Die Nichtregierungsorganisation LobbyControl hat den Bundestag aufgefordert, die Empfehlungen der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) unverzüglich umzusetzen. Das Antikorruptionsgremium des Europarats fordert umfassendere Regeln für Interessenkonflikte im Bundestag und eine verbesserte Kontrolle und Durchsetzung der Offenlegungspflichten.

Dies sei auch als Antwort auf die Affäre um verdeckte Lobbyarbeit für die Regierung Aserbaidschans notwendig, so LobbyControl. Die Organisation kritisiert die mangelnde Aufarbeitung des Skandals und fehlende politische Konsequenzen. Am kommenden Mittwoch soll die Rechtstellungskommission des Bundestags die GRECO-Empfehlungn erneut beraten. Am 30. September läuft die Frist für einen Bericht an GRECO über die Umsetzung der Empfehlungen ab. Ohne Verbesserungen der Regeln für Interessenkonflikte und Transparenz droht Deutschland erneut ein Blauer Brief aus Straßburg.

Die Staatengruppe gegen Korruption des Europarats fordert bereits seit 2015 von Deutschland, den Umgang mit Lobbyisten besser zu regeln sowie Offenlegungspflichten und den Umgang mit Interessenkonflikten zu verbessern.

„Die Umsetzung der GRECO-Forderungen wäre eine wichtige Reaktion auf die Aserbaidschan-Affäre“, so Timo Lange von LobbyControl. Konkret empfahl GRECO unter anderem eine Ad-hoc-Offenlegung für Interessenkonflikte einzuführen sowie eine eigens hierfür vorgesehene Stelle zur vertraulichen Beratung. Darüber hinaus spricht sich GRECO für erweiterte Offenlegungspflichten aus, um etwa auch signifikante Vermögenswerte wie Unternehmensbeteiligungen zu erfassen, sowie für eine verbesserte Kontrolle und Durchsetzung der derzeitigen Anzeigepflichten.

Unzureichende Transparenzregeln begünstigen “Kaviar-Diplomatie”

„Genau das wäre sinnvoll, um Fälle wie denen der Abgeordneten Strenz künftig zu verhindern. Wir appellieren an die Mitglieder der Rechtsstellungskommission hier endlich tätig zu werden“, so Lange. „Es kann nicht sein, dass Deutschland wichtige Empfehlungen zur Korruptionsprävention einfach ignoriert.“

Die CDU-Abgeordnete Karin Strenz hatte Geld aus Aserbaidschan über den CSU-Politiker und Aserbaidschan-Lobbyisten Eduard Lintner erhalten. An der Aufklärung der Vorwürfe wirkte Strenz nur unzureichend mit. Bereits im April hatte eine Untersuchungskommission des Europarats einen Verstoß gegen die Verhaltensregeln festgestellt, da Strenz ihren „andauernden Interessenkonflikt“ als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung nicht offenlegte. In der Folge wurde gegen Strenz und Linter sowie ein rund ein Dutzend weitere Politiker aus ganz Europa Hausverbote ausgesprochen.

Mangelnde Aufarbeitung in Deutschland

„Es ist beschämend für ein Parlament wie den Bundestag, eine solche Affäre einfach aussitzen zu wollen“, sagt Timo Lange von LobbyControl. „Während der Europarat Hausverbote erteilt hat und sich um die Aufarbeitung bemüht, ist aus dem Bundestag nur Schweigen zu vernehmen.“ Dies beträfe vor allem die Unionsfraktion. Dort sei bisher jede öffentliche Aufarbeitung und auch eine Verschärfung der Regeln für Interessenkonflikte von Abgeordneten abgelehnt bzw. verhindert worden.

„Mit dieser Scheuklappentaktik beschädigen CDU und CSU das Ansehen des Bundestags. Es kann nicht sein, dass ein Parlament in einer parlamentarischen Demokratie sich einfach wegduckt, wenn es um verdeckte Einflussnahme aus dem Ausland geht und auch deutsche Politiker betroffen sind“, kritisiert Lange. „Wir fordern, sich der Affäre nach nun über einem Jahr endlich konsequent anzunehmen, die offenen Fragen aufzuklären und Anstrengungen zu unternehmen, um solche Skandale künftig zu verhindern. Die GRECO-Empfehlungen bieten dafür einen guten Startpunkt.“


Hintergrund

Weitere Informationen finden Sie in Blog von LobbyControl.

Zum Fall Karin Strenz:
Im Fall Strenz sind nach wie vor noch viele Fragen offen. Eine Übersicht zu dem Fall haben wir hier zusammengestellt. Weitere Details finden sich hier.

Zum GRECO-Bericht:
Die Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) formulierte im Anfang 2015 erschienenen Evaluierungsbericht zu Deutschland vier Empfehlungen mit Bezug auf den Bundestag und seine Abgeordneten. Mitte vergangenen Jahres folgte ein erster Umsetzungsbericht. Von den vier Empfehlungen hatte Deutschland zwei gar nicht und zwei „teilweise“ umgesetzt. Deutschland hat nun bis zum 30. September Zeit, Bericht über die weiteren Fortschritte bei der Umsetzung zu erstatten.

Der Evaluierungsbericht (4. Runde) sowie der erste Umsetzungsbericht finden sich hier.

Der Originalartikel kann hier besucht werden