Ein neuer Bericht der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (ECLAC – Economic Commission for Latin America and the Caribbean), der am 12. Mai vorgestellt wurde, schlägt vor, dass die Regierung sofortige vorübergehende Geldtransfers veranlasst, um Millionen Menschen, die Probleme haben ihre Grundbedürfnisse sicherzustellen, zu helfen, da die massiven Auswirkungen von COVID-19 über die regionale Wirtschaft schwappt.

Die Geschäftsführerin Alecia Bárcena – die den Bericht: „Die soziale Herausforderung in Zeiten von COVID-19“ bei einer virtuellen Konferenz in Santiago, Chile vorstellte – sagte, die Überweisungen sollten dauerhaft eingerichtet und auf diejenigen ausgeweitet werden, die Gefahr laufen, in die Armutsfalle zu geraten. So ein Schritt würde den Weg für ein universelles Grundeinkommen ebnen und das Grundrecht des Überlebens garantieren.

„Wir müssen auf die Schaffung eines Sozialstaates hinarbeiten, basierend auf einem neuen sozialen Pakt, welcher steuerliche, soziale und produktionsbezogene Fragen berücksichtigt“ erklärte sie weiter und betonte, dass die Pandemie die strukturellen Probleme im Wirtschaftsmodell und die Mängel der teuren Sozialversicherungs- und Wohlfahrtsystemen deutlich gemacht hat.

Sofortige Geldtransfers

Der Vorschlag der ECLAC für ein Notfall-Grundeinkommen sollte sofort implementiert werden, meinte Alecia Bárcena, mit der Aussicht es über längere Zeit beizubehalten, abhängig von der Situation der Länder. „Dies ist besonders wichtig, weil es Zeit braucht, die Pandemie zu überwinden“, fügte sie hinzu. Die Gesellschaften werden mit dem Coronavirus koexistieren müssen, was die Reaktivierung der Wirtschaft erschwert.

Die ECLAC schlägt vor, dass das Notfall-Grundeinkommen der gesamten Bevölkerung, die in Armut lebt, zur Verfügung gestellt wird und der Höhe der Pro-Kopf-Kosten im Jahr 2020 für den Erwerb eines Grundnahrungsmittelkorbs und anderer Grundbedürfnisse über einen Zeitraum von sechs Monaten entsprechen sollte.

Das bedeutet 215 Millionen Menschen, bzw. 34,7 Prozent von der lateinamerikanischen und karibischen Bevölkerung zu erreichen. Dies würde zusätzliche Ausgaben von 2,1 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) zur Folge haben.

Der Bericht zieht eine Bilanz der erwarteten sozialen Auswirkungen von COVID-19 und sieht kurzfristig eine Zunahme von Armut, extremer Armut und Ungleichheit vor dem Hintergrund eines geringen Wirtschaftswachstums voraus.

Es ist notwendig Einkommen, Ernährungssicherheit und grundlegende Dienstleistungen für eine breite Gruppe von Menschen zu garantieren – so die Vorsitzende der ECLAC

Nachgerechnet

Mit einem zu erwartenden Rückgang von 5,3 Prozenten des Bruttoinlandproduktes (BIP) und einem Anstieg der Arbeitslosigkeit um 3,4 Prozent, wird die Armut in Lateinamerika im Jahr 2020 mindestens um 4,4 Prozent steigen – oder weitere 28,7 Millionen Menschen gegenüber dem Vorjahr mit 215 Millionen werden durch das Netz fallen.

In diesem Szenario ist aus dem Bericht zu entnehmen, dass eine breite Schicht der lateinamerikanischen und karibischen Bevölkerung unter dauerhaften und unsicheren wirtschaftlichen Bedingungen leben wird. Schätzungsweise 10 Prozent der Menschen, die 2019 in nicht-extremer Armut leben – 11,8 Millionen Menschen – werden wahrscheinlich in extreme Armut fallen. Eine starke Verschlechterung der Bedingungen für die Mittelschicht wird auch erwartet.

Der Bericht stellt fest, dass Frauen, Gelegenheitsarbeiter*innen, bezahlte Hausangestellte, indigene und afrostämmige Menschen und Migrant*innen besonders in der sozioökomischen Krise gefährdet sind. Bisher wurden 126 Sozialschutzmaßnahmen in 29 Ländern veranlasst, mit deren Hilfe 90,5 Millionen Haushalte Geld und Nahrung erhalten – oder anders ausgedrückt, 58 Prozent der regionalen Bevölkerung.

In Mitten dieser Krise “ist es notwendig Einkommen, Nahrungsmittelsicherheit und Grundversorgung für eine breite Gruppe von Menschen zu garantieren, deren Situation extrem verwundbar geworden ist und nicht unbedingt Teil der bereits vor der Pandemie existierenden sozialen Programme waren“, äußerte die Geschäftsführerin.

Ein weiteres „verlorenes Jahrzehnt“ abwenden

Zusätzlich müssen verwaltungstechnische Herausforderungen überwunden werden, wenn es um die Nutzung der Banken durch die Menschen geht, durch Vervollständigung, Aktualisierung und Verbindung von Sozialunterlagen. Die ECLAC betont, mittel- und langfristig, sollte das Ausüben der Rechte durch die Stärkung des Sozialstaates, Einführung eines Pflegesystems und stufenweise Einbindung innovativer Finanzmechanismen garantiert sein.

“Angesichts der beträchtlichen historischen Kluft, die die Pandemie vergrößert hat… ist jetzt die Zeit, universelle, redistributive und solidaritätsbasierende Politik mit einem auf Rechte basierenden Ansatz umzusetzen“, beteuert Alecia Bárcena . „Den Aufbau eines Sozialstaats und eines universellen Sozialversicherungsystems, ist der Schlüssel, ein weiteres verlorenes Jahrzehnt abzuwenden.“

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Ronny Heidel vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!