Bei der Erklärung des italienischen Premierministers Conte zur Option, die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland nicht wieder zu erneuern, handelt es sich um eine äußerst wichtige Aussage. Die Wiederaufnahme der ökonomischen und kulturellen Beziehungen mit diesem Land könnten große Vorteile in vielerlei Hinsicht bringen.

Über den ökonomischen Aspekt wird viel gesprochen, doch ebenso bedeutend wäre die daraus folgende Entspannung der Beziehungen und der Austritt aus einer dunklen Zeit, die einige sogar mit der des kalten Krieges verglichen haben. Für Italien und für Europa würde dies zudem eine größere Autonomie von der Politik der Vereinigten Staaten bedeuten, die sich immer weiter in Richtung Eigeninteressen bewegt, zu Lasten ihrer sogenannten Alliierten. Zu Bedenken ist auch, dass es sich bei dem Vorschlag der Regierung Conte mitnichten um ein bloßes taktischen Manöver in der italienischen Politik handelt. Schon Renzi forderte 2015 die Abschaffung der Sanktionen gegen Russland, allerdings ohne Erfolg. Andere Politiker sprachen sich ebenso in diese Richtung aus, wie Prodi in 2017, als er bekräftigte, die Sanktionen seien unverzüglich aufzuheben.

Die offizielle Motivation, mit der bis jetzt die Sanktionen gegen Russland gerechtfertigt wurden, ist die, dass Russland die Krim annektiert und dadurch internationale Vereinbarungen verletzt habe, was einer aggressiven Politik gleichkäme. Tatsächlich ist dies ein großes und vieldiskutiertes Thema im Bereich des internationalen Rechts. Es ist in der Tat vielen nicht klar, warum die Unabhängigkeit des Kosovo in Europa als legal angesehen wird, während der Wille des Volkes auf der Krim entgegen des Prinzips der Selbstbestimmung der Völker nicht anerkannt wird. Am 16. März 2014 gab es dort ein Referendum, an dem 84% der Bevölkerung teilnahmen, von denen wiederum 97% für die Eingliederung der Krim als föderales Mitglied von Russland stimmten. Die Annektion der Krim muss zudem im Kontext dessen gesehen werden, was zuvor in der Ukraine geschah. Im Gegensatz zur Narrative unserer Medien lieferten viele Beobachter eine andere Interpretation der Fakten. So auch Ceca Vaclav Klaus, ehemaliger Präsident der tschechischen Republik und Kenner dieser Region, der von einem wahrhaftigen Staatsstreich sprach, und zwar unter Beteiligung des Westens. Sollte dies stimmen, so hätte die ukrainische Regierung kein Recht dazu, von nationaler Integrität zu sprechen.

Wie auch immer die Sicht der Dinge sei, wir müssen erkennen, dass wir uns hier einer sehr schwierigen und komplexen Situation gegenüber sehen, die nicht durch kurze Slogans oder griffige Schlagzeilen erklärt werden kann, noch durch Sanktionen oder Grenzzäune gelöst wird, sondern einzig und allein durch den Weg des Dialogs.

Aus meiner Sicht ist die Annektion der Krim lediglich eine Ausrede, die hauptsächlich von Washington dazu benutzt wird, um ein Russland zu isolieren, das sich im wirtschaftlichen Aufschwung befindet, unabhängig und nicht mehr durch amerikanische Märkte kontrollierbar. Und so wurde eine mediale Kampagne gegen Putin initialisiert, mit der man eine nie zuvor dagewesene Erhöhung der Militärausgaben rechtfertigt. Die NATO, deren Militärausgaben sich schon jetzt auf das elffache der von Russland belaufen, übt auch weiterhin Druck auf ihre Mitglieder aus, mindestens 2% des Bruttoinlandproduktes für Aufrüstung auszugeben. Für die europäischen Länder würde das bedeuten, dass um die 80 Milliarden Euro wegfallen, die sonst in Bereiche wie Gesundheitswesen, Bildung, Kultur und echte wirtschaftliche Entwicklung investiert werden könnten.

Die Sanktionen gegen Russland abzuschaffen bedeutet die Politik der Mauern, der Teilung und der Manipulation zu beenden. Im Gegensatz dazu eine Politik des Dialogs zu verfolgen, brächte wirtschaftliches Wachstum, größere politische Autonomie und Entscheidungsfreiheit für Europa, eine Entspannung der Beziehungen in der gesamten eurasischen Region sowie die Öffnung zur Reduzierung von Militärausgaben. Mit anderen Worten ein Weg zum Dialog, zum Frieden und zur Zusammenarbeit.

Es bleibt abzuwarten, ob die amerikanischen Märkte, ihre Kriegsindustrie und die NATO es Italien erlauben werden, diesen Weg zu gehen.

Übersetzung aus dem Italienischen von Evelyn Rottengatter