des Lockdowns müssen Höhe und Dauer der Hilfen bestimmen.
  • Die Auszahlung sollte einheitlich durch die Finanzämter erfolgen. Sie sind am besten in der Lage, Überzahlungen zu erkennen, zurückzufordern sowie Betrug zu verhindern.

Zudem braucht es ein langfristiges Konzept:

  • Den Selbstständigen muss der Wiederaufbau ihrer Unternehmen und Altersvorsorge durch bürokratie- und belastungsarme Jahre ermöglicht werden.
  • Unbedingt nötig ist angesichts der aktuellen hohen Verluste eine einkommensabhängige Bemessung der GKV-Beiträge für Selbstständige (wie bei Angestellten bei 450 Euro beginnend).
  • Die geplante Altersvorsorgepflicht für Selbstständige soll auf neu gegründete Unternehmen beschränkt werden und erst nach drei Jahren greifen.
  • Zugleich muss der Staat von ihm beauftragten Selbstständigen endlich angemessene Honorare zahlen.

 

 

Weitere Infos: https://www.vgsd.de

VGSD-Pressemitteilung vom 04.06.2020: Solo-Selbstständige beim Konjunkturpaket übergangen