Das sowjetische Atombombenprojekt und der Kampf für eine atomwaffenfreie Welt

Das sowjetische Atombombenprojekt war die Reaktion der Sowjetunion auf das deutsche Uranprojekt und das US-amerikanische Manhattan-Projekt der 1930er und 1940er Jahre.

In der Sowjetunion war es Abraham Joffe, der sich mir der Kernspaltung befasste. Der Geheimdienstchef Beria, ein enger Vertrauter Stalins, leitete auch das Atombombenprojekt. Berias Position machte ihn zu einer Schlüsselperson des Terrors der so genannten Stalinschen Säuberungen. Neben zahlreichen weiteren Verbrechen und Massenmorden wie dem Massaker von Katyn, war er maßgeblich für die Deportationen mehrerer sowjetischer Volksgruppen in den 1940er Jahren verantwortlich, in deren Folge mindestens eine halbe Million Menschen starben. Bald nach Stalins Tod wurde Beria auf Betreiben einiger sowjetischer Führungspersonen verhaftet und erschossen. Es wurde versucht sogar seinen Namen aus der sowjetischen Geschichte zu streichen, um eine „reine“ Weste zu tragen.

Wenn Sie möchten, können Sie sich dazu den Whistleblower Julian Assange von WikiLeaks anhören. Video-Link: Julian Assange sprach anlässlich der Verleihung des Osloer Freiheitsforums 2010 als Whistleblower; auch über das Manipulieren und Löschen der Geschichte in Lexika, Geschichtsbüchern und dem digitalen Netz u.a. auch am Beispiel des sowjetischen Geheimdienstchefs Beria erläuterte.

Zurück zu den raschen Fortschritten der Kernphysik in den 1930er und 1940er Jahren in der Sowjetunion. Joffe lud mehr als 30 Forscher ins Ausland schickte und zahlreiche Gastwissenschaftler ein. Kurz nach den revolutionären Entdeckungen in Westeuropa 1932 lud Joffe 1933 zur ersten All-Unionskonferenz über den Atomkern, bei der sich viele Wissenschaftler aus dem In- und Ausland trafen. Schon 1932 war Kurtschatow zu den Kernphysikern gewechselt.

Mitte der 1930er Jahre zählte man die Gruppe um Kurtschatow international bereits zu den führenden Schulen der Kernphysik. Als 1938 die Aufsätze über die gelungene Kernspaltung eintrafen, begann man sofort mit der Wiederholung der Experimente.

1941 wurde als wissenschaftlicher Leiter Igor Kurtschatow für das Projekt gewählt. Nach den Vorarbeiten wurde das Projekt konkret, als Igor Kurtschatow die Leitung übernahm, da Joffe zu alt war.

Das Projekt wurde wesentlich durch Informationen, die der deutsche Wissenschaftler Klaus Fuchs zur Erhaltung des Rüstungsgleichgewichts an die Sowjetunion weiter gab. Bis 1945 war er an der Konstruktion der US-amerikanischen Atombombe beteiligt gewesen. Erst 1949 erzählte Fuchs seinem Freund, dass er Informationen an die Sowjetunion weiter gegeben hat. Der Freund verriet ihn. Fuchs war der Meinung, Moskau habe ein Recht zu erfahren, an welcher Waffe die Britten und die US-Amerikaner arbeiten.

Am 29. August 1949 wurde die erste sowjetische Atombombe in Semipalatinsk in Kasachstan gezündet.

Im Frühjahr 1954 entwickelte Sacharow zusammen mit seinen Kollegen eine „dritte Idee“ einer Atombombe, die Wasserstoffbombe. Sie entsprach dem amerikanischen Teller-Ulam-Entwurf. Am 22. November 1955 testete man diesen Entwurf zum ersten Mal. Die RMS-37 genannte Waffe wurde von einer Tu-16 um 9:47 Uhr über dem Semipalatinsker Testgelände abgeworfen und detonierte in 1550 Metern Höhe mit 1,6 MT Sprengkraft. Testdirektor war Kurtschatow persönlich. Kurtschatow, der in Folge dessen, für eine ausschließlich friedliche Nutzung der Atomkraft eintrat, wird mit den Worten zitiert, er würde von seinen Posten zurücktreten, sollte es einen weiteren Test wie mit dieser Atombombe in der Zeit 1953 und 1955 geben.

Von 1949 bis 1989 war die Stadt Semipalatinsk neben dem amerikanischen Testgelände Nevada National Security Site in Nevada das größte Atomwaffen- Testgelände der Welt. Am 29. August 1991 erfolgte die Stilllegung.

Das ehemalige Atomwaffentestgelände ist heute noch Sperrgebiet, jedoch ist es praktisch für jedermann zugänglich. Die für die Tests von Atombomben angelegten und größtenteils auch genutzten Stollen und Tunnel sind heute verfüllt und verschlossen. 496 Atomwaffen wurden gezündet, 113 über- und 383 unterirdisch. Dies entspricht etwa der Sprengkraft von 2500 Hiroshima-Bomben. Die Strahlung misst heute, 20 Jahre nach der letzten Sprengung, einen Wert, der ungefähr 400 mal höher als der empfohlene Maximalwert ist.

In den anliegenden Wohnorten leiden die meisten Bewohner an diversen Krankheiten, hauptsächlich Krebs. Da es aufwändig und teuer ist, den von den Behörden für jeden Einzelfall geforderten Nachweis zu erbringen, dass die Atomtests in ursächlichem Zusammenhang mit den Krankheiten stehen, werden die meisten Betroffenen nicht als Opfer anerkannt und leben unter ärmsten Bedingungen.

Infolge der Atomwaffentests kommt es, ähnlich wie in Nevada, noch heute zu unzähligen Fehlgeburten, Geburten mit körperlichen und geistigen Behinderungen und infolgedessen zu einer extrem hohen Selbstmordrate. 1997 wies die Hälfte aller in der Region geborenen Kinder Gesundheitsschäden auf, etliche davon sind körperlich, geistig oder mehrfach behindert. Aufgrund dieser historischen Begebenheit wurde am 8. September 2006 in dieser Stadt der Vertrag von Semei geschlossen, der Zentralasien zur atomwaffenfreien Zone erklärt.

Der Kampf bis heute für eine atomwaffenfreie Welt

Der Begriff der atomwaffenfreien Zone lebte in Deutschland mit der Friedensbewegung Anfang der 1980er Jahre, die sich gegen die sogenannte Nachrüstung im Rahmen des NATO-Doppelbeschlusses wandte, wieder auf. Schulen und Kommunen erklärten sich zur atomwaffenfreien Zone, um ihre Ablehnung gegen Atomwaffen kundzutun. Da jedoch diese Institutionen, selbst wenn sie Träger hoheitlicher Gewalt waren, juristisch keine Kompetenz der Verteidigung haben, galten diese rein deklaratorischen Stellungnahmen als rechtlich irrelevant.

Schwerter zu Pflugscharen ist ein zur Redewendung gewordenes Teilzitat aus der Bibel, das das Ziel des Völkerfriedens durch weltweite Abrüstung der Atomwaffen ausdrückt. Ab 1980 wurde das Zitat zum Symbol staatsunabhängiger Abrüstungsinitiativen in der DDR, das auch Teile der westdeutschen Friedensbewegung übernahmen.

Heute haben mehrere Staaten in der Welt, trotz unterschiedlicher politischer Ausrichtungen, die Atombombe. Heute taucht der Begriff atomwaffenfreie Zone immer wieder im Zusammenhang mit der atomaren Rüstung im Nahen Osten und Asien auf. Länder wie Israel, Pakistan, Indien und Nordkorea widersetzen sich mit ihren Atomprogrammen dem Ziel der fünf offiziellen Atommächte (USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und die Volksrepublik China), atomwaffenfreie Zonen aus sicherheitspolitischen Gründen zu erhalten.

Damit ist die Gefahr eines Atomkrieges die gegenwärtig größte Bedrohung der Existenz der Menschheit, deswegen darf der Kampf für eine atomwaffenfreie Welt nicht aufgegeben werden.

Wissenschaftliche Beratung: Rudolf Herrmann